Bei Yahoo geht es drunter und drüber. Eine groß angekündigte Umorganisation soll das Unternehmen wieder auf Trab bringen, doch Analysten sehen das nur als ziellose Betriebsamkeit, die von den wahren Problemen des Exodus an Managern und Knowledge-Workern ablenken soll.
Yahoo plant die Zentralisierung verschiedener Produktgruppen, darunter des Mail-, Search- und
Homepage-Bereichs. Dies soll Yahoos Webdienstleistungen für die unterschiedlichen Zielgruppen
attraktiver machen. Doch Analysten sind demgegenüber kritisch. "Eine große Reorganisation erfolgt
häufig nur zur Beruhigung der Investoren. Meist ist die Motivation einzig die, dass man etwas tun
will – egal was", so Rob Enderle, Chef der Enderle Group.
Doch bei Yahoo scheint eine große Reorganisation unvermeidlich. Schließlich erfordern schon die
vielen frei werdenden Toppositionen eine tief greifende Umstrukturierung heraus. Zum aktuellen
Exodus unter den Yahoo-Topmanagern gehören inzwischen der Chef der Network-Division Jeff Weiner,
die Search-Experten Usuma Fayyed, Vish Makhijani und Qi Lu sowie der Delicious-Gründer Joshua
Schachter und die beiden Flickr-Gründer Caterina Fake und Stewart Butterfield.
http://llschnuerer.cmpdm.de//sites/cz/articles/microhoo_die_zweite_yahoos_problem_heisst_jerry_yang:/2008022/31526701_ha_CZ.html?thes=">Microhoo
die Zweite? Yahoos Problem heißt Jerry Yang
http://llschnuerer.cmpdm.de//sites/cz/articles/yahoo_schliesst_megadeal_mit_google_ab:/2008025/31555349_ha_CZ.html?thes=">Yahoo
schließt Megadeal mit Google ab
http://llschnuerer.cmpdm.de//sites/cz/articles/infiltration_und_giftpille_yahoo_und_microsoft_ziehen_die_boxhandschuhe_an:/2008009/31419830_ha_CZ.html?thes=">Infiltration
und Giftpille: Yahoo und Microsoft ziehen die Boxhandschuhe an
http://llschnuerer.cmpdm.de//sites/cz/articles/microsoft_gruendet_europaeisches_forschungszentrum_fuer_suchtechnologien:/2008026/31558687_ha_CZ.html?thes=">Microsoft
gründet europäisches Forschungszentrum für Suchtechnologien
Auch der bislang als besonders Yahoo-treu geltende Brad Garlinghouse hat seinen Schreibtisch
geräumt. Garlinghouse war zuletzt Chef für den Bereich Communities und Communications. Bekannt
wurde er vor zwei Jahren, als er in seinem "Erdnuss-Butter-Memo" einen radikalen Umbau des
Unternehmens forderte.
Cantor-Analyst Derek Brown sieht als Ursache für diese Managementflucht den geplatzten Deal mit
Microsoft und dem Ausverkauf des Werbegeschäftes an Google. "Das ist doch alles ganz klar: Die
Topleute sind frustriert und haben keine Perspektive mehr", lautet seine Erklärung.
Auch viele andere Yahoo-Mitarbeiter haben bereits damit begonnen, ganz einfach mit den Füßen
über die unklare Geschäftspolitik abzustimmen, und verlassen das Unternehmen in Scharen. Hierzu
gehört unter anderen der Softwareentwicklungsspezialist Jeremy Zawodny, der als Entwicklungschef zu
Craigslist wechselte.
Die meisten Mitarbeiter verlassen Yahoo, weil sie über das Führungschaos entsetzt sind. "Wir
erfahren jeden Morgen aus der Zeitung, was bei uns passiert ist – von unseren Managern zeigt sich
inzwischen niemand mehr", beklagte sich eine Entwicklerin in dem Silicon-Valley-Lokalblatt San Jose
Mercury.
Microsoft will sich diesen Frust inzwischen massiv zu Nutze machen. So suchen die Redmonder in
großen Anzeigen in den Lokalmedien "erfahrene Search-Spezialisten". "Es gibt heute nur noch wenige
Unternehmen, die sich dazu verpflichtet haben, die Zukunft von Search und Onlinewerbung neu zu
definieren – Microsoft ist eines davon", heißt es in den Anzeigen. Dabei versäumen die Redmonder
nicht den Hinweis darauf, dass der Einsatzort dafür im Microsoft-Research-Labor in Mountain View
ist – also nur 10 Kilometer vom Yahoo-Hauptsitz in Sunnyvale entfernt. Insgesamt unterhält
Microsoft im Großraum San Francisco Büros mit einer Gesamtfläche von rund 100.000 Quadratmetern, in
denen derzeit 2000 Software-Ingenieure arbeiten.
Analysten sind sich einig, dass Microsofts jüngste Werbeanstrengungen kein Zufall sind. "In
einem Business, in dem das wichtigste ?Betriebsvermögen‘ eines Unternehmens jeden Abend nach Hause
fährt, ist Abwerbung sehr sinnvoll. Getreu dem Motto: Wenn ich schon nicht die ganze Firma haben
kann, dann zumindest deren Know-how-Träger", so IDC-Analyst Crawford Del Prete.
Hierzu bekommt Microsoft zusätzliche Unterstützung, da das Image von Yahoo als Arbeitsplatz in
letzter Zeit stark gesunken ist. "Das Drehen und Wenden in den letzten Monaten hat der
Arbeitsplatzattraktivität von Yahoo schwer geschadet. Viele gute Leute haben das Unternehmen
bereits verlassen, weil es nicht mehr cool ist, dort zu arbeiten, und weil Jerry Yang ihnen keine
Perspektive mehr geben kann", so Roger Kay, Analyst bei Endpoint Technologies.
Wie es bei Yahoo weiter gehen wird, ist noch völlig unklar. Bekannt wurde nur, dass der
Yahoo-Pionier Ash Patel der neue starke Mann sein wird. Er soll Chef einer neuen Produktgruppe
werden, zu der unter anderen Yahoo-Messenger, Flickr und Yahoo-Mail gehören. Die bisherige Chefin
des Bereichs Partnerlösungen soll die Führung von Yahoo USA übernehmen. Weitere geplante
Regionalchefs sind Toby Coppel für Europa, Rose Tsou für Asien und Keith Nilson für die Emerging
Markets.
Eine der wichtigsten kommenden Personalveränderungen wird aber bislang nur hinter vorgehaltener
Hand an der Wall Street weitererzählt: Egal wie der Kampf von Carl Icahn ausgehen mag, die
Investoren werden Yang auf jeden Fall bei der Hauptversammlung vom Chefstuhl stürzen und die
Finanzexpertin Susan Decker zur neuen "Chief Yahoo" küren.
Harald Weiss/wg