Krankenhäuser sparen mit mehr IT. 54 Prozent der Kliniken wollen künftig mehr in die EDV investieren. Mehr als jeder fünfte Euro fließt in die IT-Struktur der Krankenhäuser. Auch Outsourcing steht zur Verbesserung der IT-Services hoch im Kurs.
Die deutschen Krankenhäuser müssen sparen. Von Kliniken wird immer häufiger erwartet, als Profit Center rentabel zu arbeiten. Um dem wachsenden Kostendruck gerecht zu werden, stocken viele Krankenhäuser ihre Investitionen in die Informationstechnologie (IT) erheblich auf: 54 Prozent der Kliniken wollen bis zum Jahr 2005 mehr in die IT investieren als bisher. Das geht aus einer aktuellen Studie von Mummert Consulting und dem F.A.Z.-Institut, dem "Branchenkompass Gesundheitswesen" hervor. Dabei investieren besonders die großen Kliniken, denn sie verfügen meist auch über größere Budgets. Zwei Drittel der Universitätskliniken planen, in den kommenden Jahren ihre IT-Infrastruktur stark auszubauen. Nur jedes zehnte Haus will nicht in die IT investieren. Bei den Reha-Klinken beabsichtigt knapp die Hälfte, die Mittel für IT stark aufzustocken. Insgesamt geben die Krankenhäuser rund zwölf Prozent ihres Gesamtbudgets für die Informationstechnik aus.
Durch den Aufbau einer effizienteren Informationstechnologie und durch die Standardisierung von Geschäftsprozessen lassen sich die Kosten erheblich reduzieren. Daher fließt bis 2005 mehr als jeder fünfte Euro in die IT-Infrastruktur. Im Fokus stehen die elektronische Patientenakte, die internen Abläufe und das Rechnungswesen sowie die Einführung von WLAN.
Ein Drittel der Topentscheider im Ge-sundheitswesen schätzt, dass sich ihre Branche bis 2005 schlechter entwickelt als die übrige Wirtschaft. Trotz Gesundheitsreform festigt sich die pessimistische Stimmung der Krankenhausbetreiber. Nur jeder fünfte meint, dass sich die eigene Lage verbessert. Besondere Sorgen haben die großen Kliniken: 42 Prozent von ihnen glauben, dass ihre Branche hinter der Gesamtwirtschaft zurückbleibt. Als Folge des Kostendrucks planen viele Häuser einen massiven Stellenabbau, denn rund 70 Prozent der Kosten entfallen auf das Personal. In den meisten Fällen lassen sich die Personalkosten jedoch kaum kürzen. Ein Ausweg für die Krankenhäuser: eine effiziente IT-Infrastruktur. Die Kliniken planen, im Schnitt mehr als zehn Prozent ihrer Budgets in IT zu investieren. Hinzu kommen Ausgaben für die Standardisierung der Datenbanken, der internen Abläufe und Systeme.
Um ein Krankenhaus für den liberalisierten Markt fit zu machen, müssen die Arbeitsprozesse auf den Prüfstand. IT-gestützte Workflowsysteme stehen auf der Liste der anstehenden IT-Projekte in Krankenhäusern ganz oben auf der Prioritätenliste. Mit diesen sollen die jeweils anstehenden Aufgaben mit allen notwendigen Informationen den richtigen Mitarbeiter erreichen. Die traditionell zersplitterte Organisationsstruktur der Krankenhäuser wird somit laut Experteneinschätzung nicht mehr lange bestehen bleiben. Stattdessen erwartet man, dass ähnliche klinische Leistungen verschiedener Häuser in Zentren zusammengefasst werden. Außerdem rechnen Fachleute mit neuen Strukturen des internen Finanz-, Leistungs-, Patienten- und Ressourcenmanagements. Im Klartext: Kostentreiber in den internen Abläufen sollen aufgespürt und beseitigt werden. Die Mittel dazu sind neue IT-Systeme, etwa zur Bettendisposition, sowie ein verstärktes Controlling. So will jeder vierte private Betreiber in naher Zukunft stark in die Finanzbuchhaltung und in das Controlling investieren. Auch extern gewinnt die IT als Kommunikationskanal und zur Vernetzung von Kliniken, Patienten, Ärzten und Krankenversicherungen zunehmend an Bedeutung, beispielsweise für die automatisierte Abrechnung: 71 Prozent der Krankenhäuser wollen automatische Abrechnungssysteme einführen, um Kosten zu senken.
Weitere Einsparungen im Gesundheits-wesen soll die elektronische Patientenakte bringen. Diese ermöglicht zudem eine verbesserte Qualität der Krankenversorgung. Denn sie speichert neben den persönlichen Daten des Patienten auch alle Untersuchungsergebnisse wie beispielsweise Röntgenbilder, EKG-Diagramme oder Blutwerte. Künftig werden die Ärzte mittels drahtloser Netze (WLAN) überall in der Klinik auch mobilen Zugriff auf die aktuellste Fassung der Daten haben. So lassen sich unnötige und belastende Doppeluntersuchungen vermeiden. Bisher haben nur etwa zwei von Hundert Krankenhäusern sowie rund 15 Prozent der niedergelassenen Ärzte ein solches elektronisches Aktensystem eingeführt - die Verbreitung nimmt allerdings rasant zu. Die elektronische Patientenakte wird damit bald zum Klinikstandard. So steht sie bei 88 Prozent der Universitätskliniken ganz oben auf der Agenda der geplanten Investitionen.
