funkschau: Ein weiterer wichtiger Faktor für den Erfolg von Web-Apps ist die Erfüllung von Security-Anforderungen. Wie ist es um die Sicherheit von Appli-kationen bestellt, die ausschließlich und einheitlich über den Browser dargestellt werden?
Meier: Das Thema Sicherheit ist in der Tat einer der wichtigsten zu klärenden Punkte im Zusammenhang mit mobilen Web-Apps. Wie bei nativen Apps machen sich die Nutzer natürlich Sorgen um die Vertraulichkeit ihrer Daten. Die zu lösenden Probleme sind im Prinzip ganz ähnlicher Natur: Was darf eine Web-App alles tun und wie kann der Nutzer darauf Einfluss nehmen, ohne dass die Usability darunter leidet?
Bei der Betrachtung von Sicherheitsaspekten sind die verschiedenen Varianten von Web-Apps zu berücksichtigen. So darf eine Web-App, die vom mobilen Browser direkt aus dem Internet geladen wird, sicher keine kostenkritischen Funktionen des Gerätes bedienen (zum Beispiel Telefon oder SMS). Für den Zugriff derartiger, nicht vertrauenswürdiger, Web-Apps auf schützenswerte Gerätefunktionen bieten sich Lösungen wie beispielsweise Web-Intends oder Web-Activities an, die einen Zugriff erst nach Zustimmung des Nutzers gestatten. Ferner bieten sich Lösungen an, die auf der Vorinstallation von Web-Apps aus vertrauenswürdigen Quellen basieren. Solche mittels Signaturen als vertrauenswürdig eingestuften Web-Apps könnten nach einer bei der Installation durchgeführten Rechtevergabe – ähnlich nativen Apps – direkt auf die benötigten Gerätefunktionen zugreifen. Beide Varianten werden heute beispielsweise im Firefox-OS unterstützt. Dabei wird der Zugriff auf kostenkritische Gerätefunktionen nur ganz speziellen vorinstallierten Web-Apps erlaubt, die als Teil des Systems ausgeliefert werden (certified Apps).
funkschau: Neue Technologien fördern erfahrungsgemäß neue Geschäftsideen und können vorhandene Modelle in
Bedrängnis bringen. Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung des App-Markts
unter HTML5 ein?
Meier: An dieser Stelle lohnt sich zunächst ein Blick auf die aktuell etablierten Plattformen. Neben einer Infrastruktur für die Bereitstellung und Auslieferung der Apps bieten die Plattformbetreiber die benötigte Payment-Abwicklung für kostenpflichtige Apps. Darüber hinaus profitieren App-Anbieter von der Bekanntheit des Stores und der damit verbundenen größeren Anzahl von Nutzern, die ihre Apps finden und nutzen könnten. Die existierenden App-Stores leisten in der Regel auch einen Beitrag zu Qualität beziehungsweise Sicherheit der eingestellten Apps, indem diese nach gewissen Kriterien einem Review-Prozess unterzogen werden. Bezogen auf Web-Apps könnte zumindest für nicht signierte Web-Apps jeder beliebige App-Store die gleichen Leistungen erbringen, das heißt es gäbe einen Markt für plattformunabhängige App-Stores, womit ich in Zukunft auch verstärkt rechne.
Letztlich entscheiden die Hersteller mobiler Endgeräte und Betriebssysteme über die Anerkennung „umgebungsfremder“ Zertifikate. Sollte ein solcher Hersteller gleichzeitig eine gewinnbringende App-Plattform betreiben, könnte dies natürlich zu einer Interessenkollision führen, die der Anerkennung plattformfremder Zertifikate nicht unbedingt förderlich wäre.
funkschau: Herr Prof. Dr. Meier, mobile Business-Applikationen haben sich im Unternehmensumfeld als effiziente Support-Lösungen etabliert. Welche speziellen Vorteile erwarten Sie hier durch den Einsatz von Web-Apps und wo sehen Sie gegebenenfalls Risiken? Lohnt sich möglicherweise ein zeitnaher Umstieg?
Meier: Im Wesentlichen erwarte ich durch den Einsatz der mobilen Web-App-Technologien deutliche Kosteneinsparungen für die Entwicklung mobiler Business-Lösungen bei gleichzeitig breiterer End-geräteunterstützung. Ich könnte mir auch vorstellen, dass gerade im Bereich mobiler Business-Anwendungen die einheitliche Benutzeroberfläche einer Web-Anwendung gegenüber den unterschiedlichen Bedienkonzepten der nativen Implementierungen auf den unterschiedlichen Geräteplattformen durchaus als Vorteil gesehen wird.
Eine Analyse muss im Vorfeld einer Entwicklung zeigen, ob die geplanten Anforderungen einer Anwendung mit den aktuell unterstützten Web-App-Techniken beziehungsweise Schnittstellen umsetzbar sind. Wenn in diesem Zusammenhang auch die jeweiligen sicherheitsrelevanten Aspekte hinreichend lösbar sind, steht einem zeitnahem Umstieg zur Web-App nichts im Wege.