Virtualisierung erzeugt einen großen weißen Fleck auf der APM-Landkarte (Application-Performance-Management): Die Leistung der Anwendungen in der virtualisierten Umgebung kann für herkömmliche APM-Lösungen fast unsichtbar sein. Dies erschwert es extrem, auftretende Performance-Probleme zu isolieren, zu analysieren und zu beheben, und kann die geschäftlichen Vorteile eines Virtualisierungsprojekts deutlich beeinträchtigen. Daher benötigen Unternehmen eine flexible, erweiterbare APM-Lösung.Die praktischen Herausforderungen lassen sich am Beispiel des häufig genutzten VMware ESX Servers erläutern. Viele Ansätze für die Überwachung von Anwendungen, die in den vergangenen zehn Jahren zum Einsatz kamen, verwenden Parameter der physischen Server wie CPU- und Speichernutzung oder Festplatten- und Netzkartenprüfungen als Indikatoren für die Applikationsleistung. Falls sich zum Beispiel Nutzer über lange Log-in-Zeiten beschweren, zeigt ein Blick auf die CPU-Nutzung auf jedem Server sofort, dass etwa die LDAP-Server-Anwendung eine hohe CPU-Nutzung aufweist und daher genauer untersucht werden sollte. Eine hohe CPU-Aktivität auf einem Datenbank-Server ist dagegen normal. Wenn eine IT-Organisation jedoch Anwendungen virtualisiert und auf einer einzigen Hardware zusammenlegt, ändert sich die Eins-zu-Eins-Beziehung zwischen Anwendung und Hardware zu einer Viele-zu-Eins-Beziehung. Dadurch verlieren herkömmliche Monitoring-Lösungen ihre Analysefähigkeiten. Zu den wichtigsten Herausforderungen gehören: begrenzter Einblick in Transaktionen zwischen virtuellen Maschinen (VMs) auf dem gleichen ESX-Host, eingeschränkter Einblick in die Beziehungen zwischen physischer Hardware und virtualisierten Anwendungen sowie ein erschwertes Verständnis der Einflüsse des Virtual-Machine-Managers (VMM) auf die Performance. Herkömmliche Monitoring-Lösungen bieten keinen Einblick in die Performance und Verfügbarkeit individueller geschäftskritischer Anwendungen, die auf VMs laufen. Dem liegt das Problem zugrunde, dass nicht nur die Anwendungen selbst virtualisiert sind, sondern auch die von ihnen genutzten Netzwerke und Speichersysteme. Der Datenverkehr zwischen zwei Anwendungen auf einem einzigen ESX Server ist ebenfalls virtuell und für einen APM-Agenten, der die physische Netzwerkkarte überwacht, nicht erkennbar. Die Herausforderungen für bestehende Monitoring-Lösungen wachsen, wenn die ESX-Funktion zur dynamischen Provisionierung zum Einsatz kommt. Mit ihr lassen sich Anwendungen auf jeden verfügbaren Host im virtuellen Server-Pool dynamisch reprovisionieren. Eine herkömmliche APM-Lösung ist dagegen nur für statische Provisionierung geeignet, also für die feste Zuweisung von Anwendungen zu spezifischen physischen Servern. Wenn sich auf einem dynamisch provisionierten Server erste Probleme zeigen, kann die APM-Lösung dies somit leicht mit der falschen Anwendung in Verbindung bringen. Falls sich Nutzer über schwache Performance beschweren, kann dies die Lage verschlechtern: Die APM-Lösung ordnet dann häufig eine Anwendung dem falschen Server zu und schickt dadurch die IT-Abteilung auf eine völlig falsche Fährte. In beiden Fällen erzeugt die herkömmliche APM-Lösung jeweils irreführende oder ungenaue Reports, die zu Verwirrung und deutlichen Verzögerungen bei der Problemlösung führen. Erschwertes Verständnis der VMM-Einflüsse VMMs oder Hypervisoren sind grundlegende Kontrollprogramme, die die Erzeugung, Einteilung, Priorisierung und Beendigung von VMs oder Gast-VM-Images auf jedem ESX Server verwalten. Obwohl dies für jede VM unsichtbar ist, kann der Hypervisor einen großen Einfluss auf die Performance von Anwendungen haben, die