Modernisierung beim Bund

25. März 2004, 0:00 Uhr | Werner Fritsch

Modernisierung beim Bund. Der IT-Chef des Bundes, Martin Schallbruch, geht bei der Software einen Mittelweg zwischen Einheit und Vielfalt. Im Zuge dessen will er den Open-Source-Anteil erhöhen.

Modernisierung beim Bund

"Der Bund setzt bei der Software auf offene Standards und auf Vielfalt", sagt Martin Schallbruch, der als IT-Direktor im Bundesministerium des Inneren (BMI) für die IT-Strategie des Bundes verantwortlich zeichnet. Eine seiner Maximen lautet, nicht von einzelnen Herstellern abhängig zu werden. Ebenfalls fundamental ist es für ihn, die Sicherheit der Systeme zu gewährleisten. Diese Grundsätze hängen durchaus zusammen: "Monokulturen sind schlecht für die Sicherheit", betont Schallbruch. Die Wurmattacken der letzten zwei Jahre hätten die Problematik hinreichend deutlich gemacht. Deshalb ist Open Source für den IT-Manager interessant. Denn solche Software sei sicherer als kommerzielle Produkte und leiste einen Beitrag zur Unabhängigkeit. Außerdem sei sie kostengünstiger.

Martin Schallbruch, IT-Direktor im Bundesinnenministerium: "Wir müssen Kleinstaaterei und Zersplitterung überwinden."

Foto: BMI

Unterschiedliche IT-Landschaften

Wegen der föderalen Struktur Deutschlands kann der Bund den Ländern und Gemeinden die Softwarestrategie indes nicht vorschreiben. Schon die rund hundert Bundesbehörden haben unterschiedliche IT-Landschaften, doch wenn man Länder und Kommunen hinzunimmt, wird es vollends unübersichtlich und unbeherrschbar. An eine zentral gesteuerte Konsolidierung ist deshalb nicht zu denken. Trotzdem hätten seine Auffassungen "viele Unterstützer gefunden", freut sich Schallbruch. Als Beispiel nennt er die Standards und Architekturen für E-Government-Anwendungen (SAGA); für Bundesbehörden sind diese Vorgaben verbindlich.

Die großen Projekte für Back- und Frontend im E-Government kämen gut voran. Bei dem im Jahr 2000 gestarteten Großprojekt Bund Online 2005 geht es um Dienstleistungen des Bundes für die Bürger. Fast 300 davon sind inzwischen im Internet verfügbar: unter anderem die Möglichkeit, die Steuerklärung interaktiv durchzuführen. Nächstes Jahr werden alle 450 Services online sein. Laut Schallbruch soll es sich dabei nicht nur um einen neuen Kanal handeln, sondern die Gelegenheit soll auch für eine Verwaltungsmodernisierung genutzt werden. Koordiniert wird zentral, die Umsetzung erfolgt dezentral.

Im Großprojekt Deutschland Online, das im Jahr 2003 ins Leben gerufen wurde, soll das Internet-Angebot von Bund, Ländern und Gemeinden für die Bürger und Unternehmen integriert und harmonisiert werden. Gegenwärtig ist Schallbruch zufolge die Lage der IT bei den deutschen Ämtern und Behörden gekennzeichnet durch große Heterogenität, durch Inkompatibilitäten, Mehrfachentwicklungen und lückenhafte Vernetzungen. So gibt es beispielsweise in den 370 Landkreisen über 100 verschiedene Softwaresysteme für den Vorgang der Zulassung von Kraftfahrzeugen. Durch die angestrebte Harmonisierung sollen nicht zuletzt die öffentlichen Mittel effizienter eingesetzt werden. "Wir müssen Kleinstaaterei und Zersplitterung überwinden", sagt Schallbruch - wenngleich er sich darüber klar ist, dass es nie so wie in einem Stadtstaat oder in zentralistisch aufgebauten Ländern sein wird. Sein Ziel ist es, "aus dem unteren Drittel" herauszukommen.

Präferenz für Open Source

Schallbruch will den Anteil an Open-Source-Produkten beim Bund erhöhen. "Bei den Clients haben wir zur Zeit 95 Prozent proprietäre Systeme", konstatiert der IT-Direktor. Bei den Servern sei es nicht ganz so einseitig. Dabei gehe es nicht darum, alle Systeme auf Open Source umzustellen. Wegen der derzeitigen Verhältnisse gebe es jedoch eine Präferenz für quelloffene Software. Einen Eckstein, um die anvisierten Lösungen realisieren zu können, bildet der Rahmenvertrag, den der Bund mit IBM und Suse als Unterauftragnehmer abgeschlossen hat.

Um den Umstieg von Windows auf Linux zu erleichtern, hat die Koordinierungs- und Beratungsstelle der Bundesregierung für Informationstechnik in der Bundesverwaltung im Sommer letzten Jahres einen Migrationsleitfaden erarbeitet und zur Verfügung gestellt. Das Innenministerium geht voran und setzt bereits Linux ein. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen ist ebenfalls auf diesem Weg. Und auch der Bundestag migriert gerade bei den Servern auf das quelloffene Betriebssystem, bei den Clients kommen hingegen Windows XP und Microsofts Office-Paket zum Zug.

Das BMI treibt außerdem eine Reihe von Projekten voran, die über die Basisfunktionen des Betriebssystems Linux hinaus anwendungsnähere Leistungen zur Verfügung stellen. So entstehen unter dem Namen Kroupware Open-Source-Programme, die die Zusammenarbeit unterstützen. Neben E-Mail geht es um gemeinsame Adressbücher, Kalender und Terminverwaltung in Netzwerken. Und unter dem Decknamen Ägypten werden quelloffene Programme für elektronische Unterschriften erarbeitet.


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