Stimmung im IT-Channel trübt sich ein

1. Juli 2004, 0:00 Uhr | Martin Fryba

Stimmung im IT-Channel trübt sich ein. Laut einer aktuellen CRN-Studie »Channeltracks« hat sich die Stimmung im deutschen IT-Handel zum zweiten Mal in Folge verschlechtert. Auch der Ifo-Geschäftsklimaindex ist im Juni überraschend deutlich gefallen. Nur dem Branchenverband Bitkom zufolge ist die ITK-Branche dabei, sich wieder zu einem »Konjunkturmotor« zu entwickeln.

Stimmung im IT-Channel trübt sich ein

Co-Autorin: Dr. Michaela Wurm
Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich das Wetter, oder es bleibt wie es ist. Zu ähnlich diametralen Schlussfolgerungen kommt man derzeit, wenn man sich ein Bild über den Zustand der deutschen Konjunktur im Allgemeinen und den Aussichten für die IT-Branche im Speziellen verschaffen will. Die Meinungen von Wirtschaftsforschern, IT-Verbänden und IT-Branchenanalysten gehen auseinander. Zumindest auf einen, wenn auch unbefriedigenden Nenner lassen sich die aktuellen Umfrageergebnisse bringen: Die unterschiedlichen Stimmungsbilder zeigen, dass der zu Jahresanfang spürbare Aufschwung der Wirtschaft nicht nachhaltig ist.

IT-Branche ebenfalls negativ gestimmt

Den eingetrübten Konjunkturaussichten kann sich die IT-Branche nicht entziehen, wie die Ergebnisse der Befragung von rund 300 Fachhändlern und Systemhäusern belegen, die von »Computer Reseller News« regelmäßig durchgeführt wird. Hatten im März 2004 lediglich 16 Prozent der Befragten mit einem Rückgang der allgemeinen Marktentwicklung in den kommenden zwölf Monaten gerechnet, stieg die Zahl der Pessimisten im Juni auf 21 Prozent. 43 Prozent gehen im Juni von einer Stagnation aus, im März waren es 38 Prozent.

Den stärksten Einbruch verzeichnet die CRN-Statistik beim prognostizierten Wachstum: Im Frühjahr rechneten noch 43 Prozent mit einem allgemeinen Aufschwung, im beginnenden Sommer dagegen nur noch 34 Prozent.

Einen Lichtblick gibt es freilich auch. Befragt nach der Entwicklung ihres eigenen Geschäfts in den kommenden zwölf Monaten, zeigten sich die IT-Firmen im Juni ein wenig optimistischer: Immerhin noch 48 Prozent gehen von Wachstum aus, gegenüber 53 Prozent im März. Interessant hierbei ist eine genauere Aufschlüsselung nach Händlertypen. Während der Fachhandel mit knapp 38 Prozent deutlich unter den im Juni ermittelten Durchschnitt für ein Wachstum fiel, lagen System-, Softwarehäuser und Integratoren über dem ermittelten Wert, sind also wesentlich optimistischer. Die CRN-Prognosen decken sich weitgehend mit den Aussagen von Geschäftsführern bei Systemhäusern, die gegenüber unserer Zeitschrift von einem guten Auftragseingang sprechen. Vor allem mit der Auslastung in der IT-Beratung, ein Indikator für die Investitionsbereitschaft von Geschäftskunden, sind die Häuser derzeit zufrieden. Firmen wie der Kölner IT-Dienstleister Arxes NCC wollen sich sogar personell verstärken. »Im nächsten Jahr gehen wir von einem Wachstum von 15 bis 20 Prozent in allen Bereichen aus«, zeigt sich Arxes-Geschäftsführer Udo Faulhaber optimistisch. Der Münchner Integrator Softlab sucht seine Chancen ebenfalls in der Beratungssparte und denkt sogar über Akquisitionen nach.

