Methoden der WAN-Optimierung

Auf Langstrecken den Turbo zuschalten

9. März 2005, 0:16 Uhr | Marius Bodor/wg Marius Bodor ist Channel Sales Manager Central Europe bei Expand Networks.

Performance-Probleme bei den Applikationen und eine häufig überbelastete WAN-Anbindung haben sich unter IT-Administratoren zum Dauerthema entwickelt. Denn zentralisierte IT-Strukturen, globale Märkte, die Ausbreitung von Intranets und wichtige LAN-übergreifende Geschäftsanwendungen sorgen dafür, dass immer mehr Daten über Weitverkehrsstrecken strömen.

Um Performance-Problemen im Weitverkehrsnetz zu entgehen, rüsten die betroffenen Unternehmen
existierende WAN-Strecken auf. Diese Maßnahme ist oft mit hohen Investitionen und umfangreichen
Umbauarbeiten verbunden. Laut einer Studie des Marktforschungsinstituts Gartner ist das WAN in
IT-Abteilungen nach dem Personal sogar der zweitgrößte Kostenfaktor. Dafür sorgen nicht allein die
Anschaffungs-, sondern unerwartete Folgekosten. Denn wer ständig in mehr Bandbreite investiert,
trägt nicht zwangsläufig zur Optimierung seines Netzwerks bei. E-Mails, Web-Surfing oder
Dateitransfers nehmen die hinzugewonnenen Ressourcen schnell wieder in Anspruch. Das Risiko ist
groß, dass geschäftskritische Anwendungen dabei auf der Strecke bleiben.

Der Einsatz von Accelerators – dedizierten Appliances für die WAN-Beschleunigung – ermöglicht es
jedoch, die Bandbreite effizienter und kostengünstiger zu nutzen. Solche Accelerators komprimieren
Daten und beschleunigen die Übertragung. Sie erhöhen die Kapazität, den Durchsatz und die
Geschwindigkeit der WAN-Anbindungen. Wie sehen solche alternativen Upgrade-Strategien aus, und
welche Rolle spielt dabei die Kombination der einzelnen Methoden?

WAN-Optimierung als Prozess

Bevor ein Unternehmen die Bandbreite aufstockt, sollte es die Datenströme analysieren,
vorhandene WAN-Leitungen effizienter organisieren und das Maximum aus den Ressourcen herausholen.
Andernfalls frisst der Datenverkehr das Mehr an Leitungskapazität schnell wieder auf. Die
WAN-Optimierung ist also ein Prozess: Sie setzt ein vernünftiges Überdenken der bestehenden
IT-Infrastrukturen, aber auch der finanziellen Ressourcen voraus. Erst im Zuge einer grundlegenden
Situationsanalyse lassen sich geeignete Methoden festlegen.

Kosteneffiziente Lösungen zur WAN-Optimierung verbessern nicht nur den WAN-Durchsatz und sorgen
für höhere Geschwindigkeit auf der Datenautobahn, sie verbessern auch die Antwortzeiten der
Applikationen. Im günstigsten Fall liefern diese Lösungen zudem applikationsbezogene
Kontrollmechanismen. Dadurch können Systemadministratoren IT-Ressourcen mit den vorrangigen
Geschäftszielen verbinden. Die heute üblichen Alternativen zur Erhöhung und Optimierung der
Bandbreite heißen anwendungsspezifische Beschleunigung, Datenkompression und
Bandbreitenmanagement.

Anwendungsspezifische Beschleunigung

Die anwendungsspezifische Beschleunigung stellt einen Durchbruch bei der WAN-Optimierung dar.
Diese Methode verringert zusammen mit der Datenkompression die Antwortzeiten der Anwendungen.
Netzwerkbeschleuniger lassen sich nahtlos in bestehende Netzwerke integrieren. Sie erhöhen
unmittelbar die Leistungsfähigkeit des Netzwerks gemessen an Kapazität, Durchsatz und
Geschwindigkeit für alle Nutzer und Anwendungen um 100 bis 400 Prozent. Das entspricht einer
Verminderung des zu übertragenden Datenvolumens auf lediglich 20 bis 50 Prozent des
Originaldatenstroms. Spitzenwerte liegen sogar bei bis zu zehnfacher Kapazitätssteigerung. Man
unterscheidet die Beschleunigung von HTTP-, HTTPS-, DNS-, FTP- sowie generell TCP-Verkehr.

