Nach der Genehmigung der Tesla-Fabrik durch das Land schickt Elon Musk Dankesworte Richtung Brandenburg. Doch wird er für die Produktion auch genügend Wasser haben? Ein Gerichtsurteil zur Wasserentnahme könnte für Probleme sorgen.
Nach der Genehmigung des Landes Brandenburg für das Tesla-Werk in Grünheide bei Berlin könnte ein Gerichtsurteil für Probleme bei der Wasserversorgung am Standort der „Gigafactory“ sorgen. Wegen eines Verfahrensfehlers darf der zuständige Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) nach einer Entscheidung des Gerichts im Wasserwerk Eggersdorf kein Wasser fördern. Der Verband sprach am Samstag von einem „Fiasko“. Der schlechteste Fall sei eingetreten, denn es gehe um die Gesamtmenge im Wasserwerk von 3,759 Millionen Kubikmeter im Jahr, die nun nicht gefördert werden dürfe, erklärte Sprecherin Sandra Ponesky der Deutschen Presse-Agentur. „Wenn das Land jetzt nicht schnell reagiert und eine Duldung für die Wasserförderung ausstellt, bis das Verfahren nachgeholt wurde, haben wir im Prinzip nicht mehr genug für die öffentliche Trinkwasserversorgung, damit auch nicht für Tesla.“
Rund zwei Jahre nach dem Baustart hatte Tesla am Freitag durch das Land grünes Licht für seine Fabrik erhalten – unter Auflagen. Diese Vorgaben will Tesla nach Angaben der Landesregierung innerhalb von zwei Wochen abarbeiten und rasch mit der Produktion beginnen. Tesla-Chef Elon Musk bedankte sich via Twitter für die Genehmigung. „Die Zukunft ist sehr spannend!“, schrieb Musk in der Nacht zum Samstag auf Deutsch. „Ich möchte mich recht herzlich bedanken.“ Das Projekt gilt als eines der wichtigsten Industrievorhaben in Ostdeutschland.
Wasser soll der US-Elektroautobauer durch einen Versorgungsvertrag mit dem Wasserverband Strausberg-Erkner erhalten, dem die Wasserentnahme nun per Gerichtsurteil untersagt wurde. In dem Verfahren hatte das Verwaltungsgericht die Bewilligung für eine zusätzliche Wasserentnahme in der Wasserfassung Eggersdorf für „rechtswidrig“ und nicht „vollziehbar“ erklärt. Das Gericht begründete die Entscheidung mit einem Verfahrensfehler und gab damit der Klage der Umweltverbände Grüne Liga und Nabu teilweise statt.
Das Landesamt für Umwelt (LfU) habe die Öffentlichkeit nicht bei der Entscheidung über eine Erhöhung der Fördermengen von 2,5 auf 3,57 Millionen Kubikmeter im Jahr beteiligt, führte das Gericht aus. Die Öffentlichkeitsbeteiligung muss nun nachgeholt werden. Erst dann könne die erhöhte Förderung beginnen. Offen ist, wie lange das dauern wird. Gegen die Entscheidung können Rechtsmittel eingelegt werden.
Das Umweltministerium begrüßte die vom Gericht aufgezeigte Möglichkeit, die Öffentlichkeitsbeteiligung in einem ergänzenden Verfahren nachzuholen, ohne dass die Gesamtplanung infrage gestellt sei. Das Urteil und die Begründung dazu würden ausgewertet und daraus erwachsende notwendige Schritte eingeleitet, hieß es am Samstag.
Der Anwalt der Umweltverbände, Thorsten Deppner, wertete die Gerichtsentscheidung erst einmal als Erfolg für die Naturschützer. „Das ist halt das, was passiert, wenn man versucht, so eine komplexe Industrieansiedlung quasi mit durchgedrücktem Gaspedal durchzuboxen“, sagte er der dpa. Deppner will mit Blick auf weitere aus Sicht der Verbände fehlende Prüfungen die Urteilsbegründung abwarten. Wenn das Gericht nur bei diesem Verfahrensfehler bleibe, müsse man über die Einlegung von Rechtsmitteln gegen die Entscheidung nachdenken.