auf diesem Image laufen. Falls er zum Beispiel einem bestimmten VM-Image eine niedrige Priorität zuweist, scheinen oft die Anwendungen auf diesem Image langsam zu sein. Die APM-Lösung mag fälschlicherweise daraus schließen, dass es ein Anwendungsproblem gibt oder der Server kurz vor dem Ausfall steht. Ein Hypervisor kann weitere irritierende Effekte auslösen. So ist zum Beispiel der Zeitablauf in einer VM nicht immer synchron mit dem in der realen Welt. Diese Taktabweichung kann die APM-Lösung nur in den Griff bekommen, wenn sie mit dem Hypervisor kommunizieren kann. Virtualisierung erschwert die Identifikation der meisten Performance-Probleme bei Anwendungen, aber auch das Verständnis für die Auswirkungen auf das Business sowie die Isolierung der jeweiligen Ursache. Das Troubleshooting einer zeitweiligen Verlangsamung in einer virtualisierten Umgebung erweist sich sogar für die erfahrensten IT-Experten als große Herausforderung. Wo sollen sie nachsehen? Und wonach genau sollen sie eigentlich suchen? Sie können sich dabei auf viele der aktuellen Metriken, die typischerweise als Proxies für die Anwendungsleistung dienen, nicht mehr verlassen, denn sie geben in einer virtualisierten Umgebung oft ungültige oder irreführende Daten aus. Sogar einfache Performance-Messungen wie die CPU-Nutzung in Prozent oder der Speicherverbrauch gilt es hier in einem völlig neuen Licht zu betrachten und zu analysieren. Es gibt zwei Möglichkeiten, um vollständigen Einblick in Anwendungstransaktionen - selbst wenn sie sich auf dem gleichen ESX Server befinden - sowie in die dynamische Zuordnung von Anwendungen über verschiedene ESX Server zu erhalten: 1. Prüfung des virtuellen Netzwerks: Hier installiert der Administraotr eine Anwendung zur Netzwerküberwachung, die Virtual Probe Appliance, auf einem VMware-Gast-Image. Diese sammelt Daten zum virtuellen Netzwerk innerhalb des ESX Servers auf genau die gleiche Weise wie eine physische Prüfung und leitet diese ebenso weiter. Die virtuellen NICs (VNICs) sind dabei im Promiscuous-Modus zu konfigurieren, sodass der Datenverkehr für die interne Prüfung sichtbar wird. 2. Intelligenter Switch: Vor allem für größere Unternehmensumgebungen eignet sich die Integration intelligenter Switches in die VMware-Plattform. Dieser intelligente Switch für den Zugriff auf VMs arbeitet auch innerhalb des ESX Hypervisors und bietet genau die gleichen umfassenden Funktionen wie ein physischer Cisco-Switch. Er enthält ein Funktionspaket für Provisionierung, Konfiguration und Netzwerkeinstellungen über die gesamte virtuelle und physische Netzwerkumgebung. Aus APM-Sicht ist eine der wichtigsten Funktionen dieser intelligenten Switches, dass sie Port Spanning ermöglichen und sich damit wie ein Hardware-Switch nutzen lassen. Nach der Verbindung mit einem externen Netzwerk-Überwachungsgerät kann der Administrator den kompletten Verkehr im virtuellen Netzwerk so analysieren, als ob er von einem physisch gespiegelten Port kommen würde. VMMs verstehen Jeder ESX Server verwaltet die auf ihm laufenden virtuellen Maschinen über einen VMM oder einen Hypervisor. Um das Management zahlreicher Hypervisoren über das gesamte Netzwerk hinweg zu ermöglichen, dient der VMware Vcenter Server als einheitlicher Informationspunkt für die Administratoren der virtuellen Infrastruktur. Er bietet ein umfassendes Set an Programmierschnittstellen (APIs) und erlaubt damit auch Anwendungen von Drittanbietern den Zugriff auf Daten, die er gesammelt hat. Performance-Management für die Cloud Ein gutes Verständnis der Performance-Eigenschaften in der Cloud oder in virtualisierten Umgebungen erfordert also einen vollständig