Mehr Kooperation durch Forward Sourcing

1. September 2005, 0:00 Uhr |

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Mehr Kooperation durch Forward Sourcing (Fortsetzung)

AD-HOC-Konsortialbildung
Im Dezember 2004 begann der initiale Ideenwettbewerb. 13 Anbieter hatten sich aufgrund einer zweiseitigen funktionalen Beschreibung gemeldet und wollten ein Gebot abgeben. »Der knappe umfang unseres Papiers war sehr ungewöhnlich, da normalerweise Ausschreibungen oft 200 Seiten und mehr umfassen«, sagt Brüggemann.
Lufthansa Systems forderte nun dazu auf, unter den 13 Teilnehmern Bieterkonsortien zu bilden, die erste Vorschläge auf Basis der Anforderungen unterbreiten sollten. Die fünf besten Konsortien wurden anhand eines definierten Kriterienkatalogs ausgewählt, der ihre Ideen bewertete. »Ein Hersteller konnte durchaus zu mehreren Konsortien gehören, aber nur einmal als Konsortialführer«, erklärt Brüggemann die Vorgehensweise.
Die fünf ausgewählten Konsortien erarbeiteten nun eine nächste Konkretisierungsstufe. Nach dieser wurden wiederum zwei Konsortien ausgesiebt. Die verbleibenden drei erstellten schließlich detaillierte Lösungsansätze bis hin zu einer prototypischen Realisierung im Umfeld der Deutschen Lufthansa.
An diesem Punkt schied ein weiterer Wettbewerber aus und für die zwei führenden Konsortien wurde ein Request for Proposal erstellt. Aus diesem erarbeiteten sie Angebote. Auf Grundlage der Angebote wurde der Dienstleister ausgewählt, ein Konsortium rund um Lufthansa Systems. Auf den ersten Blick ist das keine besonders überraschende Entscheidung.
Dass der Vertrag letztlich bei einem Konsortium rund um den bisherigen Dienstleister Lufthansa Systems blieb,
sei kein Zeichen konzerninterner Mauschelei, betont Brüggemann. »Es hätte auch ganz anders kommen können«, sagt er. »Wir haben die Rolle des internen Dienstleisters immer wieder kritisch hinterfragt.« Entscheidend sei am Ende neben der Preisgestaltung gewesen, dass das Konsortium sanfte Migrationswege zur IP-Telefonie angeboten hätte. Währenddessen habe das zweitplatzierte Konsortium, zu dem unter anderem Cisco gehörte, weniger gute Migrationsmöglichkeiten offeriert, die sehr kostspielig geworden wären. Die Vorstellung, die Mitarbeiter würden die Einführung von reinem IP als Telefoniebasis einhellig und ohne Vorbehalte begrüßen, erwies sich als falsch. Es stellte sich heraus, dass sie oft die bestehende Lösung für die derzeit praktikabelste hielten. »Die Leute vor Ort sind an den Problemen eben oft dichter dran«; konzediert der Manager. »Wir haben Außenstellen, die noch mit analoger Telefonie arbeiten. An ein IP-Telefonnetz müssten sie mittels Hunderte Meter langer Kabel angebunden werden.«
Überraschend ist allerdings, dass Hersteller und Integratoren bereit waren, sich einem derart aufwändigen und für sie teuren Verfahren zu unterziehen. Brüggemann begründet die Kooperationsbereitschaft mit einer unklaren Marktsituation, in der sich noch keine führende Firma klar herausgebildet hat. Das strikte Kostenmanagement in der Luftfahrtindustrie hätte es nahe gelegt, ein Verfahren zu wählen, das striktes Kostenmanagement ermöglicht. »Dazu kommt unser gute Nachfrageposition: Große Volumina und eine bekannte Marke schaden hier bestimmt nicht«, sagt der Manager. Unter ähnlichen Voraussetzungen, so Brüggemann, könnten auch andere Unternehmen erfolgreich Forward Sourcing anwenden. Eine wichtige Einsicht hat der Manager bezüglich des Umgangs mit den Bietern gewonnen: »Den Zweitplatzierten werden wir beim nächsten Mal honorieren ? der Aufwand ist für ihn sonst einfach zu groß.«


  1. Mehr Kooperation durch Forward Sourcing
  2. Mehr Kooperation durch Forward Sourcing (Fortsetzung)
  3. Mehr Kooperation durch Forward Sourcing (Fortsetzung)

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Matchmaker+