Spione überall

4. Mai 2006, 0:00 Uhr |

Spione überall. Spyware-Hersteller lassen sich nur wenig unter Druck setzen, ihr unfaires Geschäft auf­zu­geben. Die Betroffenen müssen sich selber be­­hel­fen. Microsoft verspricht die Erlösung mit Erscheinen seines neuen Betriebssystems.

Spione überall

Spyware verdankt ihre Entstehung nicht Hackern, sondern der Werbeindustrie, die mit dem Siegeszug des Internets Ende der 90er Jahre mehr über die Gewohnheiten der Konsumenten herausfinden wollte. Über eine Analyse von besuchten Seiten und eingegebenen Suchbegriffen konnte sie Anzeigen optimiert positionieren und besser auf die Website-Besucher zuschneiden.
Im Prinzip ist Spyware noch immer in vielen Fällen ein anderes Wort für Adware. So bringen viele Programme und Bannerwerbungen versteckte Spyware-Tools mit, die im Hintergrund versuchen, das Surf-Verhalten des Anwenders auszuspionieren. Daneben gibt es jedoch auch Software, die eine härtere Gangart einlegt und es auf Kreditkarten-Daten und Festplatteninhalte angelegt hat. Experten unterscheiden daher auch zwischen zwei Arten von Spyware: Noch vergleichsweise harmlos ist solche Spyware, die den Anwender über die Weiterleitung der Daten hinweist, über die Nutzungsbedingungen sogar die Zustimmung des Anwenders fordert und manchmal sogar mit einem Uninstall-Programm kommt. »Die »böse« Spyware dagegen versucht, sich auch gegen den Willen des Users auf dem Rechner einzunisten, nutzt dazu Sicherheitslücken von Windows oder des Internet Explorers und wehrt sich mit zahlreichen Tricks gegen die Entdeckung und Entfernung«, sagt Gernot Hacker, Sicherheitsspezialist beim Antiviren-Unternehmen Avira. In dieser Hinsicht sind die Grenzen zu den Trojanern, die sich huckepack in das System einschleichen, fließend.
Die  Firmen, welche Adware und Spyware verbreiten, versuchen, ihre Aktivitäten zunehmend zu legalisieren. Vor zweieinhalb Jahren benannte sich der Spyware-Hersteller Gator in Claria um. Auch der Alligator im Logo verschwand. Mit dem Sinnbild sollte sich vermutlich eher der kleine Kreis von Anzeigenkunden identifizieren als die oft unfreiwilligen Anwender der Gator-Software. Nun veröffentlichte Claria vor einigen Wochen Pläne, die »kontroversen« Geschäfte aufgeben zu wollen.

Die freundlichen Spione
Dabei ginge es durchaus auch anders: Eines der bekanntesten legitimen Spyware-artigen Tools ist die Google Taskbar für den Internet Explorer. Tatsächlich bietet dieses kleine Programm eine Reihe sehr nützlicher Funktionen. So lassen sich damit leichter Suchanfragen vornehmen, ein Pop-Up-Blocker ist integriert und es erscheinen zusätzliche Informationen zu den besuchten Websites. Dennoch schickt das Programm Informationen über die besuchten Websites an Google. Das ist jedoch kein Geheimnis und wird auch detailliert bei der Installation auf der Google-Homepage erklärt. Der Anwender kann diese Funktionen abschalten und die Software installiert sich auch nicht heimlich oder enthält versteckte Sub-Programme. Google zahlt zudem keiner weiteren Firma Geld pro installierte Toolbars. Deshalb hat kein Spammer ein Interesse daran, das Programm massenhaft zu verbreiten. Das Beispiel zeigt, dass Spyware nicht per se etwas Schlechtes ist.
Doch nicht alle Anbieter verhalten sich so ehrenhaft. Das Center for Democracy and Technology ? eine in den USA ansässige Interessensgruppe ? veröffentlichte vor einigen Wochen einen Report, der auch Spyware-Kunden, darunter Club Med Americas, Net Zero sowie Pro Flowers anmahnt: »Diese Werbefirmen sehen nur die finanziellen Vorteile ihrer Anzeigen. Da ist es egal, mit welchen Mitteln Ergebnisse erzielt werden«, sagt  Ari Schwartz, stellvertretender Chef der Non-Profit-Organisation.

Private Fragen bei der Installation
Stopbadware.org, eine der vielen »Neighborhood-Watch-Kampagnen« in den USA, setzte Ende März gleich vier Tools auf seine »Badware Watch List«, und zwar das File-Sharing-Programm Kazaa, den Download-Manager MediaPipe sowie den Bildschirmschoner Waterfalls 3. Selbst SpyAxe, eigentlich eine Software zum Entfernen von Spyware, wurde von stopbadware.org als bedenklich eingestuft, weil es sich nicht wieder vollständig entfernen lässt und beim Installieren der Vollversion die Beantwortung persönlicher sowie pri­vater  Fragen erfordert.
Dabei verfügt Adware über zahlungskräftige Geldgeber. Claria etwa erhielt 58 Millionen Dollar von U.S. Venture Partners und Greylock Partners, Wettbewerber 180solutions 40 Millionen Dollar von Spectrum Equity, und WhenU.com immerhin 35 Millionen Dollar von ABS Capital Partners und Trident Capital.
Und wenn Claria nach eigenen Angaben bis Juni diesen Jahres den Adware-Markt verlassen will, »sollte es mich nicht wundern, wenn etwa 180solutions oder WhenU schon in den Startlöchern sitzen, um Clarias Geschäfte zu übernehmen«, sagt Alex Eckelberry, CEO des Antispyware-Herstellers Sunbelt.


  1. Spione überall
  2. Spione überall (Fortsetzung)

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Matchmaker+