»Kunden haben die Nase voll von Microsoft«
Red Hat bereitet gemeinsam mit IBM den Angriff auf Microsoft im E-Mail-Markt vor. Werner Knoblich, Europa-Chef von Red Hat, erläutert im <i>CRN</i>-Gespräch den Hintergrund der Allianz und kündigt einen Ausbau des indirekten Vertriebs an.
- »Kunden haben die Nase voll von Microsoft«
- Primär geht es um Qualität
CRN: Red Hat und IBM haben im Januar eine gemeinsame Offensive gestartet. Es geht darum, das Collaboration- System Lotus Notes auf der Linux- Plattform zu vermarkten. Welchen Stellenwert besitzt die Allianz für Red Hat?
Knoblich: Lotus ist für uns ein extrem strategisches Produkt, so wie umgekehrt Red Hat und Linux für IBM strategisch sind. Denn Linux und Lotus sind beide gegen Microsoft positioniert. Was Kunden, die von Microsoft weg möchten, hauptsächlich daran hindert, ist das Thema Mail. Bislang gibt es zu Outlook/ Exchange keine im Markt akzeptierte Open-Source-Alternative, die als so skalierbar gilt, dass sie sich für den Enterprise-Einsatz eignet. Das trifft jedoch auf Lotus zu. Domino/Notes sind zwar selbst kein Open Source, sind aber komplett für Linux verfügbar. Nicht zuletzt können wir, da Notes ein weit verbreitetes Client-Systemist, gemeinsam mit IBM das Thema Linux auf dem Desktop vorantreiben.
CRN: Sehen Sie in diesem Markt tatsächlich großes Potenzial? Schließlich hat Lotus Notes in den vergangenen Jahren gegen über Exchange stetig an Marktanteilen verloren.
Knoblich: Von der Marktbedeutung her ist Lotus nach wie vor ein extrem wichtiges Produkt. Zudem bietet sich für IBM gerade in der Kombination mit Linux die Chance, Lotus wieder stärker ins Gespräch zu bringen. Nach unserer Erfahrung gehen Kunden von Microsoft weg, wenn sich ihnen die Möglichkeit dazu bietet. Viele Unternehmen haben, salopp gesprochen, die Nase voll von Microsoft. Der Anbieter hat seine Monopolstellung schamlos ausgenutzt und vielerorts verbrannte Erde hinterlassen.
CRN: Nun hat Microsoft gerade angekündigt, Protokolle und Schnittstellen im großen Stil offen zu legen. Wird es für Kunden damit nicht einfacher, Windows und Linux in einer Umgebung zu nutzen?
Knoblich: Bisher ist dies nur eine von vielen, ähnlich lautenden Ankündigungen. Im August 2007 etwa sprach Microsoft von den Windows-Prinzipien »Empowering choice, opportunity and interoperability «. Die EU-Kommission verhängte jedoch am 27. Februar ein Bußgeld in Höhe von 899 Millionen Euro, weil Microsoft trotz Auflagen genau diese Schnittstellen nicht freigegeben hat. Wir verhalten uns daher vorsichtig optimistisch und sind davon überzeugt, dass es auf Dauer nicht ausreicht, geheime Schnittstellen offen zu legen. Vielmehr muss die Standardisierung solcher Schnittstellen erfolgen.
CRN: Was bietet Red Hat den Kunden als Alternative?
Knoblich: Es geht schlicht um Choice, um Wahlfreiheit. Für viele Microsoft-Anwender ist das Lock-in ein riesiges Problem. Wenn Sie beispielsweise den Verzeichnisdienst, das Active Directory, implementiert haben, kommen Sie nur schwer wieder davon weg. Bei Open Source haben Sie dagegen immer mehrere Alternativen, weil die Migration zu einem anderen Produkt relativ einfach ist. Red Hat verkauft keine Lizenzen, sondern nur Support- und Service-Leistungen. Sollte ein Kunde mit unserem Service nicht mehr zufrieden sein, dann wechselt er eben zu Suse, Debian oder zu Unbreakable von Oracle. Wir sind deshalb gezwungen, kontinuierlich Services auf hohem Niveau zu erbringen. Darin liegt der große Unterschied: Bei Open Source zahlt der Kunde nur für das, was der Anbieter in der Zukunft leistet, aber nicht für Code, der in der Vergangenheit erstellt wurde. Diesen Wert erkennen immer mehr Anwender.