Service-Desk-Lösung von Frontrange im Test

Automatisierte Störfallbearbeitung

11. April 2007, 22:57 Uhr | Thomas Bär/wg

Mit der ITSM-Suite (IT-Service-Management) bietet Frontrange eine integrierte Lösungsfamilie, die ihren Aufgabenbereich bereits im Namen trägt. Die Suite bildet zahlreiche Aufgabenfelder in IT-Abteilungen gemäß den Best Practices von ITIL (IT Infrastructure Library) ab. Sie zielt auf die ITIL-konforme Automation der Prozesse für Service-Desks vor allem großer, geografisch verteilter Unternehmen.

Das US-Unternehmen Frontrange befasst sich bereits seit Ende der 1980er-Jahre mit dem Thema
Service-Desk. Neben der CRM-Lösung Goldmine ist der Anbieter vor allem durch die
Service-Desk-Lösung Heat bekannt geworden. Vor rund zwei Jahren hat er den Beschluss einer
einheitlichen Basis für Produktlinien auf einer modernen Entwicklungsumgebung – hier Microsoft
Dotnet – umgesetzt. Gleichzeitig mit dieser "Foundation" benannten Umgebung erschien die Suite
namens "IT-Service-Management" (ITSM). Die Zielgruppe dieser komplexen Lösung liegt eindeutig auf
großen und geografisch verteilten Unternehmen. Für die Organisation einer IT-Abteilung mit nur drei
Mitarbeitern wäre diese Lösung schlicht überdimensioniert.

Systemanforderungen

Auch wenn sich die ITSM-Suite zu Testzwecken auf einer einzelnen physischen oder virtuellen
Maschine betreiben ließ, so ist im Produktivbetrieb doch die typische Dreierteilung in
Applikations-, Datenbank- und Webserver gebräuchlich. Datenbankseitig ist mindestens eine Intel
Pentium 4 CPU mit 3 bis 4 GByte RAM und Microsoft Windows Server 2000 oder höher mit Microsoft SQL
Server 2000 SP3 oder Oracle 9i Release 2 erforderlich. Der Applikationsserver, ebenfalls eine
Windows-Maschine in der Version 2000 oder höher, sollte mindestens einen Intel Pentium 4 und 2
GByte RAM beheimaten. Aktivierte Microsoft Internet Information Services (IIS) 5.0 oder höher sind
hier erforderlich. Für den Webserver empfiehlt der Hersteller einen Pentium 4 mit 4 GByte RAM und
Windows 2000 Server oder höher.

Client-seitig setzt Frontrange ebenfalls komplett auf eine Microsoft Windows Umgebung und
empfiehlt eine Windows 2000-/XP-Maschine aktueller Baureihe mit dem Internet Explorer 5.5 oder
höher. Anders als diverse andere Mitbewerber bietet Frontrange neben einer Weboberfläche auch eine
Client-Installation für die Mitarbeiter der IT-Abteilung. Beide Varianten sind optisch und
funktionell auf einem modernen Stand. Die Nutzung eines lokal ausgeführten Programms hat gegenüber
der Webversion einige Vorzüge, beispielsweise eine "Anwesenheitskontrolle", wie man sie von
verschiedenen Chat-Tools kennt. Wird eine gewisse Zeit lang die Maus und Tastatur vom
Support-Mitarbeiter nicht verwendet, so gilt er als "abwesend". Die Datensammlung für das Inventory
(Inventar) erfolgt ohne den Einsatz zusätzlicher Software-Agents: Die Daten werden komplett
mithilfe von WMI (Win-dows Management Instrumentation) gewonnen. Der Zugriff auf den Self-Service
seitens der Anwender läuft über Intranet-Webseiten.

Die Inventardaten aus technischer Sicht (Inventory) und die kaufmännische Betrachtungsweise
(Asset-Management) stellen mit den Benutzerinformationen die Kernkomponenten im ITIL-konformen
Ansatz dar. Während sich Client- und Serverdaten von Windows-Maschinen über WMI sammeln lassen und
auch für aktive Netzwerkkomponenten Standarderkennungsmechanismen vorhanden sind, sind die Daten
anderer Systeme – beispielsweise von PDAs oder Apple-Macintosh-Rechnern – manuell zu erfassen.
Mitarbeiterinformationen lassen sich auf verschiedene Wege importieren. Die gängigste Variante ist
hier eine Synchronisation mit einem Verzeichnisdienst wie Active Directory oder LDAP. Die
Onlineschnittstelle und die Microsoft-Basis ermöglichen ein Single Sign-on (SSO). Mehrmaliges
Anmelden mit der gleichen Benutzeridentität entfällt.

