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Netzwerk-Markt

Rasanter Preisverfall bei 10-GBit/s-Ethernet

Die Preise bei Switches und Routern fallen weiter, der Gewinn pro Port sinkt. Das Infrastrukturgeschäft ist schwieriger geworden. Deswegen wird immer wichtiger, sich Wissen bei Applikationsthemen aufzubauen. Schließlich generieren Anwendungen wie Unified-Communications mehr Daten, mit denen sich wiederum Netzwerk-Upgrades rechtfertigen lassen.

Autor: Markus Reuter • 23.10.2008 • ca. 2:50 Min

Inhalt
  1. Rasanter Preisverfall bei 10-GBit/s-Ethernet
  2. Anwendungsgeschichte erzählen

John Champers sagte vor zwei Jahren, er sei stolz darauf, ein Plumber zu sein — der Geschäftsführer von Cisco im Blaumann eines Klempners. Doch schon in seiner Rede vom Juni 2006 betonte er, dass die Netzwerk-Branche längst über den Aufbau von Verbindungen hinausgewachsen ist. Cisco hat diesen Wandel durch Akquisitionen und Strategien in zahlreichen Bereichen belegt. Dazu zählt die VoIP-Idee, an der Cisco in langen Jahren festhielt, das relativ junge Feld Unified- Communications inklusive Telepresence oder das teuer zusammengekaufte Collaboration- Segment.

Der Wandel hin zu Anwendungsthemen ist kein Einzelphänomen. Er ist bei allen großen und den meisten kleinen Anbietern von Netzinfrastruktur nachweisbar. 3Com, Alcatel-Lucent, Enterasys oder Juniper haben ihr Portfolio sukzessive um Applikationsthemen erweitert. Selbst DLink und Netgear, die beide im unteren Preissegment aktiv sind, sind dieser Strategie gefolgt. Diese Entwicklung ist auf vielfache Weise wichtig, sowohl für die Anbieter als auch für den Channel. Und sie hat unangenehme Konsequenzen für alle Marktteilnehmer, die sich ihr verweigern.

Mehr strampeln

Die Pro-Port-Preise bei Switches und Routern fallen seit Jahren. Dieser Trend macht vor keiner Highend-Technik halt. Das Marktforschungsunternehmen Dell’Oro geht in seiner Analyse davon aus, dass 10-GBit/s-Interfaces im kommenden Jahr für knapp mehr als 1.000 Dollar verkauft werden. Bleibt der Dollar auf seinem jetzigen Niveau, können sich deutsche Kunden über Preise von unter 1.000 Euro freuen, ohne Optik versteht sich. Vor zwei Jahren kostete der Port noch 4.000, vor vier Jahren noch knapp 10.000 Euro, ohne die GBICs.

Die Preise für 10/100/1000- GBit/s-Interfaces haben sich ähnlich entwickelt. Ein fertig konfigurierter Switch mit 24 10/ 100/1000-Ports und zwei 10- GBit/s-Uplinks wird heute für 5.000 Euro verkauft, inklusive Software-Lizenz. Soviel Geld musste der Kunde vor einer Dekade für eine Netzwerkkarte mit 1- GBit/s-Port bezahlen. Trotz stabiler Margen heißt das für den Reseller: »Er muss faktisch mehr verkaufen«, sagt Martin Hummel, Sales Director Value-Add-Reseller bei Netgear.

Würde Ethernet seiner Geschichte treu bleiben, wäre zumindest der nächste Investitionsschub eingeläutet und die Nachfrage belebt. Denn die Preise für 10 GBit/s müssten auf dem Papier Upgrades der Backbone-Strukturen anregen, hält der Preis doch die magische Ethernet-Formel ein: die zehnfache Leistung für den dreifachen Preis.

Diesmal bricht der Markt mit dieser Tradition, weil Bandbreite als Selbstzweck oder als Versicherung für die Zukunft keinen Kunden mehr überzeugt. »Die aktuellen LAN-Netze vieler Kunden liegen bei einer Auslastung von ein bis zwei Prozent«, sagt Günther Haag, Geschäftsführer beim Netzwerk- und IT-Dienstleister Stemmer. Für sie wäre eine Investition in 10 GBit/s ein »sinnloser Superlativ«, ein »Overkill«, wie es Haag nennt. So erwarten beispielsweise weder Nortel als Vertreter hochwertiger noch Netgear als Vertreter preisgünstiger Produkte bei 10-GBit/s signifikante Zuwächse.

Einordnen notwendig

Die Zahlen von Cisco widersprechen diesen Analysen auf den ersten Blick. Nach Dell’Oro hat der Anbieter im 2. Quartal 2008 weltweit rund 166.000 10-GBit/s- Interfaces ausgeliefert und damit einen Marktanteil von 62 Prozent erreicht. »Wir haben bei der Nachfrage für 10 GBit/s einen Boost von 50 Prozent erlebt«, kommentiert Dr. Bernd Heinrichs, Managing-Director Partner und Allianzen bei Cisco.

Zahlen, die Heinrichs damit erklärt, dass das Infrastrukturgeschäft hierzulande im weltweiten Vergleich extrem gut lief. »Deutschland macht einen Teil seines Rückstands beim Highend- Switching gerade wett«, so Heinrichs. Dieses »Switch-Momentum « sei ihm zu Folge aber vor allem der Vertriebsstrategie und speziell aufgesetzten Upgrade- Programmen zu verdanken. Da scheint jemand sein vernachlässigtes Brot- und Buttergeschäft wieder entdeckt und durch internes Engagement wiederbelebt zu haben. Es bleibt verlockend, aus Ciscos Zahlen eine Bestätigung der altbewährten Formel herauszulesen.

Das grundlegende Problem des Preisverfalls pro Port ist damit aber nicht gelöst. Auch Heinrichs ist überzeugt, dass »die Reseller mehr Volumen schaffen müssen«, um ihre Gewinne zu erwirtschaften – sei es durch den Verkauf schnellerer Ports oder durch mehr Anschlüsse. Denn »das Margengeschäft im Infrastrukturbereich wird ein Problem werden«, prognostiziert Martin Ruoff, Leader Enterprise Sales Engineering Central Region bei Nortel.