Weberfinder Timothy Berners-Lee wurde von dem Kommunikationsausschuss des US-Kongresses zum Internet und zur Nutzung von digitalem Content über das Internet befragt. Hintergrund dafür ist der in den USA eskalierende Streit zwischen Apple und den Musikverlagen sowie der Wunsch vieler US-Politiker, mehr Kontrolle über das Internet zu erhalten.
Berners-Lee erwies sich in dem Hearing einmal mehr als verlässlicher Advokat der Endanwender, der mit vielen anschaulichen Metaphern versuchte, den Ausschussmitgliedern die spezifischen Probleme verständlich zu machen.
"Es ist äußerst wichtig, dass jedem Anwender im Internet der gesamte frei verfügbare Inhalt in gleicher Qualität zur Verfügung steht – egal wer sein Provider ist", war eines seiner Statements, mit denen er sich gegen die Idee der US-Provider wehrte, bestimmten Content gegen Gebühr zu bevorzugen. Hierzu gibt es in den USA massive Lobbyarbeit seitens der Carrier, allen voran Bell South, die eine solche Regelung gerne als zusätzliche Erlösquelle sehen würden. Dagegen wehren sich naturgemäß die großen Content-Anbieter, allen voran Google mit Youtube, die solche Gebühren als Abzocke bezeichnen.
Am weitesten reichte die Ansicht von Berners-Lee bei der Frage des Copyrights und des Digital Rights Managements (DRM): "Die gegenwärtigen DRM-Gesetze sind zu restriktiv; sie sind etwa so, als wenn das einzige Mittel gegen Geschwindigkeitsübertretung das Ausbauen des Motors ist", lautete sein Metapher gegen die Musik- und Filmverlage. Seiner Ansicht nach würden beide Branchen die Entwicklung von offenen Standards zur freien privaten Nutzung verhindern. "Die Film- und Musikbranche sagt immer nur, was verboten ist und wehrt sich dann gegen die Schaffung von legalen Verfahren, Protokollen und Schnittstellen", lautete sein massiver Vorwurf. Dabei verwies er auf die jüngsten Erklärungen von Apple-Chef Steve Jobs zur DRM-Liberalisierung, die er weitestgehend für richtig hält.
Doch das blieb nicht ohne Widerspruch. Die kalifornische Abgeordnete Mary Bono hielt ihm entgegen: "Ich habe großen Respekt vor Herrn Jobs, doch sein Interesse gilt dem Verkauf von Hardware. Ich frage mich, ob er auch so energisch für eine Lockerung des Copyrights eintreten würde, wenn beispielsweise der Sourcecode seiner Software oder die Hardware-Konstruktionsunterlagen seiner Computer frei im Internet verfügbar wären."
Weniger Widerspruch erhielt Berners-Lee bei der Frage nach der Liberalität der Webverwaltung. "Freie Meinungsäußerung ist ein sensibles Gut, das den höchstmöglichen Schutz genießen muss", sagte er und verglich dabei das Internet mit der Post. "Ich bin im Vereinigten Königreich aufgewachsen, und damals stand es unter hoher Strafe, wenn man den Transport und Auslieferung der Post behindert hat", lautete sein Vergleich. Doch den US-Politikern, die daraus eine strengere Regierungskontrolle ableiten wollten, erteilte er eine klare Absage: "Das Internet ist ein globales Medium und kann nicht der Kontrolle eines einzigen Landes überlassen werden."
Harald Weiss/wg