Gleich zwei neue Gerichtsentscheidungen sorgen derzeit für einen erneuten Streit zwischen den großen Softwareherstellern und den Händlern von Gebrauchtsoftware. Während das Oberlandesgericht Frankfurt den Vertrieb einzelner Microsoft Echtheitszertifikate verbot, musste SAP vor dem Landgericht Düsseldorf eine einstweilige Verfügung unterzeichnen.
Der Streit um den Verkauf gebrauchter Software nimmt kein Ende und beschäftigt stetig deutsche und internationale Gerichte. Jetzt sorgen zwei neue Urteile für weitere Diskussionen und Zähneblecken zwischen den großen Softwareunternehmen und den Händlern, die sie gebraucht weiterveräußern. So feiert Microsoft ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt, das den Verkauf einzelner Echtheitszertifikate (so genannter Certificates of Authenticity, kurz COAs) untersagt, als großen Sieg gegen die Händler. Der Vertrieb dieser Zertifikate verletzt nach Ansicht der Richter sowohl die Urheberrechte als auch die Markenrechte von Microsoft. Der auf Urheberrecht spezialisierte 11. Zivilsenat des OLG Frankfurt ließ dabei allerdings offen, ob COAs »neben ihrer Funktion, die Echtheit eines bestimmten Softwareprogramms zu bestätigen, zugleich eine Art Lizenzfunktion haben«. Doch selbst wenn COAs auch (Lizenz-)Rechte verkörperten, sind sie nach diesem Urteil einzeln nicht ohne Zustimmung von Microsoft übertragbar.
Das Gericht stellte auch ausdrücklich klar, dass sich der Verkäufer der Echtheitszertifikate nicht auf den Einwand der Erschöpfung berufen kann, da Erschöpfung nur beim Vertrieb körperlicher Werkstücke eintritt und nicht bei online zugespielten Computerprogrammen oder bei reinen Volumenlizenzverträgen. In der Entscheidung wird die Rechtslage unter Hinweis auf das Urteil des OLG München (Az. 6 U 2759/07) vom 3. Juli 2008 als »eindeutig« bezeichnet. Das OLG München hatte letztes Jahr den Vertrieb gebrauchter Software untersagt, die ursprünglich per Download in den Verkehr gebracht worden ist. Das Gericht betont mit dieser entscheidung, dass allein Microsoft entscheiden kann, wem Nutzungsrechte an Microsoft-Computerprogrammen eingeräumt werden und wem nicht.