Eine große Zahl so genannter "Listeners" steht für weitere Datenquellen bereit. Eine
SAP-Datenbank mit HR-Daten (Human Resources) lässt sich ebenso abgreifen wie Webservices. Die
Definition von Standorten, Servicemitarbeitern und Service Level Agreements (SLAs) gehört zu den
ersten Parametrierungsaufgaben beim Einsatz der Software. Eine Vielzahl von Standardverfahren ist
bereits im Vorfeld durch den Hersteller integriert und dient als Anschauungsobjekt für eigene
Anpassungen.

Die Software wird komplett in zehn Sprachen ausgeliefert, darunter Deutsch, Englisch und
Französisch. Auf Nachfrage wurde der LANline mitgeteilt, dass der allgemeine Trend in
internationalen Unternehmen dahin geht, die Software ausschließlich in Englisch einzusetzen, in
Deutschland operierende Firmen und Behörden indes würden nach wie vor die deutschen Dialoge
bevorzugen.

Melden von Incidents

Die typische Störfallmeldung (Incident) erreicht den Service-Desk-Mitarbeiter per Telefon. Die
Identifikation des Anrufers und der Blick in die Datenbank, ob der Anrufer bereits im System
erfasst wurde, ist der erste Schritt für die Eröffnung eines neuen Incidents. Wird Frontrange ITSM
mit der Telefonanlage gekoppelt, so ist eine automatische Identifikation über die Rufnummer des
Anrufers möglich. Die Kategorisierung des Anrufs – also die Unterscheidung zwischen Störfall und
Änderungswunsch – ist hier ebenso notwendig wie die Zuweisung einer passenden Unterkategorie.
Hinter den Kulissen erledigt das System über diese frei konfigurierbaren Kategorien die Auswahl des
zuständigen Support-Mitarbeiters und prüft die Existenz eines SLAs.

Der von ITIL geforderte eindeutige Eigentümer (Owner) eines Tickets, der für die Abarbeitung von
der Aufnahme bis zur Abwicklung zuständig ist, findet sich als Datenfeld ebenso in der ersten
Ansichtsmaske wie der in Ampelfarben symbolisierte Status der Einhaltung hinterlegter SLAs, die die
geforderte Abwicklungsgeschwindigkeit bestimmen.

Neben dem Telefonanruf beim Support bieten sich verschiedene andere Kommunikationswege an, die
die Vergabe einer Trouble-Ticket-Nummer nach sich ziehen können: die automatische Überwachung von
E-Mail-Konten und vor allem ein spezielles Webinterface für den Endbenutzer. Diese
Self-Service-Webseite bietet eine im Umfang stark reduzierte Sicht auf ein ähnliches Fenster, wie
es der Servicemitarbeiter nutzt. ITSM von Frontrange erwartet hier die individuelle Anpassung der
Optik: Anstelle eines Firmenlogos prangt in der unparametrierten Version der Schriftzug "Put your
logo here". Eigene Internet-Links zu weiterführenden Datenquellen sind ebenfalls schnell
eingerichtet.

Neben der Eingabe neuer Störungsmeldungen, die auch das Anhängen von Dateien erlaubt, hat der
Endbenutzer hier die Möglichkeit, auf die bisher von ihm gestellten Anfragen zuzugreifen oder in
der Wissensdatenbank (Knowledge Base) selbst nach einer Problemlösung zu fahnden. Artikel in der
Knowledge Base stellen ein beliebtes, weil dem Service-Desk Zeit sparendes Arbeitsmittel dar, um
wiederkehrende Probleme ohne die Eröffnung eines Tickets abzuwickeln. Die Anzahl der Benutzer, die
sich an die selbstständige Suche nach Problemlösungen macht, wird jedoch eher begrenzt sein, bis
die Tätigkeit des Supports der Kostenstelle des Initiators intern in Rechnung gestellt wird.
Verfahrenstechnisch wäre diese Vorgehensweise mit Frontrage generell möglich. Die Kosten einer
Abwicklung ergeben sich aus dem Zeitaufwand oder sind pauschalisiert per SLA umsetzbar. Um
Mitarbeiter aus dem Management ITIL-konform in die Freigabe und Genehmigung von Erweiterungen und
Änderungen an Soft- und Hardwarekonfigurationen in die Prozesse einzubinden, ist deren Zugriff auf
die zu entscheidenden Anfragen ebenfalls per Weboberfläche möglich. Die Übergänge von Service-Desk
und Change-Management sind in der Frontrange-Lösung fließend. Ein gestalterischer oder inhaltlicher
Bruch entsteht nicht. Ob der alte PC von Herrn Mayer mit sündhaft teuren EDO-DIMMs erweitert werden
soll oder nicht, kann der für ihn zuständige Abteilungsleiter über den Self-Service-Zugang per
Mausklick entscheiden. Eine andere Variante wäre die Genehmigung über E-Mails.

