"Unternehmen müssen die Effizienz ihrer IT erhöhen"

8. April 2004, 0:00 Uhr |

"Unternehmen müssen die Effizienz ihrer IT erhöhen". Viele Firmen leisten sich den Luxus, die Kapazität ihrer Informationstechnik nur zu 25 bis 35 Prozent auszunutzen, erklärt Rupert Holzbauer, Director Enterprise Marketing and Solutions von Hewlett-Packard im Gespräch mit Christian Weyer. Gefragt sei daher eine IT-Infrastruktur, die sich auch nach unten skalieren lässt.

"Unternehmen müssen die Effizienz ihrer IT erhöhen"

Rupert Holzbauer, Director Enterprise Marketing and Solutions von Hewlett-Packard

Foto: HP

Für viele IT-Firmen ist der Mittelstand eine Art Hoffnungsträger. Wie bewertet Hewlett-Packard die Rolle des Mittelstands?

Im Gegensatz zu vielen Mitbewerbern, die erst in jüngster Zeit den Mittelstand entdeckt haben, zählten kleine und mittlere Firmen schon immer zur Zielgruppe von Hewlett-Packard. Es ist richtig, dass gegenwärtig mittelständische Unternehmen eher dazu bereit sind, ihre IT-Investitionen wieder aufzustocken als so mancher Großkonzern. Ein Grund dafür ist, dass der Mittelstand in den vergangenen drei bis vier Jahren nicht jeden Hype in der Informationstechnik mitgemacht hat und vorsichtiger in EDV investierte. Nun wächst jedoch auch bei kleinen und mittleren Firmen der Druck, ihre IT zu modernisieren.

Welche Faktoren sind für diesen Druck verantwortlich?

Zum einen die Kosten: Die Unternehmen sind gezwungen, die Effizienz ihrer IT zu erhöhen. Das lässt sich beispielsweise erreichen, indem der Anwender seine Server-Systeme mit Hilfe neuer Hardware oder Betriebssysteme konsolidiert. Der Elektromotoren-Hersteller Papst beispielsweise, ein klassisches mittelständisches Unternehmen, setzt statt neun Servern nun zwei 64-Bit- Server mit Itanium-Prozessoren ein. Das Ergebnis ist ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis durch sinkende Administrations- und Wartungskosten, bei der gleichzeitig eine leistungsfähigere und vor allem skalierbare Infrastruktur zur Verfügung steht.

Und was sind die anderen Faktoren?

Auch ein Mittelständler muss E-Business-Lösungen implementieren, etwa um seine Zulieferer in Herstellungsprozesse einzubinden und damit schneller und Kosten sparender zu produzieren. Hinzu kommt, dass seine Kunden dasselbe von ihm verlangen. Denken Sie nur an die Automobilindustrie und deren Just-in-Time-Fertigung. Zulieferfirmen, deren EDV nicht über die entsprechenden Schnittstellen zu den Warenwirtschafts-Systemen des Kunden verfügt, können in den Einkaufsprozess nicht mehr miteinbezogen werden.

Auf der anderen Seite sind mittelständische Unternehmen nicht in der Lage, große Summen in den Ausbau ihrer IT-Infrastruktur zu stecken.

Das stimmt, deshalb ist die Skalierbarkeit der IT wichtiger denn je. Der Anwender will heute Lösungen, die sich in Bezug auf die Technik und die Wirtschaftlichkeit anpassen lassen. Er ist nicht mehr bereit, auf einem Berg von Fixkosten zu sitzen, sondern wünscht sich einen flexiblen Ansatz, wie wir ihn beispielsweise mit unserer Adaptive Enterprise-Strategie anbieten.

Ähnliche Ansätze bieten auch IBM oder Sun an. Wodurch unterscheidet sich Ihre Lösung?

Dadurch, dass sie adaptiv nicht so versteht, dass der Anwender nur nach oben hin erweitern kann, also in Richtung höherer Leistung, was in der Regel auch höhere Kosten bedeutet. Skalierbarkeit bedeutet bei uns, dass sich die Aufwendungen auch nach unten anpassen lassen, etwa indem wir einem Unternehmen dabei helfen, seine IT effizienter einzusetzen und dadurch Kosten zu sparen. Denn nach unseren Erfahrungen schöpfen Firmen im Normalfall ganze 25 bis 35 Prozent der vorhandenen IT-Kapazität aus. Das ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten kaum tragbar.

