Jürgen Baier tritt als Direktor MBS zurück: MBS kopflos und ohne Orientierung

26. August 2004, 0:00 Uhr |

Jürgen Baier tritt als Direktor MBS zurück: MBS kopflos und ohne Orientierung. MBS-Direktor Jürgen Baier verlässt als letztes Mitglied der ehemaligen Navision-Geschäftsleitung Microsoft. Reibungslos läuft das Geschäft mit Unternehmenssoftware für die Partner noch nicht: Seit Juli werden die Lizenzen in Irland bestellt, was nicht ohne ? teils Comedy-reife ? Irrungen vonstatten geht.

Jürgen Baier tritt als Direktor MBS zurück: MBS kopflos und ohne Orientierung

Die Umsatzplanung für Microsofts aktuelles Geschäftsjahr hat Jürgen Baier nach eigenen Aussagen noch maßgeblich mitbestimmt. Innerhalb der nächsten drei Jahre will der Hersteller den Umsatz mit ERP-Produkten vervierfachen. Ob dieses Ziel erreicht wird, kann Baier allerdings nicht miterleben: Höchstens noch sechs Monate ist er als Direktor Microsoft Business Solutions für das Geschäft mit Unternehmens-Software verantwortlich, danach will er sich neuen Aufgaben stellen. »Ich habe die Integration von Navision und Microsoft seit der Übernahme im Juli 2002 begleitet. Jetzt kann Microsoft diese Aufgabe alleine weiterführen«, erklärt Baier im Gespräch mit Computer Reseller News und betont: »Ich habe keine verbrannte Erde hinterlassen und trenne mich nicht im Bösen.« Darüber hinaus gibt er zu, nie ein Mann für das Konzerngeschäft gewesen zu sein. »Ich komme aus dem Mittelstand, bin mit mittelständischen Kunden auf einer Augenhöhe und kenne mich mit mittelständischen Projekten aus. In Konzernen läuft vieles anders und nicht unbedingt besser«, weiß Baier.

Von der alten Navision-Geschäftsleitung arbeitet jetzt niemand mehr für Microsoft. Im Juli 2002 hatten die Redmonder mit Navision ein Unternehmen mit drei Geschäftsführern übernommen: Lars Damsgaard Andersen, Thomas von Broich und Jürgen Baier. Vertriebschef Thomas v. Broich hat das Unternehmen im Dezember 2002 verlassen, Country Manager Lars Damsgaard Andersen folgte im Januar 2003.

Baier blieb und trat zum 1. Februar 2003 in Andersens Fußstapfen. Die Position allerdings war nur von kurzer Dauer: Schon im März strukturierte Microsoft um. Baier wurde Leiter der Business Group MBS, Wolfgang Ebermann übernahm die Leitung des neuen Geschäftsbereichs SMS&P, in dem das Mittelstandsgeschäft der traditionellen Microsoft mit der MBS verbunden ist. Seit dieser Änderung agierte Baier aus dem Hintergrund und verantwortete die Produktentwicklung. Ebermann war derjenige, der sich zu Strategie, Vertrieb und Partnergeschäft äußerte.

Die Navision-Partner begegnen dem Weggang Baiers mit gemischten Gefühlen. Dass er nicht mehr die Geschicke von MBS bestimmt, ist für sie kein großer Verlust. Die Tendenz, dass immer mehr Navision-Ansprechpartner durch Microsoft-Mitarbeiter ersetzt werden, gefällt den Händlern allerdings nicht. »Wir kennen die meisten Ansprechpartner gar nicht mehr«, beklagt ein Systemhauspartner aus dem Navision/Axapta-Umfeld.

Operative Abwicklung über Ir(r)land

Nicht eben zur Begeisterung der Partner trägt außerdem die Tatsache bei, dass Microsoft das operative MBS-Geschäft seit Juli 2004 über Dublin in Irland abwickelt. Dies geschah mit dem Start des neuen Partnerprogramms, in das die MBS-Sparte seit Anfang Juli integriert ist. »Wir haben unsere Partner mit Handbüchern und Informationen gut auf diese Neuerung vorbereitet, eigentlich dürfte es keine Schwierigkeiten geben«, erklärt Heiko Elmsheuser, PR-Manager MBS bei Microsoft. Die Realität sieht allerdings vollkommen anders aus.

So ist Computer Reseller News ein Fall bekannt, der die betroffenen Partner massiv verärgert hat: Nachdem ein Systemhaus, das der Redaktion bekannt ist, aber nicht genannt werden möchte, Update-Lizenzen in Deutschland bestellt hatte, schickte Microsoft eine Mail, dass die Bestellung über das zuständige EOC (European Operation Center) in Dublin laufen müsse. Außerdem sei die Mailadresse mbsgpom@microsoft. com zu verwenden. Anschließend bestellte der Fachhändler unter der genannten Adresse Neulizenzen für einen weiteren Kunden ? in Irland. Von dort kam die Mail, die Bestellung sei über Deutschland auszuführen, die Anfrage an eine deutsche Microsoft-Mitarbeiterin zu schicken.

Der Händler fragte anschließend sowohl in Irland wie auch in Deutschland nach dem korrekten Vorgehen.

Inzwischen schaltete sich ein weiterer deutscher Mitarbeiter ein, der erneut darauf hinwies, dass Bestellungen nach Dublin zu schicken seien. Dabei sollten die E-Mail-Adressen mbsnaom@ microsoft.com für Navision, Axapta und XAL beziehungsweise mbsgpom@microsoft.com für Great Plains-Produkte verwendet werden. Auf die Frage, bei wem er denn nun bestellen sollte, kam eine Antwort aus Irland, welche die Aussage des deutschen Mitarbeiters bestätigte. Nachdem der Händler die Bestellung an mbsgpom@microsoft.com in Irland geschickt hatte, erhielt er die Information, er solle die Adresse mbsnaom@microsoft. com verwenden. Das allerdings macht keinen Sinn, da es sich bei der Bestellung um Apertum handelte, die eigentlich über mbsgpom gehen sollte. Einer erneuten Anfrage bei dem vierten Ansprechpartner folgte eine englische Mail, die einer bereits vorher gesendeten aufs Haar glich.

Nach einem erneuten Bestellversuch erhielt der Fachhändler die Information vom Anfang: Er solle sich doch wieder an Deutschland wenden.

Inzwischen hat sich Microsoft schriftlich entschuldigt und die Bestellungen (Update wie auch Neulizenzen) an die Adresse mbsapert@microsoft.com weitergeleitet. Außerdem hat der Hersteller den Bestellvorgang einfach und klar festgelegt: Fachhändler bestellen in Irland. Irland sendet die Bestellung nach Deutschland. Deutschland verifiziert sie und leitet sie nach Fargo weiter. Fargo bearbeitet die Bestellung und schickt sie nach Deutschland, von wo sie nach eingehender Prüfung erneut nach Irland und dann zum Partner geht. Oder so ähnlich.

Mit dieser Vorgehensweise dürfte es für Microsoft schwer werden, die angekündigten massiven Wachstumsraten zu erreichen. Partner stehen den angekündigten Zielen ohnehin skeptisch gegenüber. Schon für Apertum hatte Microsoft in der Vergangenheit eine Umsatzsteigerung von 400 Prozent ausgegeben, die nie erreicht wurde. Jetzt ist die Lösung abgekündigt. »Ich denke, Microsoft kann sich schon freuen, wenn die aktuellen Navisionumsätze gehalten werden«, meint ein Partner.

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