VoIP in Unternehmen: Eine Entwicklung am Wendepunkt. Bereits seit mehreren Jahren beobachten Unternehmen mit Interesse die Entwicklung der »Next Generation« Voice-System-Plattformen auf der Grundlage paketvermittelter (IP-basierter) Technologien, während sich die in ihren Betrieben vorhandenen Voice-Switches auf das Ende ihrer Lebensdauer zubewegen oder dieses bereits erreicht haben.
Zwar sehen die Unternehmen inzwischen weitgehend die Vorteile und Möglichkeiten eines Einsatzes der Voice-over-IP (VoIP)-Technologie für ihre Kommunikationsanforderungen, aber dennoch zeigen sich viele Führungskräfte enttäuscht darüber, dass diese Techniken (und die damit verbundenen Vorteile) viel zu langsam in funktionsfähige Kommunikationsnetzwerke umgesetzt werden. Aufgrund der erfolgreichen Marketing-Initiativen sowohl der Equipment-Lieferanten als auch der Service Provider haben die Unternehmer die potenziellen wirtschaftlichen Vorteile und Produktivitätsgewinne der VoIP-Lösungen erkannt. Die Mitarbeiter in den Unternehmen zeigen ihren Chefetagen jedoch generell eine wesentlich vorsichtigere Einstellung hinsichtlich der Migration des betrieblichen Sprachnetzes zu einem VoIP-basierten gemeinsamen Kommunikationsnetzwerk.
Die wahrgenommene Reife und Stabilität VoIP-basierter Unternehmenslösungen hat in den letzten zwölf bis achtzehn Monaten zwar erheblich zugenommen. Aber viele Unternehmen betrachten den Ausbau ihrer leitungsvermittelten Voice-Systeme zur VoIP-Telefonie nach wie vor mit äußerster Skepsis. Letztendlich sträuben sie sich dagegen, Kapital in neue VoIP-basierte Systeme zu investieren, die erst noch das Versprechen echter offener Standards? und innovativer Anwendungen sowie messbarer wirtschaftlicher Erfolge oder Produktivitätssteigerungen unter Beweis stellen müssen. Dennoch sollte sich die strategische Orientierung der Unternehmen auf die VoIP-Technik konzentrieren, da die Entwicklung des leitungsvermittelten Equipments so gut wie zum Erliegen gekommen ist. Viele Branchenexperten sagen voraus, dass die Umsätze mit VoIP-basiertem Equipment innerhalb
der nächsten zwei Jahre die mit konventionellen, leitungsvermittelten Systemen übersteigen werden. Die Stabilität und Skalierbarkeit des IP-basierten PBX-Equipments hat die Akzeptanz dieser VoIP-basierten Systeme bei praktisch allen Equipment-Neukäufen angeheizt und beschleunigt.
Die Tatsache, dass der IP-PBX-Markt in den letzten Jahren erhebliche Zuwächse erlebt hat, könnte zu falschen Schlussfolgerungen über die Lage in der Branche führen. Zwar wurde für die Internet-Telefonie von den Normenausschüssen ein Rahmenwerk offener Standards unter der Bezeichnung Session Initiation Protocol (SIP) definiert. Fakt ist jedoch, dass dieser zukunftsorientierte Standard heute noch relativ unausgereift und unterentwickelt ist. Die meisten Hersteller von IP PBX-Equipment für Unternehmen setzen deshalb nach wie vor auf betriebseigene Technologien und dem Markt fehlt jede ernst zu nehmende Motivation, von den derzeitigen geschlossenen VoIP-basierten Systemen auf Architekturen und Produktimplementierungen überzugehen, die auf »echten« offenen Standards basieren. Die Möglichkeit der Einführung vollständig offener Standards stellt einen Anreiz für die Unternehmen dar, die wirtschaftlichen Vorteile und Anwendungsvorzüge von Multi-Vendor-Lösungen gegenüber einem Alleinlieferanten-Modell zu nutzen. Das Angebot von Produkten auf der Grundlage echter offener Standards wird auch vielen neuen Marktteilnehmern den Markteintritt ermöglichen und zu verstärkter Innovation und mehr Wettbewerb innerhalb der Branche führen. Deshalb sollten die Unternehmen die Beschleunigung der Entwicklung von Standards bei ihren Lieferanten aktiv und spürbar unterstützen, um so eine Änderung herbeizuführen. Ohne diese Marktdynamik sind die Unternehmen noch länger dazu verdammt, die Leistungsmerkmale, Funktionen und Grenzen veralteter Sprachnetze einfach zu replizieren, statt die echten Vorteile der VoIP-basierten Kommunikation nutzen zu können.
Mark Cortner ist Senior Consultant für den Network and Telecommunications Strategies (NTS)-Service der Burton Group. Er beschäftigt sich seit mehr als 18 Jahren mit Produktentwicklung, Produktmanagement und strategischer Entwicklung von breitbandbasierten Technologien. Zu seinen Fachschwerpunkten zählen VoIP, IP-Telefonie und Collaborative Communication-Produkte für die Echtzeit-Kommunikation.