IT im Umbruch. Über die IT-Trends und die Herausforderungen von IT-Leitern in Kliniken spricht InformationWeek Redakteurin Henriette Struss mit Thomas Singer, EDV-Leiter beim Krankenhaus Barmherzige Brüder in München.
Wie hat sich aus Ihrer Sicht die Informationstechnologie im Krankenhaus über die letzten zehn Jahre verändert?
Krankenhäuser sind heutzutage viel stärker von der IT abhängig als noch vor zehn Jahren. Heute ist die IT in den gesamten medizinischen Behandlungsprozess integriert. Die abrechnungsrelevanten Informationen sind quasi Abfallprodukte, die sich aus einer umfassenden klinischen Dokumentation ergeben. Konnten damals beim Ausfall der IT die Daten noch relativ einfach im Nachhinein erfasst werden, werden heutzutage die komplexen Abläufe empfindlich beeinträchtigt. Da auch die Abrechnung mit den Krankenkassen mittlerweile auf elektronischem Weg funktioniert, kommt ein längerer Systemstillstand einer existenziellen Bedrohung gleich.
Hat neben dem technischen Fortschritt auch die Gesundheitsreform Auswirkungen auf die Informationstechnologie im Gesundheitswesen?
Ja, insgesamt ist der Kostendruck gestiegen, doch wird gleichzeitig auch mehr in die IT investiert. Die Reformen sind durchaus ein wichtiger Motor für den massiven Ausbau der IT im medizinischen Bereich. Durch die Einführung einer neuen pauschalierten Entgeltsystematik, der DRG (Diagnosis Related Groups), wurde die korrekte und vollständige Dokumentation im klinischen Bereich zum Schlüsselfaktor für die Liquidität eines Krankenhauses.
Wer ist dabei für die Abrechnung verantwortlich?
Letztlich die Mediziner, denn die richtige Dokumentation der unterschiedlichen Diagnosen und Maßnahmen kann keine Verwaltungskraft mehr leisten. Das heißt, die Ärzte verbringen einen nicht unerheblichen Teil ihrer Arbeitszeit damit, die Patienten in die jeweilige Abrechnungspauschale einzugruppieren. Fehler wirken sich dabei unmittelbar auf die Höhe des erzielten Erlöses aus. Gibt es trotz sorgfältiger Dokumentation einmal Rückfragen durch die Krankenkassen, unterstützt der elektronische Arztbrief ihre Beantwortung. Das zeitaufwendige Recherchieren in der Patientenakte entfällt. Insofern forcieren die Reformen sogar den Aufbau der elektronischen Patientenakte.