Wie lässt sich eine adaptive IT-Strategie technisch umsetzen?

Das funktioniert am besten, wenn der Anwender auf Standards setzt, und zwar sowohl bei der Hardware als auch bei den Betriebssystemen.

Ist das ein Plädoyer für Intel und ihre stategische Partnerschaft mit Microsoft?

Nein, denn jeder Anwender hat individuelle Anforderungen. Hewlett-Packard rät daher jedem Anwender, zunächst seine Business-Prozesse zu analysieren, diese anschließend so weit wie möglich zu vereinheitlichen und sie dann auf seine IT-Umgebung abzubilden. Das Resultat ist eine maßgeschneiderte Lösung, die jedoch auf Standardkomponenten aufsetzt.

Speziell bei den Server-Betriebssystemen kristallisiert sich immer stärker ein Zweikampf zwischen Windows und Linux heraus. Welche Position bezieht hier Hewlett-Packard?

Sie sagten ja, dass wir eine sehr enge Kooperation mit Microsoft pflegen. Wir arbeiten auf den Gebieten Engineering, Marketing und Vertrieb zusammen. Carly Fiorina (Chief Executive Officer von Hewlett-Packard; Anm. d. Red.) sagte vor kurzem, dass von jedem Dollar Umsatz, den Hewlett-Packard macht, etwa 50 Cent aus Projekten stammen, in die Produkte von Microsoft involviert sind. Das unterstreicht die Bedeutung dieser Zusammenarbeit. Auf der anderen Seite ist HP aber auch einer der Marktführer bei Linux. Das wird häufig übersehen.

Linux gewinnt auch bei HP an Gewicht Zwar pflegt Hewlett-Packard eine enge Partnerschaft mit Microsoft, doch hält sich das Unternehmen auch andere Optionen offen - darunter Linux. Immerhin drei Prozent des Umsatzes machte der IT-Konzern im Geschäftsjahr 2003 mit Linux-Produkten. Insgesamt waren dies 2,5 Milliarden Dollar. Im Vergleich zum Gesamtumsatz von mehr als 73 Milliarden Dollar ist das zwar eine relativ bescheidene Summe, doch ist HP offenbar entschlossen, das Linux-Produktsortiment weiter auszubauen. So präsentierte der Hersteller neue Referenzarchitekturen für das Open-Source-Betriebssystem, etwa auf Grundlage der 9iRAC-Datenbank von Oracle und des Weblogic-Servers von BEA.

Was raten Sie einem Anwender, der nicht weiß, ob er Linux oder Windows einsetzen soll?

Das hängt ganz davon ab, in welchem Bereich das Unternehmen das Betriebssystem einsetzen will. Wichtig ist, dass die Entscheidung auf Grundlage von Sachargumenten getroffen wird und nicht auf Basis von politischen Erwägungen, wie das in jüngster Zeit des Öfteren geschehen ist. Bei Linux sehe ich beispielsweise grundsätzlich noch ein Problem, wenn es auf unternehmenskritischen Systemen zum Einsatz kommen soll. Denn kein IT-Lieferant wird für eine Open-Source-Software die Gewährleistung übernehmen. Das könnte sich jedoch bald ändern, denn nach unserer Auffassung führt der Trend weg von Software, die kostenlos zur Verfügung gestellt wird.

Doch auch bei Windows ist nicht alles Gold, was glänzt. Microsoft will die Anwender zum Beispiel durch die Einstellung des Supports für NT 4.0 mit sanfter Gewalt dazu bewegen, auf Windows Server 2003 oder andere umzustellen.

Ich sehe das nicht so, denn häufig wird bei der Diskussion um die Migration von NT zu anderen Betriebssystemen die Lifecycle-Betrachtung unterschlagen. Wer ein altes Betriebssystem nutzt, bekommt mit Sicherheit Probleme, wenn er auf den Rechnern moderne Anwendungen einsetzen möchte oder sie mit neuen Hardware-Komponenten bestückt - Stichwort Treiber. Diese Schwierigkeiten zu lösen, kostet Zeit und Geld. Hinzu kommt, dass neue Betriebssysteme und Applikationen viel leichter zu bedienen sind und mehr Funktionen bieten. Wenn ein Anwender diese Faktoren in eine Gesamtkosten-Betrachtung mit einbezieht, wird er feststellen, dass eine Migration in den meisten Fällen der kostengünstigere Weg ist.

