Thin-Client-Markt braucht Aufklärungsarbeit: Wissenslücken im SBC-Channel. Die Zeichen stehen auf Wachstum. Aber ohne Engagement von Herstellern und Händlern im Server Based Computing-Markt wird der Kunde weiterhin zum gewohnten PC greifen. Handlungsbedarf besteht: Die Händler müssen Know-how investieren, die Hersteller die USPs ihrer Produkte konsequenter kommunizieren. Nur dann lässt sich das Potenzial, das im SBC-Markt steckt, ausschöpfen.
Die Marktforscher werden nicht müde, die Wachstumschancen des Server-Based-Computing-Marktes zu preisen: Im vierten Quartal 2004 sollen IDC zu Folge weltweit mehr als 500.000 Thin Clients verkauft werden, und Wachstumsraten von durchschnittlich 25 bis 30 Prozent sind an der Tagesordnung. Dennoch sind weder Hersteller noch Fachhändler mit der Situation zufrieden.
»Erstmal verkauft der Handel nur dann Thin Clients, wenn Kunden explizit danach fragen«, moniert Thomas Ahlemeyer, Country Manager bei Centia. Ein Grund dafür ist seiner Meinung nach, dass sich die meisten Händler viel zu wenig mit der Thematik Server Based Computing auseinander setzen. Sie verkauften phantasielos die eng kalkulierten Hardware-Boxen (die Durchschnittsmarge bei Thin Clients liegt unter zehn Prozent), das Potenzial, das sich dem Kunden durch komplexere SBC-Architekturen erschließen würde, bleibt unerwähnt und damit unverkauft. Das bestätigt selbst Achim Brefeld, Vertriebsleiter Mittelstand bei einem großen Systemhaus wie Bechtle: »Auch wir verschieben gerne einfach nur die Thin-Client-Hardware.«
Ulrich Mertz, Geschäftsführer von Rangee, machte diese Erfahrung ebenfalls: »Wenn es um Service und Dienstleistungen rund um Thin Clients geht, dann überlassen die Fachhandelspartner das Feld nur zu gerne den Herstellern oder Distributoren.« Klaus Himbert, Sales Manager bei Thin Tune, präzisiert: »Viele Händler forcieren geradezu den direkten Kontakt zwischen Hersteller und Endkunden.« Seine Begründung dafür: Es fehlt schlichtweg das Fachwissen im Channel.
Das führt im ursprünglich konsequent indirekt aufgestellten SBC-Channel zu einer paradoxen Situation. »Wir bewegen uns permanent am Rande des Direktgeschäfts, da die Partner uns die beratungsintensiven Projekte, die aber auch Kunden binden, zuschustern«, bedauert Klaus Himbert, Sales Manager bei Thin Tune. Weit lieber wäre es beispielsweise Unternehmen wie Igel, Thintune oder Neoware, wenn sich ihre Händler für ihre Produkte beim Kunden stark machen würden. Himbert setzt noch eins drauf: »Man muss den Herstellern zugestehen, dass sie vieles versuchen, ihre Partner von den Marktchancen ihrer Produkte zu überzeugen. Schulungen sollen das technische Know-how transferieren, um sie in die Lage zu versetzen, Endkunden eingehend über die Vorteile dieser Technologie zu informieren. Projektunterstützung und gemeinsame Kundengespräche sollen ihnen überdies mehr Sicherheit in der Argumentation rund um Server-Based-Computing geben.«
Doch allein mit Trainings und der Kompetenz im Handel ist es nicht getan. Abgesehen davon ist es nicht die alleinige Aufgabe der Partner, ein Produkt im Markt salonfähig und es für den Kunden akzeptabel zu machen. Hier sind auch zielgerichtete und breitflächige Marketing-Aktivitäten der Hersteller gefragt. »Im Thin Client-Markt muss noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden ? und zwar bei Händlern und Endkunden«, fordert Herrmann Ramacher, Geschäftsführer des Distributors ADN. Zu stark sei noch in den Köpfen der Kunden die PC-Technologie verankert. Und wenn der Endkunde ausdrücklich nach einer PC-Infrastruktur verlangt, weshalb sollte der Fachhandel sich dann die Mühe machen, und aufwändig die SBC-Systeme verargumentieren? »Etwa 95 Prozent unserer Kunden verlangen nach herkömmlichen Rechnern, wozu sollen wir ihnen dann Thin Clients verkaufen«, bestätigt Hans-Jürgen Schwarzbach, COO bei Sandata. Obwohl das Nürnberger Systemhaus vor etwa drei Jahren in das Server-Based-Computing-Geschäft eingestiegen und auch Citrix-Partner ist, werden auch dort nur dann Thin Clients verkauft, wenn der Kunde danach verlangt. »Wir haben gar nicht die Zeit dazu, Neukunden im Thin-Client-Bereich zu akquirieren, dafür sind wir zu stark mit Projekten eingedeckt«, führt er aus. Zudem sieht es auch Schwarzbach nicht als Aufgabe der Systemhäuser, an den Thin-Client Markt aufzubereiten, da stehen seiner Meinung nach die Hersteller in der Pflicht.
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Wer ist dafür zuständig, dass ein Kunde Thin-Client-Produkte kauft? Hersteller oder Fachhandel? Der Hersteller argumentiert: Schließlich setzen wir auf die indirekte Vertriebsschiene, damit die Partner als Multiplikator agieren und unsere Produkte und deren Vorzüge einer breiteren Masse an Kunden bekannt machen als wir es alleine könnten. Recht haben sie. Doch der Fachhandel hat ebenso ein Recht darauf, dass er Produkte verkauft, die bereits eine gewisse Bekanntheit und Akzeptanz haben. Das muss nicht heißen, dass die Kunden sie ihnen aus den Händen reißen ? dann wäre der Handel für den Hersteller wiederum überflüssig. Aber der Boden für ein neues Produkt muss bereitet sein. Und dieser Part geht eindeutig an den Hersteller. Also ist geteiltes Leid, halbes Leid, geteilte Mühe halbe Mühe und beide Seiten müssen für sich Engagement aufbringen, um gemeinsam erfolgreich zu sein.