Eine realistischere, glaubwürdig und immer noch sehr beeindruckende Abschätzung des Themas ist im "Intel IT Performance Report, 2012 Mid-Year Update" zu finden. Dieser Report ist Teil der Intel-Strategie, die Arbeit bestimmter Teams im Unternehmen der Außenwelt zu kommunizieren. Das Kapitel zum mobilen Arbeiten liest sich besonders spannend. Die Intel-Strategie versucht nicht die Probleme der BYOD-Realität zu verbergen, sondern geht diese pragmatisch an. Auch für ein Hightech-Unternehmen wie Intel ist die Verlagerung der bestehenden Enterprise-Anwendungen in die Welt der Smartphones oder Tablets nicht einfach. Dabei dreht sich der Hauptaspekt von Intel nicht um die möglichen Einsparungen, sondern um die für die Bereitstellung der Anwendungen notwendigen Infrastrukturen und den Nutzen für die Mitarbeiter, um ihre Arbeit effizient erledigen zu können.
Intels mobiles App-Programm bildet ein Framework für die Entwicklung eines Customer-Relationship-Managements, Social-Media und ortsbasierte sowie kontextsensitive Anwendungen. Weitere 14 Enterprise-Anwendungen sollen in der Zukunft in das Programm aufgenommen werden.
Das klingt im Vergleich zu den BYOD-Marktschreiern wenig spektakulär, aber dieser Report zeigt auf, welchen realistischen Weg andere Unternehmen gehen können, um nicht innerhalb von kurzer Zeit an den zu hoch gesteckten Ansprüchen zu scheitern. Nicht 20 Stunden zusätzliche Produktivität pro Woche sind das Ziel, sondern eine realistische Basis zum Ausrollen der Anwendungen für die gesamte Belegschaft. Die verhältnismäßig kleinen Schritte, die Intel geht, sind sicherlich nicht der große Wurf, aber liefern quantifizierbare Ergebnisse.
Die mobile App-Strategie beinhaltet eine klare Trennung des WLAN-Netzwerks (für den Zugang, der von den Anwendern mitgebrachten Geräten) vom restlichen Unternehmensnetzwerk und eine Reduzierung der Gerätevielfalt. Die unternehmenseigenen Forscher schätzen, dass aufgrund der mobilen Kommunikationsstrategie im Durchschnitt etwa 57 Minuten pro Tag und pro Nutzer an produktiver Zeit gewonnen wird.
Einschränkend muss jedoch erwähnt werden, dass das Programm nur 19.000 der weltweit mehr als 100.000 Mitarbeiter zur Verfügung steht. Auch ist anzunehmen, dass die ausgewählten Nutzergruppen wahrscheinlich den größten Produktivitätszuwachs liefern. Wird das Programm auf die gesamte Arbeitnehmerschaft von Intel ausgerollt, werden sich die dargestellten Produktivitätszuwächse wahrscheinlich nicht mehr halten lassen. Die wirklichen BYOD-Probleme beginnen, wenn die Strategie im großen Stil ausgerollt wird und die IT-Abteilung enorme Mengen an Geld für die Sicherheit und den Support aufwenden muss.
Ja, der BYOD-Hype hat noch nicht seinen Höhepunkt erreicht, aber auf Basis realistischer Erwartungen lassen sich auch realistische Ergebnisse erzielen.