anderen Ansatz für die Überwachung. Dieser muss über folgende Eigenschaften verfügen, die herkömmliche APM-Lösungen für physische Netzwerke nicht bieten können: Monitoring und Konfiguration virtualisierter Anwendungen, umfassender Zugriff auf die physische Infrastruktur zur vollständigen Überwachung der Performance, kompletter Einblick in Transaktionen, vollständige Transparenz der Beziehungen zwischen physischer und virtueller Ebene inklusive der Beziehungen zwischen Anwendungen und ihren virtualisierten Hosts sowie Gewährleistung hoher Applikationsleistung, selbst wenn sich durch Virtualisierung die Ressourcennutzung auf der zugrunde liegenden physischen Infrastruktur deutlich erhöht Die dargestellten Lösungswege können diese Anforderungen erfüllen, wenn man sie korrekt und an die individuellen Anforderungen angepasst durchführt. Sie funktionieren dann bei Anwendungsvirtualisierungen sowohl im RZ des Unternehmens als auch bei der Auslagerung der Anwendungen zu einem Cloud-Provider sowie bei hybriden Lösungen. Durch ein umfassendes Application-Performance-Management können Unternehmen gewährleisten, dass die bereitgestellten Anwendungen und Services immer verfügbar sind und der Nutzer schnell darauf zugreifen kann. Beides ist für eine hohe Zufriedenheit interner und externer Anwender heute sehr wichtig. So haben aktuelle Studien nachgewiesen, dass zum Beispiel bei Online-Shops eine verzögerte Anzeige der Website von nur wenigen Sekunden bereits dazu führt, dass der potenzielle Käufer den Vorgang abbricht und zur Konkurrenz wechselt. Mit der zunehmenden Bedeutung von sozialen Netzwerken und Verbraucherportalen wird diese negative Erfahrung immer häufiger weiter verbreitet und kann zu einem großen Imageschaden führen. Auch Mitarbeiter erwarten heute einen schnellen Zugriff auf interne Anwendungen und öffnen bei Performance-Problemen schnell Helpdesk-Tickets, die dort zu unnötigem Zeit- und Ressourcenaufwand führen. Dies sowie die Frustration der Mitarbeiter lassen sich durch APM vermeiden. Jedoch ist dazu ein komplettes Monitoring der Anwendungslieferkette sowie die konsequente Ausrichtung auf die Perspektive des Nutzers wichtig. Dazu muss die APM-Lösung ein Real User Monitoring durchführen. Dies funktioniert über die Installation von Sensoren im Netzwerk, die die echte Performance von Transaktionen aus Nutzersicht überwachen. Aus den eingehenden Datenpaketen ermittelt ein solches Monitoring die Performance-Werte sämtlicher Transaktionen für jeden Standort oder Anwender. Die Benutzeraktivität lässt sich dann mit den Runtime-Daten für jede Komponente der Umgebung abgleichen. Über ein ganzheitliches Dashboard können IT-Verantwortliche genau nachvollziehen, wie viele Nutzer oder welche Standorte von einem konkreten Problem betroffen sind und welchen möglichen Einfluss dies auf das Geschäft hat. So können die Verantwortlichen schnell und effizient bestimmen, welches Problem mit welcher Priorität anzugehen ist. Zudem lassen sich über die Performance-Daten Trends entdecken sowie Basiswerte und Korrelationen erstellen. Fazit Application-Performance-Management ist heute so wichtig wie nie zuvor. Doch Virtualisierung und Cloud Computing führen häufig dazu, dass herkömmliche APM-Lösungen nicht mehr den kompletten Datenverkehr überwachen können oder Probleme bei Anwendungen und Servern falsch zuordnen. So richten sie manchmal mehr Schaden an als Nutzen. Aktuelle APM-Lösungen, die auf die neuen Herausforderungen ausgerichtet sind und die veränderten Charakteristika berücksichtigen, ermöglichen jedoch weiterhin eine schnelle, korrekte Identifikation und teilweise sogar automatische Behebung des Problems.