Auch bezüglich des “Chip- und Halbleiterproduzenten” TSMC gibt es interessante Erkenntnisse: Dass TSMC angeblich auf vermeintliche Deals mit Apple “schnell reagieren kann”, wird nicht mit erweiterter Produktionskapazität begründet, sondern damit, dass er “breit aufgestellt sei” und “Halbleiter aller Art” fertige. Wenn mir jemand diese Logik erklären könnte, würde ich mich sehr freuen. Auch dass die für Apple gefertigten App-Prozessoren ermöglichen, dass “Applikationen Energie sparend von Nutzern aufgerufen werden können”, hat sich mir noch nicht erschlossen.
Viel schlimmer als diese und andere sachliche Fehler, mit denen der Bericht gespickt ist, empfinde ich jedoch die falschen Vorwürfe an den deutschen Chip-Hersteller Infineon. Den folgenden Absatz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: “Doch es gibt Halbleiterproduzenten, die völlig losgelöst sind von dem weltweiten Auf und Ab. Die vieles besser machen als krisengeschüttelte Konkurrenten wie etwa der Münchner Konzern Infineon. Der Chip-Hersteller hatte im Herbst 2010 seine Mobilfunksparte „Wireless Solutions“ an Intel verkauft. Schön blöd!”.
Zum einen ist mir kein Halbleiterhersteller bekannt, der nicht vom zyklischen Geschäft der Branche betroffen wäre – Xilinx und TSMC sicherlich schon gar nicht. So wurde verschwiegen, dass Xilinx’ Aktienkurs schon Anfang 2004 höher war als derzeit – und seitdem viele lokale Maxima und Minima durchlaufen hat, genau wie der von TSMC. Letzterer hatte übrigens erst kürzlich wieder ein ausgeprägtes lokales Minimum und den Höchststand von Mai 2013 noch längst nicht wieder erreicht.
Infineon als “krisengeschüttelt” zu bezeichnen, empfinde ich Stand Juli 2013 mit Milliarden-Reserven auf den Konten angesichts der Aktienrelevanz der Berichterstattung eines führenden Wirtschaftsmagazins als fast schon kriminell. Leider hat die Kollegin nicht ausgeführt, wo genau die Krise schütteln soll – vielleicht hätte sie vor ihrer Wertung die Charts von IDC, Gartner, ICInsights und anderen Chip-Analysten lesen sollen. Warum der Verkauf des Wireless-Bereiches an Intel zu einem mehr als fairen Preis “schön blöd!” sei, wurde leider auch nicht weiter begründet. Dies wäre vermutlich auch schwierig geworden angesichts der Tatsache, dass sämliche Branchenexperten und Analysten diesen Deal sehr gelobt haben unter Berücksichtigung der schier übermächtigen Konkurrenz von Marktführer Qualcomm und Broadcom. Das europäische Wireless-Joint-Venture STEriccson wird als Kontrast zu Infineons Deal bekanntlich wegen laufender hoher Verluste dichtgemacht und Mutterkonzern ST Microelectronics darf fleissig Millionenbeträge abschreiben - ob das wirklich besser ist, als - wie Infineon es getan hat - 1,4 Mrd. Dollar in Bar zu kassieren?