Auch die drahtlose Vernetzung mittels WLAN ist bei deutschen Krankenhäusern zunehmend auf dem Vormarsch. Mehr als 70 Prozent der Universitätskliniken und fast die Hälfte der Reha-Kliniken planen bis 2005 ihre Häuser kabellos zu vernetzen. Schon daher wächst der europäische Markt für WLANs in Krankenhäusern: Bis 2007 sollen die Erlöse für WLAN-Infrastruktur-Technologien für Kliniken auf europaweit rund 92 Millionen Euro steigen, das sind rund siebenmal so viel wie noch im Jahre 2001, so eine Studie der Unternehmensberatung Frost & Sullivan. Die Krankenhäuser erhoffen dadurch vor allem einen verbesserten Arbeitsablauf und eine bessere interne Kommunikation, einen verringerten Zeitaufwand im Arbeitsalltag und somit geringere Kosten. Die Installation setzt aber eine besondere Sorgfalt voraus. Zwei Aspekte haben bei der Einrichtung von WLAN besondere Bedeutung: Einerseits müssen die vertraulichen persönlichen und medizinischen Daten einem erhöhten Schutz unterliegen. Die WLAN-Lösungen müssen den gesetzlichen Datenschutzbestimmungen entsprechen. Andererseits dürfen durch WLAN in kritischen Klinikbereichen durch die Funkwellen keine Störungen bei medizinischen Geräten verursacht werden.
Eine weitere Chance zur Kosteneinspa-rung liegt in der Beschaffung. Gerade den Großkliniken fehlt oft der Überblick über ihre Bestellungen. Der Grund: Jede Station bestellt ihre eigenen Materialien, ein zentraler Produktkatalog ist meist nicht vorhanden. Dadurch können weder die Bestellungen gebündelt noch Konditionen mit Leitlieferanten ausgehandelt werden. Jede Bestellung im Krankenhaus erzeugt rund 100 Euro an Abwicklungskosten, beispielsweise durch Personaleinsatz, Inventarisierung und Lagerung. Wenn elektronische Systeme zur Unterstützung der Bestell- und Beschaffungsprozesse (E-Procurement) eingeführt und weitere Optimierungsmöglichkeiten ausgenutzt werden, lassen sich bis zu 30 Prozent der Abwicklungskosten für den Einkauf sparen, so die Einschätzung von Mummert Consulting. Je nach Größe einer Klinik ergibt sich durchschnittlich ein Sparpotenzial von bis zu zwei Millionen Euro pro Krankenhaus. Das entspricht bundesweit etwa drei Milliarden Euro pro Jahr.
Um Einsparungen durch E-Procurement durchzusetzen, muss zuerst das gesamte benötigte Artikelsortiment eines Krankenhauses zentral erfasst werden. So können gleiche Produkte verschiedener Hersteller aussortiert und das Sortiment entsprechend optimiert werden. Auch bildet ein überarbeiteter und bereinigter Artikelkatalog die Grundlage für eine elektronische Anbindung von Lieferanten. Doch haben viele Kliniken dieses Sparpotenzial weitgehend ignoriert oder unterschätzt: Denn bislang nutzen nur rund fünf Prozent der Krankenhäuser den elektronischen Einkauf. Nahezu zwei Drittel der Krankenhäuser wollen jedoch bis zum Jahre 2005 in E-Procurement investieren.
Zur Kostenreduktion tragen unterschiedliche Aspekte der elektronischen Beschaffung bei: Durch ein standardisiertes und einheitliches Artikelsortiment lassen sich die Suchkosten reduzieren. Der Computer prüft bei Bestellungen die Eingaben ohne zusätzlichen Aufwand auf Plausibilität. So geschehen weniger Fehler. Auch das Stationspersonal wird entlastet. Denn die Bestellungen erfolgen schnell und einfach am Bildschirm - ohne den lästigen Papierkram und zusätzliche Genehmigungsverfahren. Das spart Zeit und Geld. Weitere Einsparungen ergeben sich durch eine bessere Verhandlungsposition gegenüber den Lieferanten. Bestellungen können einfach und übersichtlich gebündelt werden, Mengenrabatte sind möglich.
Neben der Neustrukturierung der Arbeitsprozesse nutzen immer mehr Kliniken das Outsourcing als Mittel, um die IT effizienter zu gestalten. Durch Auslagerung lassen sich rund 30 Prozent der bisherigen Kosten sparen, so die Einschätzung von Mummert Consulting. Nahezu jede dritte Klinik plant, bis zum Jahre 2005 die IT auszulagern. Auch andere nichtmedizinische Bereiche sind von Outsourcing betroffen. Dabei wird die IT entweder an einen externen Dienstleister fremd vergeben, in eine neue Tochtergesellschaft ausgegegründet oder ein internes Profit- oder Cost-Center gebildet. Die Betriebsteile werden in der Regel in eine eigenständige Gesellschaft überführt. Das bedeutet, dass die Mitarbeiter etwa vom bisherigen Bundesangestelltentarif häufig in andere, flexiblere Tarifverträge wechseln müssen. Wenn die IT schon nicht ganz aus dem Klinikverband ausgegliedert wird, so wünschen sich die meisten Krankenhäuser zumindest eine engere Kooperation mit einem externen IT-Dienstleister. Dafür sprechen sich rund 81 Prozent der Großkliniken und sogar 88 Prozent der kleinen und mittleren Kliniken aus. Hauptziel sind neben der Kostenreduzierung auch professionellere IT-Services.
*Dr. Ines Gröner ist Gesundheitswesen-Expertin der Mummert Consulting AG