HTTP Acceleration verkürzt die Antwortzeiten von Webanwendungen, indem sie wiederholte Downloads
häufig angefragter Objekte und Anwendungen vermeidet: Durch lokales Speichern solcher Webinhalte
erübrigt sich der Aufbau einer Verbindung ins Internet oder Intranet für jede einzelne Webanfrage.
Das entlastet die WAN-Strecken. Diese Methode verringert die Antwortzeit und steigert die
Verfügbarkeit von Internetinhalten. Sie sorgt für einen Durchsatzgewinn von zirka 30 Prozent.

HTTPS Acceleration ermöglicht die Kompression verschlüsselter Daten. Das Verfahren verkürzt die
Antwortzeiten von sicheren Application-Servern, indem es TCP-Verbindungen zu Browsern und
Webservern optimiert. Die Möglichkeit der Verschlüsselung des Datenstroms zwischen Beschleunigern
kann eine Alternative zum Einsatz von VPN-Gateways sein.

Die DNS Acceleration (Domain Name System) speichert häufig nachgefragte DNS-Auflösungen eine
Zeitlang lokal. So lassen sich weitere identische DNS-Requests sofort beantworten, ohne erneut die
Rekursion durchlaufen zu müssen. FTP Acceleration verkürzt Antwortzeiten durch die Beseitigung
langer FTP-Transaktionen. Auch dieses Verfahren bedient sich der lokalen Speicherung häufig
aufgerufener Dateien.

Komplexer ist die Vorgehensweise bei der TCP Acceleration (Transport Control Protocol).
Manipulationen am TCP- und UDP-Übertragungsmechanismus ermöglichen Datentransfers über die übliche
Bandbreite hinaus und verringern die Latenzzeit wie auch den Datenverlust. Die Implementierung
erfolgt zum Beispiel mit dem SCPS-Protokoll (Space Communications Protocol Standards), ursprünglich
eine Entwicklung der NASA und des US-Verteidigungsministeriums. Im Bereich der TCP-Acceleration
erleichtert diese Methode die satellitengestützte Kommunikation. Sie kann Unternehmen in großem
Stil helfen, Daten auch an abgelegene Niederlassungen zu übertragen und dabei schnell und
zuverlässig zu komprimieren.

Bandbreitenmanagement

Ein Bandbreitenmanagementsystem soll den Datendurchsatz optimieren. Dazu versieht es Datenpakete
sensitiver Geschäftsprozesse mit höherer Priorität als Daten unkritischer Anwendungen. Dies
verbessert das Antwortzeitverhalten bestimmter Applikationen. Andere Anwendungen laufen dafür aber
weniger performant, da sich an der verfügbaren Bandbreite und der Menge der Daten insgesamt nichts
ändert. Das Verfahren definiert lediglich, wie die Bandbreite sinnvoll unter den Anwendungen und
Benutzern aufzuteilen ist. Der Vorgang ist übrigens jedes Mal zu wiederholen, wenn sich die
Prioritäten in Bezug auf neue Geschäftsanwendungen oder neue Anwender ändern. Bandbreitenmanagement
ist hauptsächlich für solche Unternehmen interessant, die bereits heute über genügend Bandbreite
verfügen und lediglich für ausgewählte Applikationen eine ausreichende Performance sichern
wollen.

Das Verfahren ist nicht neu: In der Welt der Router dient es seit Jahren der Sicherung von
Quality of Service (QoS). Für QoS sorgen Verfahren zur Priorisierung von Datenpaketen, darunter das
Priority Queuing mit hoher, mittlerer und niedriger Priorisierung und das Weighted Fair Queuing zur
Priorisierung kleiner Pakete. Beispielsweise VoIP-Verbindungen (Voice over IP) oder Dialogsitzungen
erfahren so bevorzugte Behandlung. Es ist zudem möglich, QoS-Regelwerke zu erstellen, die zeitlich
begrenzt für immer wiederkehrende Prozesse wirken. Sie regeln zum Beispiel bei der Synchronisation
von E-Mail-Servern umfangreiche Datentransfers, die zu genau bekannten Zeitpunkten ablaufen.