Das Verwaltungsgericht hatte ausgeführt, dass notwendige Prüfungen zur Wasserentnahme fehlerfrei erfolgt seien. Mit Blick auf die bewilligte Entnahmemenge bestehe keine Diskrepanz zwischen Grundwasserentnahme und -neubildung, so das Gericht. „Das vorhandene Grundwasserdargebot ist auch langfristig ausreichend, um die Bevölkerung und Industrieansiedlungen zu versorgen“, so das Gericht. Der Wasserverband Strausberg-Erkner hatte bereits angekündigt, den Vertrag mit Tesla zu kündigen, wenn er die Wasserbewilligung nicht erhält. „Das reicht nicht für unsere 170.000 Menschen im Verbandsgebiet und damit natürlich auch nicht für Tesla. Wir müssen die Notbremse für unsere Bürger ziehen, weil die öffentliche Wasserversorgung Vorrang hat“, sagte Ponesky am Samstag.
Das Urteil sei ein Beispiel für die Inkompetenz der Behörden und für die Überheblichkeit, mit der sie die letzten zwei Jahre gearbeitet haben, kritisierte die WSE-Sprecherin. „Das Land ist nun am Zug, um zu zeigen, wie wichtig ihnen die öffentliche Trinkwasserversorgung ist.“
Update vom 07.03., 20 Uhr: Nach dem Urteil über die rechtswidrige Wassergenehmigung will Brandenburg einen Teil des Wassers fließen lassen. Das Umweltministerium kündigte am Montag an, das Landesumweltamt werde dulden, dass der Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) einen Teil der betroffenen Menge weiterbezieht. Der WSE sieht weiter ein Problem. Tesla hat mit dem Wasserverband einen Versorgungsvertrag geschlossen. Der WSE soll Tesla jährlich mit 1,4 Millionen Kubikmeter Trinkwasser beliefern – das gilt aber erst, wenn in der Fabrik 500.000 Autos im Jahr hergestellt werden. Das Brandenburger Landesumweltamt hatte den Bau der Fabrik mit über 400 Auflagen und Bedingungen erst am Freitag genehmigt. Das Gericht gab am selben Tag einer Klage der Grünen Liga und des Nabu Brandenburg gegen das Landesumweltamt teilweise statt. Tesla verwies am Montag darauf, dass das Gericht die Bewilligung inhaltlich als rechtmäßig ansehe.
Das Land will die Versorgung sicherstellen. Das Landesamt für Umwelt werde dem Wasserverband kurzfristig erklären, dass der Weiterbetrieb des Wasserwerks Eggersdorf bis auf Weiteres im Umfang von 2,518 Millionen Kubikmeter pro Jahr hingenommen werde, teilte die Sprecherin des Umweltministeriums, Frauke Zelt, der Deutschen Presse-Agentur mit. Das entspricht der Fördermenge vor der beantragten Erhöhung auf 3,759 Millionen Kubikmeter, um die es in der Klage ging. „Ein solches Vorgehen ist zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Wasserversorgung geboten.“ Die Beteiligung der Öffentlichkeit könne nach Vorliegen der Urteilsbegründung rund vier Monate dauern.
