Sourcing - die verpasste Chance. Dr. Thomas Ludwig, Geschäftsführer Unilog Systems Integration. Foto: Unilog "Die Informationstechnologie muss daran gemessen werden, wie sie zur Wertschöpfung des Unternehmens beiträgt." Diesen klugen Satz ka ...
Dr. Thomas Ludwig, Geschäftsführer Unilog Systems Integration.
Foto: Unilog
"Die Informationstechnologie muss daran gemessen werden, wie sie zur Wertschöpfung des Unternehmens beiträgt." Diesen klugen Satz kann man derzeit landauf, landab hören. Nur schade, dass sie genau diese Forderung anscheinend nicht erfüllt. Solange die meisten Unternehmen hierzulande ihre IT als Kostenstelle führen, werden Systeme und Anwendungen in den Vorstandsetagen weiterhin nur als lästiger Aufwand bewertet, den man am liebsten eher heute als morgen vom Hals haben möchte. Aber Full-Outsourcing taugt nicht als vermeintlich einfache Lösung - und kann sogar die Wirtschaftlichkeit des gesamten Unternehmens gefährden.
Zur Wertschöpfung beitragen - diese Vorgabe schienen IT-Abteilungen in Zeiten des e-Booms tatsächlich einzulösen. Doch viele Hoffnungen auf neue Märkte und Ertragsverbesserungen wurden enttäuscht. Nur in Ausnahmefällen konnten messbare Umsatz- und Ertragszuwächse aufgrund von DV-Investitionen ausgewiesen werden, IT-gestützte Geschäftsmodelle waren nur selten eine Erfolgsstory - Amazon und Ebay lassen grüßen. Schlechte Karten für den CIO und seine Mannschaft. Die Akzeptanz für Investitionen in Hard-, Soft- und Netware hat in den Vorstandsetagen mittlerweile einen Tiefstand erreicht, der sich seit nunmehr fast zwei Jahren nicht verändern will.
Also runter mit den IT-Kosten, aber wie? Am besten man nehme die gesamte DV-Abteilung und gebe sie in die Hände eines Full-Outsourcers, der anschließend jeden Monat eine Rechnung stellt, ganz wie bei der Begleichung von Miet- oder Stromkosten. Schließlich muss ein Lebensmittelkonzern oder ein Versandhaus noch lange kein IT-Expertenwissen in den eigenen vier Wänden pflegen, um erfolgreich zu sein, oder?
Genau hier beginnt das eigentliche Problem. Vor der Wertschöpfung liegt die Wertschätzung. Und ist die einmal weg, steigt sofort die Bereitschaft, sich von der IT als unternehmensstrategische Komponente vollends zu verabschieden. Aber weder die Handelskette noch das Versandunternehmen könnten überleben, wenn die Datenverarbeitung für mehrere Tage ausfallen würde. Informationstechnologie ist heute in fast allen Unternehmen ein essenzieller Teil der gesamten Wertschöpfung, ob man damit nun einverstanden ist oder nicht.
Das bedeutet natürlich noch lange nicht, dass man alle Systeme, Netze und Anwendungen selbst pflegen und weiter entwickeln muss. Es haben sich in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Outsourcing-Spezialisten etabliert, die IT-Leistungen besser und kostengünstiger anbieten können als es die Firmen in Eigenregie schaffen würden. Aber die wichtigste Aufgabe lässt sich nicht an Dritte delegieren: die Verantwortung für eine eigene IT-Strategie.
Doch genau das ist die Folge der großen Outsourcing-Deals, die in der jüngsten Vergangenheit Furore machten. Mit dem Verkauf der gesamten IT verzichtet ein Unternehmen bewusst oder unbewusst auf die Fähigkeit, die Weiterentwicklung der eigenen System- und Anwendungslandschaft zu steuern und so nah wie möglich an die Geschäftsprozesse anzugliedern. Mal ganz zu schweigen von der Abhängigkeit vom Outsourcer, in die man sich sehenden Auges begibt.
Solche strategischen Fehler rächen sich. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusehen, dass sich spektakuläre Misserfolge in Sachen Full-Outsourcing häufen werden. Die Alleinschuld wird zumeist fälschlicherweise dem Dienstleister zugeschrieben werden. Aber es ist der Kunde, der es sich hier zu einfach gemacht hatte. Die Folge wird eine Verteufelung dieses Dienstleistungsangebots sein - und damit wird eine Chance auf mehr Wirtschaftlichkeit und Wertentwicklung vergeben.
Die Wahrheit und Lösung liegt - wie so oft - auch hier in der Mitte. In einem individuellen Mix aus Eigen- und Fremdleistungen, aus internen und externen Verantwortlichkeiten, aus onsite und offsite, aus nearshore und offshore. Dieses eigene Mischverhältnis muss in eine Sourcing-Strategie münden. Und diese ist nur sinnvoll, wenn sie auf einer IT-Strategie basiert, die sich aus den Unternehmenszielen ableitet.
Erst so wird ein Schuh daraus: Informationstechnologie in enger Verzahnung mit den Geschäftsprozessen, wobei die IT von einem Sourcing-Maßnahmenplan je nach den sich wandelnden Anforderungen der Funktions- und Organisationsabteilungen begleitet wird. Das Heft in Sachen IT-Strategie und Sourcing-Management bleibt genau da, wo es hingehört: in den Händen der IT-Verantwortlichen.