Ifo-Geschäftsklima eingetrübt

Konjunkturtest durchgefallen, so lautet das Fazit der Münchner Wirtschaftsforscher vom IFO-Institut: »Die neuen Umfrageergebnisse sprechen dafür, dass die konjunkturelle Auswärtsentwicklung noch immer nicht durchgreifend gefestigt ist.« Der negative Trend werde hauptsächlich von der stagnierenden Binnennachfrage getragen. Im Gegensatz zu exportorientierten Firmen habe sich die Stimmung vor allem im Groß- und Einzelhandel eingetrübt, stellt das renommierte Institut fest.

Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist nämlich im Juni gegenüber dem Vormonat von 96 auf 94,6 überraschend deutlich gefallen. Die aktuelle Geschäftslage beurteilen deutsche Unternehmen wieder so schlecht wie im September 2003. Die Aussichten für die kommenden sechs Monate haben sich sogar noch mehr eingetrübt: Der Juni-Index weist gegenüber Mai einen Rückgang von 1,7 Punkten auf ? das schlechteste Ergebnis seit Juli vergangenen Jahres.

»Volle Auftragsbücher«

Nur beim Branchenverband Bitkom herrscht noch Optimismus vor. »Nachdem die Impulse nicht vom Fußball kommen, müssen wir sie selbst setzen«, scherzte Bitkom-Präsident Willi Berchtold bei der Präsentation des ITK-Branchenbarometers. Und dass von der ITK-Branche wieder Wachstumsimpulse ausgehen, bestätigt der aktuelle Branchenindex des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom). Das Wirtschaftswachstum im Jahr 2003 und vor allem das äußerst erfolgreiche Jahresendgeschäft haben sich laut Verbandspräsident Berchtold nicht als Strohfeuer, sondern als nachhaltigen Trend für das Gesamtjahr 2004 erwiesen.

Im ersten Quartal 2004 berichteten rund 70 Prozent der Unternehmen dem Bitkom über steigende oder stabile Umsätze. Bis Jahresende rechnen knapp zwei Drittel der deutschen ITK-Unternehmen mit steigenden Gesamtumsätzen. »Die Auftragsbücher füllen sich«, so Berchtold. Es herrsche zwar keine Euphorie, aber die Branche habe zu einem gesunden Selbstvertrauen zurückgefunden.

Laut Bitkom verzeichnet die Mehrzahl der ITK-Unternehmen quer durch alle Bereiche steigende Auftragseingänge. Wachstumstreiber sind vor allem die Mobilfunkdienste und digitale Consumer Electronics (CE). Mehr als 71 Prozent der Anbieter von Mobilfunkdiensten rechnen in diesem Jahr mit einem Umsatzplus, nur 14,3 Prozent befürchten einen Rückgang. Bei den CE-Herstellern erwartet knapp 72 Prozent steigende Umsätze, kein einziger kalkuliert mit einem Rückgang. Bis zum Jahresende soll sich der Umsatz mit digitalen Consumer Electronics gegenüber dem Jahr 2000 auf 6,2 Milliarden Euro verdoppelt haben, so die Bitkom-Prognose. Selbst bei IT-Hardware, lange Zeit das Sorgenkind der Branche, sieht der Bitkom die Trendwende vollzogen. Auch wenn der Bereich das schwächste Wachstum verzeichnet, rechnen rund 58 Prozent der Hardware-Anbieter 2004 mit einem höheren Gesamtumsatz als im Vorjahr.

Insgesamt steht der Bitkom-Branchenindex mit 50,2 Punkten deutlich auf Wachstum. Bitkom bekräftigte seine Frühjahrsprognose und kündigte für das Gesamtjahr ein Umsatzplus von 2,5 Prozent auf 131,9 Milliarden Euro an. Berchtold untermauerte auch die Prognose für das kommende Jahr, die von einem Wachstum zwischen 3,7 und vier Prozent ausgeht. Damit sei die ITK-Branche wieder auf dem besten Weg, sich zum Konjunkturmotor für die Gesamtwirtschaft zu entwickeln.

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INFO

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