Jahresrückblick April bis Mai: Trennung, Diebstahl und enttäuschte Hoffnungen. Trennung, Diebstahl und enttäuschte Hoffnungen Wer ist die Frau mit dem größten Sexappeal? Es ist ? mal wieder Jennifer Lopez, zumindest finden das die Leser eines US-Männermagazins. Für die IT-Branche lässt sich die Frage nicht so einfach beantworten, beziehungsweise müsste sie eher lauten: Welcher Manager hält es am längsten bei einem Unternehmen aus?
Im April 2004 war es kaum einer. Es hagelte nur so Kündigungen. Angefangen mit Roland Apelt, CEO von COS. Er hatte sich mit Kurth Früh, Aufsichtsratsvorsitzender von COS, überworfen und schließlich das Weite gesucht. Weiter ging es mit Bechtle. Dort löste Ralf Klenk Karl-Heinz Gosmann ab, der sich lediglich drei Wochen im Amt hielt. Dann warfen auch noch einige Actebis-Manager im Zuge der Restrukturierung von Actebis und Peacock das Handtuch. Während Fußballstar David Beckham über eine Ehekrise stolperte und sich gleich mehrere Geliebte neben seiner Frau Victoria hielt, entwickelte sich auch im Channel ein handfestes Drama. Fachhändler beschwerten sich massiv über die mangelnde RMA-Unterstützung der Distributoren. Im Visier war vor allem Astra ? doch der Großhändler schwieg beharrlich zu den Vorwürfen. Ähnlich schweigsam verhielt sich auch Victoria Beckham, die die Vergnügungssucht ihres Mannes nicht kommentierte. Es wurde nur so viel bekannt, dass sie ihren 30. Geburtstag ohne Mann verbrachte. Ebenso einsam wie die betrogene Ehefrau des Fußballstars steuerte Astra zielsicher dem Abgrund entgegen. Zu diesem Zeitpunkt wusste das außer Astra selbst aber noch niemand. Das Aus für den Distributor kam erst mit dem Insolvenzantrag Ende Juni.
Vorbei mit der Wonne war es auch schon bevor der Wonnemonat Mai erst anfing. Den Bayern wurde auf der Zugspitze ein Maibaum geklaut. Nach alter Sitte sollten dort Mädchen um den mit Bändern geschmückten Baum tanzen. In einem Bekennerschreiben erklärten sich die Ganoven bereit, gegen eine zünftige Brotzeit den Baum rauszurücken. Bei Siemens und Terratec hätte weder eine Brotzeit noch ein Festmahl ausgereicht, um die Entscheidung der Manager zu revidieren. Sie stellten das Geschäft mit Xelibri-Handys und Grafikkarten ohne weitere Diskussion ein. Kurzen Prozess machte auch Ingram Micro mit dem Tochterunternehmen Compu-Shack. Aus, vorbei, dem Netzwerk-High-End-Geschäft des Distributors wurde die Selbständigkeit genommen, der Name aus dem Verkehr gezogen.
Insolvenz statt Selbständigkeit hätten 13.000 deutsche Fachhändler ebenfalls zu befürchten, behauptete Frank Röbers, PC-Spezialist-Vorstand, im Gespräch mit CRN. Die Gründe dafür klangen durchaus plausibel, denn das Geschäft mit IT lief noch immer schlecht, die Nachfrage war zu gering. Hinzu kamen Margendruck und die miese Zahlungsmoral der Kunden. Was also tun?
Wenn Fachhändler schon nicht als Fachhändler im Markt bestehen können, dann vielleicht als Doktor, Baron oder Kardinal. Im Internet verkauften dubiose Händler für Zigtausend Euro jeden gewünschten Titel. Zu Grunde gehen mit Stil, Würde und angemessenem Titel. Es klingt auf jeden Fall besser, wenn Baron Händler Insolvenz anmeldet als Herr Händler. Zum Glück sollte der PC-Spezialist-Vorstand nicht Recht behalten, denn bis jetzt mussten zwar zahlreiche IT-Händler ihre Geschäfte aufgeben, aber 13.000 waren es bei weitem nicht. Viele von ihnen konnten das Ruder drehen und haben es statt dem niedrigmargigen IT-Geschäft mit der UE-Sparte probiert. Die CRN-Channeltracks belegen, dass im Mai fast 40 Prozent der Fachhändler bereits MP3-Player und Flat-TVs verkaufen. Diese Entwicklung ging natürlich nicht an den IT-Distributoren vorbei, die einmal mehr eine neue Chance witterten, Geschäfte zu machen. Frei nach dem Motto: Egal, ob wir statt IT UE verkaufen ? Hauptsache die Kasse stimmt. Da war es ihnen auch gleichgültig, im Terrain der UE-Distributoren zu wildern.
Angesichts dem Gezerre um Marktanteile, der schlechten Nachfrage und der sich schleppend entwickelnden deutschen Wirtschaft, hofften wir Deutsche im Juni auf eine andere Art des Aufschwungs. Wir wären ja schon zufrieden gewesen, hätte Max Mutzke den Songcontest Grand Prix d?Eurovision de la Chanson gewonnen. Aber auch hier hat es nur für einen achten Platz gereicht. Enttäuscht haben wir nach den Gründen für die Pleite gesucht und kamen zu dem Schluss: Die Jury hatte kein Verständnis für Musik. Max war trotzdem unser Held, wenn auch mit einem weinenden Auge. Aber da war ja noch die Fußball-Europameisterschaft. Unser komplettes Augenmerk und vor allem alle unsere Hoffnung, doch noch etwas Positives in Deutschland melden zu können, lagen nun auf 22 Fußballerbeinen. Für Sony und das Systemhaus Ibex hatte sich die Hoffnung auf bessere Geschäfte schon zerschlagen. Sony gab das PDA-Business auf, Ibex meldete Insolvenz an. Dann kam Microsoft und tönte, SAP zu übernehmen. Eine Hoffnung für den Markt? Mitnichten, denn das wahnwitzige Unterfangen klang eher nach einem verspäteten Aprilscherz, und scheiterte.
Hersteller von Grafikkarten und Mainboards waren freilich nicht zu Scherzen aufgelegt, denn die Flaute bei Absatzzahlen hielt weiter an. Zu allem Übel gesellte sich auch noch ein sportliches Drama hinzu. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft flog schon nach den Gruppenspielen raus. Und unser toller Rudi, der einstige Retter aller Fußballseelen, warf das Handtuch. Die Hoffnungen auf sportliche Erfolge wurden ebenso enttäuscht wie die Träume von einem starken Wirtschaftsstandort Deutschland.