Der diesjährige Bell Labs Open Day von Alcatel-Lucent am 8. Oktober in Stuttgart stand ganz im Zeichen von Innovationen für energieeffiziente und umweltfreundliche Netze. Unter dem Motto "Going Green and Smart" erläuterten Experten die Forschungsansätze des Unternehmens für "grüne" Telekommunikations- und "smarte" Energienetze. Das größte Potenzial für Effizienzsteigerungen sehen die Forscher im Mobilfunk. Forscher der Bell-Laboratorien hatten Anfang dieses Jahres bereits eine Studie vorgestellt, wonach hier theoretisch Energieeinsparungen um den Größenfaktor 10.000 möglich sind.
Die Bell-Labs-Forscher stellten ihre Forschungsarbeiten in Stuttgart Besuchern aus der
Telekommunikations- und Energiebrache, Wissenschaftlern und Politikern vor. Ansatzpunkte für eine
nachhaltige "Begrünung" der TK- und Energienetze sind neben dem Stromverbrauch der Systeme vor
allem neue Netzarchitekturen, in denen die Geräte effizienter zusammenarbeiten. Im begleitenden
Vortragsprogramm diskutieren Unternehmenslenker und Wissenschaftler, darunter der Physiker und
Umweltwissenschaftler Professor Dr. Ernst-Ulrich von Weizsäcker, den Beitrag der Informations- und
Kommunikationstechnik zur Umweltschutzproblematik.
Die Bell Labs arbeiten an neuen Möglichkeiten, das steigende Verkehrsaufkommen mit möglichst
wenigen Geräten, möglichst geringen CO2-Emissionen und möglichst kostengünstig abzuwickeln. Für den
Mobilfunk entwickeln sie in Deutschland beispielsweise ein Hardwarekonzept für Basisstationen, das
vorsieht, die Sende- und Empfangseinheit der Basisstation in die Antenne zu integrieren. Solche
integrierten Baugruppen, sogenannte Active Antenna Elements (AAE), machen die Sende- und
Empfangseinheit beziehungsweise abgesetzte Antennen (Remote Radio Heads, RRH) in bestimmten
Netzinstallationen überflüssig. Dies verringere den Energie-, Platz- und Installationsbedarf. Ein
solches integriertes Hardwarekonzept sei zugleich Basis für MIMO-Systeme (Multiple Input/Multiple
Output) und für höhere Mobilfunkkapazität an Hotspots.
Andere Ansätze zielen darauf ab, den Energieverbrauch von Basisstationen stärker von der
tatsächlichen Last abhängig zu machen und durch intelligentes Last-Management zu erreichen, dass
bei niedriger Last einzelne Zellen komplett abgeschaltet werden können. Zudem arbeiten die
Mobilfunkspezialisten an neuen Hardwarearchitekturen und an verbesserten Komponenten, was die
Energieeffizienz der einzelnen Mobilfunkzellen erhöhen soll.
Für optische Netze entwickeln die Forscher der Bell Labs beispielsweise "Dynamic Optical Bypass"
-Konzepte. Beim optischen Bypass geht es darum, in einem konvergenten Pakettransportnetz, in dem
Optical- und IP-Netzelemente integriert zusammenarbeiten, den Verkehr möglichst häufig über
optische Netzelemente zu leiten, da sie weniger Strom als IP-Router verbrauchen. Dafür werden
geeignete Strategien, Auslösemechanismen und Implementierungen gesucht.
Auch an Cloud-Techniken forschen die Bell Labs. Cloud-Dienste tragen alleine deshalb zu einer
Energieeinsparung in den Netzen bei, weil sie auf netzbasierten Systemen ablaufen, die dynamisch
für zahlreiche Anwender nutzbar sind. Infrastruktur für öffentliche Cloud-Dienste muss nicht lokal
vorgehalten werden, was CO2-Emissionen vermeidet. Die Bell Labs arbeiten unter anderem an einem
ganzheitlichen Ansatz für eine ressourcenoptimierte Cloud-Service-Architektur, dem so genannten "
Service Nexus". Die Idee dahinter ist, dass die jeweilige Anwendung stets auf dem am besten
geeigneten Netzelement ausgeführt wird und zugleich der effizienteste Kommunikationsweg gewählt
wird.
Stefan Mutschler/wg