Die Verlockung ist groß: Ohne Eigenkapital und Fachwissen hohe Handelsumsätze erwirtschaften. Die Ernüchterung folgt auf dem Fuß. Nicht alle Franchise-Systeme sind das Geld wert, für das aufwendige Prospekte gedruckt worden sind. Gerade etablierte Ladenhändler werden dabei von den etablierten Franchisegebern zunehmend umworben.
Wer Bernd-Rüdiger Faßbender über den Tisch ziehen will, muss früh aufstehen. Denn Faßbender kennt seine Pappenheimer. Und die haben es häufig faustdick hinter den Ohren. Bei solchen Leuten wird er zum Jäger, im Verbund mit Juristen, die sich weder vom Auftreten der Gejagten, noch von deren Hochglanzbroschüren irritieren lassen. Fassbender beobachtet mit Argusaugen ein lukratives Geschäftssystem: Franchise-Systeme. Denn er steht als Präsident und Vorstandsvorsitzender dem Deutschen Franchise Nehmer Verband vor. Zu seinen Aufgaben gehört es, vor jenen Franchise-Gebern zu warnen, die Interessenten nur abzocken wollen. »Es geht um sehr viel Geld, denn die Methoden der Abzocker werden immer raffinierter «, stellt er fest. Darum bedarf es auch geschickter Juristen, die in einem weitgehend ungeregelten Umfeld für Klarheit und Recht sorgen. »Sonst macht ein Existenzgründer schnell eine Bauchlandung, von der er sich nur schwer erholt.« Die Branche wird von Fachleuten wie dem Internationalen Centrum für Franchising und Cooperation an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als die »weltweit am stärksten wachsende Organisationsform « bezeichnet. Immerhin gab es im vergangenen Jahr in Deutschland etwa 870 Franchise-Systeme. Zehn Jahre zuvor waren es erst 560 Systeme. So rasant wie die Zahl der Systeme, ist auch deren Umsatz gestiegen. Bundesweit erwirtschafteten die 48.700 Franchise-Nehmer (24.000 im Jahr 1996) einen Gesamtumsatz von 32,3 Milliarden Euro. Zudem stellen die Franchise-Nehmer einen wichtigen Faktor in der Arbeitsmarktpolitik dar. Waren vor zehn Jahren noch rund 250.000 Menschen in einem Franchise-Betrieb beschäftigt, sind es jetzt bereits 421.000. Und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen, wie auch der Deutsche Franchise Verband in Berlin bestätigt, dem die Franchise-Geber von etwa 200 Systemen angehören. Sie unterstellen sich damit zugleich den strengen Regeln des Verbandes. Was natürlich nicht bedeutet, dass Nichtmitglieder unter den Franchise-Gebern deswegen weniger seriös sind.
Die lukrativen Aussichten locken aber nicht nur seriöse Anbieter an, sondern eben auch die schwarzen Schafe. »Schwarze Schafe gibt es überall«, sagt Faßbender, »aber der Anteil der unseriösen Franchise- Geber nimmt zum Glück nicht zu«. Aber es gibt auch unseriöse Franchise- Nehmer. Auch dort tummeln sich laut Fassbender Hasardeure, mit der Absicht, für lau und binnen kürzester Zeit einen Daueraufenthalt in der Karibik zu bekommen.
Das Mutterland für Franchising ist zweifellos die USA. Dort werden ungleich mehr Systeme angeboten als hierzulande. Aber auch in Deutschland verfügt mittlerweile fast jede Branche über solche Systeme. Baumärkte ebenso wie Autovermietungen, Buchhaltungs-Dienstleister, Fastfood-Ketten oder Bäckereien. Spitzenreiter in einer Franchise-Hitliste war im vergangenen Jahr der Reiseanbieter TUI/First mit 1.420 Betrieben, gefolgt von Foto Quelle mit 1.311 und der Kette McDonalds mit 1.262 Betrieben. Dass der Franchise-Gedanke immer mehr Verbreitung findet, begründet sich in zwei wesentlichen Faktoren: Franchise-Nehmer müssen mit der Unternehmensgründung nicht bei Null anfangen, sondern starten mit einem schlüsselfertigen, oft erfolgreichen Konzept. Außerdem haben sie durch das Netzwerk des Systems die Chance, sich stärker um das eigentliche Geschäft zu kümmern. Sie sind einfach näher am Kunden. Was allerdings nicht bedeutet, dass ihnen die Franchise- Geber das unternehmerische Risiko abnehmen. Trotzdem: In der Regel scheitern Franchise-Nehmer in den ersten vier Jahren nach der Gründung seltener aus als unabhängige Gründer.