Wertpapierverwaltung mit SOA. Die Bundeswertpapierverwaltung ist teils Behörde und teils Bank. Um den gewachsenen Anforderungen entsprechen zu können, restrukturiert die IT ihre Altanwendungen mit moderner Middleware.
Wer Schulden macht, muss diese auch verwalten. Schon im Jahr 1820 gründete daher König Friedrich Wilhelm III. die Preußische Hauptverwaltung der Staatsschulden, aus der die Bundesschuldenverwaltung hervorging. Anfang 2002 in Bundeswertpapierverwaltung (BWpV) umbenannt, teilt sich die zum Geschäftsbereich des Bundesfinanzministeriums gehörende Behörde die Aufgaben des Schuldenmanagements der Bundesrepublik Deutschland mit der Finanzagentur GmbH, unter deren Dach sie ab August ihre Kernaufgaben weiter wahrnehmen wird. Als Notariat beurkundet sie die vom Bund aufgenommenen Anleihen und trägt diese ins Bundesschuldbuch ein. Als Direktbank beschafft sie zum einen die benötigten Mittel am Kapitalmarkt durch die Ausgabe verzinster Wertpapiere wie Bundesanleihen oder Bundesschatzbriefe. Zum anderen sorgt sie dafür, dass die Gläubiger ihre Zinsen und Kapitalrückzahlungen erhalten. Zum 31.12.2005 verwalteten 430 Mitarbeiter Schulden von 888 Milliarden Euro und über 800000 Konten oder Depots für private und institutionelle Anleger, die bei der BWpV direkt und ohne Vermittlungskosten dem Bund Geld leihen können.
Historische gewachsene Anwendung
Seit 1986 setzt die BWpV ein Großrechnerverfahren namens Navis (Neues automatisiertes Verfahren im Schuldbuch- und Schuldscheindarlehensbereich) im operativen Geschäft ein. Navis ist das zentrale Anwendungssystem der BWpV zum Verwalten und Verwahren der Wertpapiere des Bundes. Es bildet den Lebenszyklus eines Wertpapiers ab von der Emission bis hin zur Tilgung. Als Individualentwicklung basiert die Lösung auf der Datenbank Adabas und der Entwicklungsumgebung Natural des Herstellers Software AG.
Mit dem Anwachsen der zu verwaltenden Konten und der Einführung inzwischen selbstverständlicher Dinge wie Internet-Banking und zeitnahen Kundenauskünften stieß Navis allerdings an seine Grenzen. Vor allem die historisch gewachsene, monolithische Architektur erwies sich als Problem. »Standardprozesse hatten zu lange Durchlaufzeiten«, erläutert Dr. Thomas Dress, Vizepräsident der BWpV. Die Bearbeitung von verknüpften Aufgaben, wie etwa eine Adressänderung in Verbindung mit einem Freistellungsauftrag, beanspruchte mehrere Tage, was nicht mehr tragbar war. Auch die zeichenbasierten 3270-Terminals entsprachen nicht mehr dem inzwischen erreichten Stand der Technik. Als extrem unflexibel erwies sich weiterhin die enge Verzahnung von Prozess- und Verarbeitungslogik. »Da die Prozesslogik im alten Navis in den Programmen verankert war«, erklärt Dress, »verursachte jede Änderung, wie beispielsweise die Einführung eines Werkzeugs zur Bearbeitung neuer Wertpapierkategorien, immensen Aufwand.« Schnelle Reaktionen auf veränderte Bedingungen im Wertpapierbereich waren damit praktisch ausgeschlossen.