Relayr bietet eine IoT-Middleware-Plattform (Internet of Things), ergänzt um Machine-Learning- und Analytics-Funktionen. Damit will das Startup mit Sitz in Berlin und Boston die Einführung IoT-basierter Geschäftsprozesse beschleunigen. LANline sprach mit Relayr-CEO Josef Brunner über Status quo und Zukunft von IoT.
LANline: In welchem Stadium der Marktreife befindet sich der IoT- und IIoT-Markt (Industrial IoT) im Unternehmenskontext aus Ihrer Sicht?
Josef Brunner: Wir befinden uns in der Übergangsphase vom "Prototyping" zu echten, großen Deployments. Eine sehr spannende Zeit, da sich nun die Spreu vom Weizen trennt und damit auch eine Konsolidierung im Markt einhergehen wird.
LANline: Relayr ist angetreten als IoT-Middleware-Anbieter. Doch in diesem Bereich sind laut Analysten über 100 Hersteller aktiv. Worin liegt der besondere Wertbeitrag von Relayr?
Josef Brunner: Als wir unsere Series-A-Finanzierungsrunde erhalten haben, waren es sogar 600 Mitbewerber. Der Markt war stark überhitzt und die Konsolidierung daher folgerichtig. Technologisch unterschieden wir uns dadurch, dass wir einen großen Wert auf die agnostische Natur unserer Plattform setzen. Wir forcieren Offenheit und keinen "Lock-in". Dies ist wichtig, da wir heute noch nicht wissen, welche Geschäftsmodelle unsere Kunden in zwei oder drei Jahren mit unserer Lösung abbilden werden. Auch geben wir den Kunden starke Edge-Fähigkeiten und erlauben Private- wie auch Hybrid-Cloud-Installationen, also nicht nur Public Cloud. Der Hauptunterschied besteht jedoch darin, dass wir über die Münchner Rück - ein Investor in Relayr - Geschäftsmodelle und Business Outcomes wie Umsatzzuwächse, Kostensenkung oder Produktivitätssteigerung versichern können.
LANline: In welchen Bereichen sehen Sie in Ihren Kundenprojekten den größten Nutzen von IoT für Unternehmen?
Josef Brunner: Unsere Projekte drehen sich zumeist um Wartungsthemen wie Predictive Maintenance, neue Service-Modelle oder Produktivitätssteigerungen in der Produktion. Auch im Bereich Smart City sind wir erfolgreich: Wir haben erst kürzlich das größte Smart City Deployment der Welt in San Diego erfolgreich mit GE abgeschlossen. Abgerundet wird das Portfolio durch Projekte im Bereich Transport.
LANline: Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die größten Hürden für die IoT-Einführung im Unternehmensumfeld?
Josef Brunner: Herausforderungen drehen sich meist um die Themenfelder Firmenkultur, Änderungen in den Geschäftsmodellen, also weg von Capex in Richtung Opex wie etwa bei Transportation as a Service, Opex-Kosten bei großen, weltweiten Installationen sowie Diversität in den zu verbindenden Maschinen und in deren Protokollen. Auch die Komplexität in der Architektur und Security sind oft schwierig. Es steht und fällt aber mit dem Business Case.
LANline: Sehen Sie bereits erfolgreiche Ansätze, die IoT- oder zumindest die IIoT-Kommunikation auf eine flächendeckend akzeptierte Standardbasis zu stellen?
Josef Brunner: Openfog ist eine sehr erfolgreiche und auch praxisnahe Organisation, der wir ebenfalls angehören. Sie bringt verschiedene Unternehmen zusammen und erarbeitet Standardlösungen. Der Fokus auf den Edge wird hier sehr groß geschrieben. Bei Installationen, die bestehende Maschinen und Protokolle integrieren müssen, wird es aber schwierig, neue Standards zu definieren. Bei neuen Produkten ist dies einfacher.
LANline: In welchem Maße wird das IoT neben Trendanalyse und Machine Learning in der Cloud auch wieder verstärkte Investitionen in Hardware und Software vor Ort erfordern, zum Beispiel für die Echtzeitreaktion auf Sensorikdaten von Maschinen in der Industrie 4.0 etc.?
Josef Brunner: Sensorik vor Ort spielt bei industrienahen Projekten eine sehr große Rolle. Speziell im Bereich Retrofitting, also der nachträglichen Aus- und Aufrüstung von bestehenden Maschinen, führt oftmals kein Weg an zusätzlicher Sensorik vorbei. Mehrwerte werden geschaffen durch Geschäftsmodelle, die auf Daten aufsetzen und diese verarbeiten. Die Kombination, Korrelation und das Normalisieren von Bestandsdaten und Retrofit-Informationen ist ein Imperativ für den Erfolg unserer Projekte.
LANline: Welche zusätzlichen Maßnahmen sind erforderlich, um IoT-Umgebungen mit höchstmöglicher Sicherheit betreiben zu können?
Josef Brunner: Die Maschinen, die wir verbinden, wurden für geschlossene Umgebungen entwickelt - nicht für offene Netzwerke wie das Internet. Security nicht aus der Endgeräte-, sondern aus der Plattform-, Architektur- und Datensicht ist dabei ein essentielles Fokusthema.
LANline: Herr Brunner, vielen Dank für das Gespräch.