Eine Duldung liege dem Wasserverband noch nicht vor, sagte Sprecherin Sandra Ponesky am Montagnachmittag. Selbst wenn der Bescheid käme, wäre die Fördermenge der Status vor der Ansiedlung von Tesla. Das würde bedeuten, dass die Grundlage für den Versorgungsvertrag mit dem US-Elektroautobauer wegfalle. „Wir können dann die Menge, die wir Tesla zugesagt haben, nicht liefern.“
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hält einen Produktionsstart der ersten E-Auto-Fabrik von Tesla in Europa noch in diesem Monat für möglich. Am vergangenen Freitag habe die Landesregierung die Genehmigung an Tesla übergeben, „so dass wir damit rechnen können, dass im März (...) noch die Produktion anläuft in Grünheide“, sagte Woidke am Montag beim Festakt zum Aufbau des Lausitz Science Parks in Cottbus. Die Autofabrik sei „ein weiterer sichtbarer Punkt dafür, dass Brandenburg gerade im Bereich der klimaneutralen Mobilität „the place to be“ (der angesagte Ort) sei.
Das Werk steht bereits – von Tesla auf eigenes Risiko über fast 20 vorzeitige Zulassungen gebaut. Laut Umweltministerium will Tesla die Voraussetzungen zur Inbetriebnahme innerhalb von zwei Wochen erfüllen. Das Unternehmen äußerte sich nicht über einen konkreten Zeitpunkt, gab aber das Ziel aus, so rasch wie möglich zu beginnen.
Update vom 10.03: Umweltministerium sieht keinen Wassermangel für Tesla
Das Brandenburger Umweltministerium hat die Befürchtung eines drohenden Wassermangels für die Fabrik von US-Elektroautobauer Tesla nach einem Gerichtsurteil zurückgewiesen. „Es wird einen wesentlich niedrigeren Bedarf erstmal geben und den sehen wir auch als gesichert an“, sagte Umweltminister Axel Vogel (Grüne) am 9. März im Umweltausschuss des Landtags. Deshalb sei alles „im grünen Bereich“. Er sprach von einer Gespensterdiskussion. Der Wasserverband Strausberg-Erkner nutze bisher nicht alle genehmigten Wassermengen von 17 Millionen Kubikmeter pro Jahr, sondern rufe regelmäßig 10 Millionen Kubikmeter im Jahr ab.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) hatte am Freitag eine Genehmigung zur Förderung von Wasser aus dem Wasserwerk Eggersdorf aus dem Jahr 2020 als rechtswidrig bezeichnet. Damit gab es einer Klage von Grüner Liga und Naturschutzbund Brandenburg statt. Der Grund: Eine Öffentlichkeitsbeteiligung zum Antrag auf die Erhöhung der Fördermenge von laut Ministerium rund 2,5 Millionen auf 3,6 Millionen Kubikmeter pro Jahr muss nun nachgeholt werden. Das Landesumweltamt will nun aber dulden, dass der Wasserverband die frühere Menge von rund 2,5 Millionen Kubikmetern zunächst weiterbezieht. Erst soll die Urteilsbegründung abgewartet werden.
Das Thema löste eine lebhafte Debatte aus. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Thomas Domres, schlug einen Runden Tisch vor. Das Ministerium oder das Landesumweltamt solle auf die Region zugehen und Bürgerinitiativen, Umweltverbände und Kommunen zusammenbringen. Dafür sprach sich auch der AfD-Abgeordnete Lars Günther aus.
Der Freie-Wähler-Abgeordnete Philip Zeschmann kritisierte, dass nur die Förderung der früheren Wassermenge geduldet werden soll. Das vermittle den Eindruck, als werde die Wasserförderung für die Haushalte, aber nicht für den Betrieb der Tesla-Fabrik geduldet. Nach Angaben des Ministeriums ist der Verband technisch bisher noch nicht in der Lage, die zusätzlich beantragte Wassermenge zu fördern.
Das Land Brandenburg hatte den Bau der Fabrik am vergangenen Freitag mit zahlreichen Auflagen genehmigt. Wann die ersten Autos von den Bändern rollen, ist unklar. Die Beteiligung der Öffentlichkeit, die nachgeholt werden muss, soll laut Ministerium vier Monate umfassen. Der Umweltausschuss plant für den 3. Juni eine Besichtigung des Werks in Grünheide.