Eine Beschleunigung und Priorisierung von Applikationen wäre durch einfaches Bandbreiten-Upgrade
nicht möglich. Netzwerkbeschleuniger hingegen unterstützen auch MPLS (Multi-Protocol Label
Switching), einen heute weit verbreiteten Standard für die Datensteuerung in Carrier-Netzen. Das
erlaubt QoS bis zur Applikationsebene, maximiert die Applikations-Performance und steigert die
Effizienz des Netzwerks. So kann beispielsweise eine CRM-Applikation (Customer Relationship
Management) eine bestimmte, zeitlich begrenzte Priorität erhalten. Innerhalb dieses Kanals sichert
MPLS dann eine hohe Performance.

Datenkompression

Die Datenkomprimierung stellt einen enorm wichtigen Bestandteil effizienter Bandbreitennutzung
dar. Entscheidend ist, die richtige Balance zwischen Geschwindigkeit und Effizienz zu finden. Die
Algorithmen zur Datenkompression bilden eine alternative WAN-Upgrade-Strategie und liefern einen
ausgezeichneten Return on Investment (ROI) von drei bis neun Monaten. Die Kombination aus Byte
Level Caching, Packet Header Reduction und "Adaptive Packet Compression" optimiert die
Header-Information der Datenpakete und reduziert deren Gesamtgröße. Adaptive Packet Compression
prüft, ob es sich lohnt, die Nutzdaten noch weiter zu komprimieren.

Monitoring, Management und Reporting

Eine intelligente Lösung zur WAN-Optimierung kann aber noch mehr als die Kapazität im
Weitverkehrsnetz zu erhöhen: Sie bildet idealerweise die Plattform für weitere integrierte
Anwendungen. So dienen Netzwerkbeschleuniger auch zur Überwachung des Netzwerks. Die IT-Abteilung
kann die erreichten Resultate, die Analyse des Datenstroms oder eine Vorher-/Nachher-Aussage für
jedes Ziel in Echtzeit grafisch anzeigen lassen und auswerten.

Zudem bieten Netzwerkbeschleuniger zentrale Abfragefunktionen. So lässt sich zum Beispiel
feststellen, welche Bandbreite in welchem Umfang genutzt wird. Monitoring und Reporting erfolgen
nicht auf Protokoll-, sondern auf Applikationsebene. Funktionen wie Drop Recovery Code und Flow
Control garantieren die Datenintegrität: Sie beheben Übertragungsfehler automatisch und passen den
Wirkungsgrad des Beschleunigers an die Leitungsqualität an.

Kombinierte Lösungen schaffen Kosteneffizienz

Die Kombination der einzelnen Methoden – anwendungsspezifische Beschleunigung, Datenkompression,
QoS und Bandbreitenmanagement, Monitoring und Reporting – bietet ein kosteneffizientes Modell zur
WAN-Optimierung. Dies betrifft sowohl die Steigerung der WAN-Kapazität als auch die Verbesserung
der Antwortzeiten sowie die Kontrolle der Applikationen.

Experten schätzen die Perspektive des Ansatzes relativ eindeutig ein: In Zukunft wird es noch
mehr darauf ankommen, eine möglichst optimale Kombination von Funktionen zu finden und die
Möglichkeiten, die ein Netzwerk bietet, in einem Produkt abzubilden. Vorrangiges Ziel ist eine
möglichst hohe Performance.

Ebenso wichtig sind eine leichte Implementierung und Verwaltung. Ein nicht zu vernachlässigender
Punkt ist auch die Option der Individualität: Entscheidend ist, dass sich die vorgestellten
kombinierten Lösungen effizient auf die Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens abstimmen lassen
müssen.


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