Noch einmal zurück zum Mittelstand: Wie sprechen Sie diese Klientel an?

Wir sprechen sie in enger Abstimmung mit unserem Regionalvertrieb und den lokalen und regionalen Partnern an. Ein Grund dafür ist, dass mittelständische Firmen völlig unterschiedliche Anforderungen an die Informationstechnik stellen, je nach Branche oder Unternehmensgröße. Ein Systemhaus vor Ort versteht am besten, welche speziellen Wünsche beispielsweise ein Automobilzulieferer hat. Unsere Aufgabe sehen wir darin, zusammen mit dem Partner Konzepte für dessen Kunden zu entwickeln und dann den entsprechenden Support zu bieten.

Kleine und mittlere Firmen im Fokus

HP-Chefin Carly Fiorina fasste Geschäftsbereiche von HP zur Technology Solutions Group zusammen, um Großkunden besser ansprechen zu können.

Foto: Jean-Marc Ferré/ITU

An die 21 Milliarden Dollar machte Hewlett-Packard eigenen Angaben zufolge im Geschäftsjahr 2003 mit kleinen und mittleren Kunden. Damit trugen "Small and Medium Businesses" (SMBs) fast 30 Prozent zum Gesamtumsatz des Konzerns bei, der im vergangenen Jahr insgesamt 73,1 Milliarden Dollar betrug. Hewlett-Packard gründet seine SMB-Strategie auf mehr als 210000 Partnerfirmen in aller Welt. Sie versorgen ihre Klientel nicht nur mit IT-Technik, sondern erarbeiten mit den Anwendern gemeinsam individuelle Lösungen. Zudem helfen sie bei Bedarf den Abnehmern dabei, die Produkte und Services zu finanzieren. Speziell dies ist für kleine und mittelständische Unternehmen interessant, seit die Banken in Deutschland die Richtlinien für die Vergabe von Krediten drastisch verschärft haben, Stichwort "Basel II". Doch nicht nur den Mittelstand will Hewlett-Packard besser bedienen. Im Dezember vergangenen Jahres gab Firmenchefin Carly Fiorina bekannt, dass die Bereiche Enterprise Systems und Services zur "Technology Solutions Group" zusammengelegt werden. Mit dieser Maßnahme will Fiorina erreichen, dass vor allem Großkunden besser betreut werden. Die Technology Solutions Group soll für diese Klientel als "One Stop Shop" dienen.

Das klingt gut, aber durch den Ausbau Ihres Beratungsgeschäfts machen Sie den Partnern zunehmend Konkurrenz.

Nein, wir gehen nur die Top-100-Firmen direkt an. Diese Unternehmen besitzen oft viele Standorte in aller Welt und erwarten von ihrem IT-Dienstleister, dass der sie vor Ort unterstützt. Die anderen Marktsegmente decken unsere Partner ab. Wir verfolgen ganz klar die Strategie, das Geschäft unserer Partner nicht zu torpedieren.

Sehen Sie darin auch ein Differenzierungsmerkmal zu Wettbewerbern wie IBM und Dell oder wie unterscheidet sich Hewlett-Packard von Konkurrenten wie IBM und Dell?

Wir entwickeln Lösungen nicht selbst, sondern abgestimmt mit unseren Software- und Lösungspartnern. Andere IT-Hersteller, wie IBM etwa, verfolgen die Strategie, ihre Kunden technologisch stark an sich zu binden. Dell wiederum verfügt über eine hervorragende Logistik, ist dafür aber nicht so innovativ wie Hewlett-Packard oder IBM. Alle drei IT-Anbieter stehen somit für unterschiedliche Strategien und unterscheiden sich stark voneinander - wobei die HP-Strategie sich langfristig für den Kunden als die bessere und erfolgreichere erweisen wird.


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Matchmaker+