Ethernet ist heute das dominante Protokoll im LAN. Fast alle IT-Dienstleister betreiben ihre lokalen Verbindungen zwischen Servern, PCs, Druckern etc. auf diesem Protokoll. Außerhalb der Firmengebäude, also zwischen geografisch separierten Standorten, kommen jedoch häufig immer noch andere Protokolle und Standards zum Einsatz, zum Beispiel PDH, SDH, ATM und Frame Relay. Seit einiger Zeit bieten nun innovative Service-Provider auch Ethernet-Verbindungen über MAN- und WAN-Distanzen an. Für den Einsatz im Weitverkehrsnetz musste die Branche das klassische LAN-Protokoll um neue Funktionen erweitern. Mit diesen Erweiterungen wird es heute unter dem Begriff "Carrier Ethernet" kommerziell angeboten. Neben der emotionalen Komponente "Vertrautheit" verspricht Carrier Ethernet nicht nur eine bekannte Schnittstelle, über die ein Carrier künftig alle Dienste liefern kann, sondern auch mehr und flexible Bandbreite zu deutlich geringeren Kosten.
Das Best-Effort-Konzept von Ethernet im LAN-Bereich ersetzen bei Carrier Ethernet definierte, per SLA garantierte Verkehrsparameter. Die aus der verbindungsorientierten Weitverkehrstechnik (PDH/SDH) vertraute Exklusivität von Bandbreite wird bei Carrier Ethernet durch die Definition einer verbindlich zugesagten Übertragungsrate (Committed Information Rate, CIR) und die Einführung von Prioritätsregeln (Class of Service, CoS) sichergestellt.
Bei den klassischen PDH/SDH-Mietleitungen ist die verfügbare Bandbreite unmittelbar mit der physischen Schnittstelle gekoppelt. So erfordert zum Beispiel die Erweiterung von einer E1-Mietleitung (2 MBit/s) auf E3 (34 MBit/s) eine langwierige Neuinstallation seitens des Netzbetreibers mit neuer Gerätetechnik beim Endkunden. Eine typische RJ45-Schnittstelle bei einem Ethernet-Dienst hingegen lässt sich innerhalb kürzester Zeit und im laufenden Betrieb flexibel von wenigen MBit/s bis zu 100 MBit/s freischalten, im Fall einer Gigabit-Ethernet-Schnittstelle sogar bis zu 1000 MBit/s.
Carrier Ethernet skaliert somit besser und mit deutlich geringerem Aufwand als PDH/SDH. Zudem muss der Kunde nur die Bandbreite mieten, die er tatsächlich benötigt, da Ethernet eine feinere Granularität ermöglicht. Er könnte sogar per "Selbstbedienung" über ein Web-Interface die zugewiesene Bandbreite selbst verändern. Beim Netzbetreiber würde dadurch der Upgrade-Prozess angestoßen und der Preis automatisch entsprechend der neuen Bestellung angepasst.
Zusätzlich ließen sich Kunden mit zeitlich variablen Bandbreiten bedienen, so etwa für Anforderungen, bei denen der Bandbreitenbedarf zum Beispiel am Quartalsende, bei Aktionswochen etc. von 200 MBit/s und 400 MBit/s springt. In diesem Fall kann der Netzbetreiber mittels regelbasierter und dynamischer Anpassung des Carrier-Ethernet-Bandbreitenprofils die benötigte Bandbreite automatisch bereitstellen.
Verlässliche Verfügbarkeit der Dienste entscheidend
Neben der Dienstflexibilität spielt allerdings auch die verlässliche Verfügbarkeit der Dienste eine entscheidende Rolle. Um diese sicher zu stellen, benötigt der Service-Provider Diagnosewerkzeuge, wie sie aus der SDH-Technik bekannt sind, aber im klassischen LAN-Umfeld lange nicht zur Verfügung standen. CFM (Connection Fault Management) ist der Standard, der bei Carrier Ethernet diese Lücke schließt und eine vollständige Ende-zu-Ende-Überwachung ermöglicht. Damit lassen sich Verbindungsprobleme sofort erkennen, isolieren und lösen. Mithilfe zusätzlicher Performance-Managementfunktionen lassen sich wichtige Parameter wie zum Beispiel Paketverluste, Laufzeit und Laufzeitvariation während des Betriebs überwachen; das NOC (Network Operations Center) kann korrigierende Maßnahmen einleiten, noch bevor es zu einer Beeinträchtigung der Endkundenanwendungen kommt.
Neben dedizierten Verbindungen lassen sich mit Carrier Ethernet auch virtuelle Verbindungen mit verschiedener Priorität (CoS) realisieren. Carrier Ethernet bietet damit eine zuverlässige, kostengünstige Lösung für Sprach-, Daten- und Videoapplikationen über eine konsolidierte Infrastruktur. Dank inzwischen verfügbarer Mechanismen für eine garantierte Dienstgüte und durchgängiges Management ist Ethernet im Metro- und Weitverkehrsnetzen weiter auf dem Vormarsch und stellt eine echte Alternative zu verbindungsorientierten Protokollen dar.
Bei Adva Optical Networking ist man überzeugt, dass Ethernet-Dienste in naher Zukunft alle derzeit verwendeten Bandbreitendienste verdrängen werden. Selbst dann noch vorhandene alte Dienste (Legacy-Services) werden mithilfe von Circuit Emulation Services (CES) über Ethernet-Infrastrukturen übertragen werden.
Johannes Weingart/wg
Johannes Weingart ist Director Global Business Development Ethernet Access bei Adva Optical Networking.
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