Dass eine Kommunikationslösung aus dem VoIP-Umfeld die dritte Säule des Front-range-Portfolios
ist, zeigt sich hier anhand der Funktion, ein interaktives Sprachportal in Form von "Wählen Sie (1)
für Hardwareprobleme und (2) ?" als zusätzliches Meldeverfahren anzuwenden. Hier lassen sich
erwartungsgemäß nur Standardfragen wie das berühmte Zurücksetzen des Passworts automatisieren.
Prozesstechnisch behandelt die Lösung Servicemeldungen aus dem Sprachportal genauso wie
E-Mail-Anfragen oder persönliche Anrufe.

Wie auf eine Anfrage zu reagieren ist, entscheidet entweder der zuständige Support-Mitarbeiter
oder aber ein hinterlegter Workflow. Häufig wiederkehrende Aufgaben zu automatisieren ist eine
Schlüsselfähigkeit, um eine ansteigende Flut von Serviceanfragen effektiver zu bewältigen.

Flexibles Prozessdesign

Statt über Makrosprachen oder SQL automatische Reaktionen der Software auf Ereignisse und
Veränderungen zu programmieren, kommt in der Frontrange-Lösung eine grafische
Prozessentwicklungsumgebung zum Einsatz: Der Workflow Designer ermöglicht die Modellierung eigener
Prozesse mit der Standardsprache BPML (Business Process Modeling Language). Typische Einsatzfelder
für den Designer sind die Abbildung von Eskalationsstufen oder die Ansteuerung der Zuständigkeiten
im Support. Der Workflow bietet aber auch weitere Flexibilität: So lassen sich beispielsweise
ungeklärte Veränderungen in der Hard- und Softwareausstattung von Arbeitsplätzen, die durch nicht
autorisierte Eingriffe erfolgten, in eine To-Do-Liste überführen. Eine auf Verfügbarkeitsuhrzeiten
und Zeitzonen aufsetzende Variante eines 24/7-Service, der rund um den Globus verteilt ist, wäre
laut Aussagen von Frontrange ebenfalls durch den Administrator im Selbstbau parametrierbar. Alle
logischen Strukturen in der Software programmiert der Anwender in Jscript.

Die Anpassbarkeit von ITSM an individuelle Vorstellungen ist beeindruckend. Die kompletten
Masken der Client-Software lassen sich mit einer grafischen Software, dem Entwicklungs-Desktop,
anpassen. Neue Felder sind mittels Drag and Drop schnell eingefügt. Individuelle Tabs für Daten,
die sich in der Software eigentlich nicht finden, sind ebenfalls ohne Programmierkenntnisse mit
wenigen Klicks angelegt.

Für den täglichen Support notwendige weiterführende Techniken wie eine eingebundene Fernwartung
oder ein Chat-Modul findet sich in ITSM selbst nicht. Die Ansteuerung externer Programme über
Aufrufpfade ist jedoch grundsätzlich möglich.

In die nächste, noch für dieses Jahr avisierte Version von ITSM will 0Frontrange eine komplette
CRM-Lösung integrieren. Eine verbesserte Darstellung der Systemumgebung in Visio-ähnlicher Optik
gehört ebenfalls zu den geplanten Features der Folgeversion.

Bei Frontrange ITSM handelt es sich um eine ausgewachsene Service-Managementlösung für die
IT-Abteilung. Die Suite bietet eine moderne Optik und setzt auf einem sehr gut anpassbaren
technischen Fundament auf. Die Preise für die Standardlösung beginnen laut Hersteller bei zirka
25.000 Euro

Info: Frontrange Tel.: 089/318830 Web: www.frontrange.de


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