Das Tech Forum "Computer Aided Facility Management" fand Anfang November in Frankfurt unter Federführung der Konradin-Fachzeitschriften LANline und Building Contol statt. Es zeigte auf, welche Synergieeffekte und Einsparungsmöglichkeiten in einem Unternehmen mit einer gewerkeübergreifenden Facility-Management-Lösung erreichbar sind und worauf bei der Auswahl und Einführung einer solchen Lösung zu achten ist.
Grundvoraussetzung für die Einführung einer Computer-Aided-Facility-Management-Lösung (CAFM)
ist, dass bereits ins LAN integrierbare Daten und Infrastrukturen für die Gebäudeautomation, für
Sicherheitseinrichtungen, die kaufmännische Liegenschaftsverwaltung sowie für die Facility-Planung
vorhanden sind. Die Lösung ermöglicht dann einen gewerkeübergreifenden Daten-Pool und individuelle
Auswerte- und Nutzungsmöglichkeiten für die einzelnen Disziplinen im Facility-Management.
IT-Leiter kommen mit dem Thema Facility-Management bisher noch in erster Linie über die
Ausstattung des Rechenzentrums in Berührung – über die Zugangskontrolle, oder wenn es dort Probleme
mit der Klimatechnik oder der Stromversorgung gibt. Im Grunde sind die RZ- und
Schranküberwachungssysteme Teil des Facility-Managements: Es geht um Temperatur, Luftfeuchte,
Stromverbrauch, Raucherkennung und Löschvorrichtungen sowie um die zuverlässige
Spannungsversorgung. Hier wäre ein gutes Zusammenspiel mit der Haustechnik vorteilhaft. Doch auch
an den Arbeitsplätzen ist zum Beispiel eine bedarfsorientierte automatisierte Regelung des Lichts
oder der Raumtemperatur vorteilhaft und wird mittlerweile nicht mehr nur über Zweidrahtleitungen
bewerkstelligt, sondern über webbasierte Lösungen im LAN. Viktor Höschele, Sprecher des
GEFMA-Regionalkreises Sachsen (German Facility Management Association) erklärte in seinem
Eröffnungsvortrag in Frankfurt, dass ein Energie-Controlling nicht nur Lastspitzen in der Fertigung
oder im Rechenzentrum vermeiden kann, sondern dass ein Unternehmen damit die Verbrauchsdaten
verschiedener Filialen miteinander vergleichen und daraus zum Beispiel Best-Practice-Lösungen für
alle entwickeln kann. Wichtig sei, dass die eingesetzten Lösungen möglichst wartungsarm und
bedienerfreundlich arbeiteten. Sinnvoll seien darüber hinaus übergreifende Konzepte für
Sonnenschutz, Beleuchtung, Heizung-, Klima- und Feuchteregelung.
Für Ilja Weber, Projektleiter bei Keßler Real Estate Solutions, ist Facility-Management weit
mehr als die Gebäudeverwaltung. Darunter fallen seines Erachtens alle Prozesse, die nicht das
Kerngeschäft des Unternehmens betreffen. CAFM betrifft demnach alle Daten und Anwendungen neben
denen der Hauptgeschäftsfelder. Dabei integriert ein CAFM-System möglichst viele dieser Daten und
Prozesse.
Will ein Unternehmen oder eine Behörde eine gewerkeübergreifende CAFM-Lösung einführen, müssen
demnach die oft anspruchsvollen technischen Anforderungen der IT-Abteilung genauso integrierbar
sein wie die kaufmännischen Anforderungen für die Nebenkostenabrechnung oder für eine
differenzierte Kostenerfassung der Haustechnik. Auch die Zeiterfassung, Raumbelegung,
Zutrittskontrolle und Schlüsselverwaltung fallen unter dieses Thema.
So verfügen vor allem Großunternehmen über zahlreiche Überwachungssysteme, Systeme für das
Gefahrenmanagement sowie über ein Gebäudeleitsystem und eine Inventarverwaltung, die jeweils auf
ganz ähnliche Daten zurückgreifen. Doch diese Daten werden meist jeweils separat erhoben und
verwaltet. Dadurch entstehen redundante Datenbestände, bei denen die Anwender keinerlei
Synergieeffekte nutzen können. Wenn Akten oder Zeichnungen nur einmal vorliegen, kann es sein, dass
diese nur von einer Abteilung genutzt werden und die anderen an dieser Stelle mit Datenlücken
arbeiten.
Unternehmen sind als Betreiber aber zur lückenlosen Dokumentation ihrer technischen Anlagen
verpflichtet. Eine CAFM-Lösung ermöglicht dies mit einer zentralen Dokumentation und erlaubt zudem
definierte Workflows zum Beispiel für Wartungsaufgaben inklusive den zugehörigen
Kontrollmöglichkeiten.
Eine CAFM-Lösung sollte immer von einem gewerkeübergreifenden Projektteam in messbaren Schritten
mit Zielvorgaben eingeführt werden. Bei der Festlegung des Budgets sollten die Punkte
Datenerhebung, Migration, Schnittstellen und der spätere Betrieb mit einbezogen sein.
Dirk Schönfelder, FM-Berater beim Lösungsanbieter Loy & Hutz, rät ferner dazu, die
Einführung eines CAFM-Systems nur in Betracht zu ziehen, wenn vorhandene FM-Prozesse nicht
effizient ablaufen und auch die Geschäftsführung die Notwendigkeit eines solchen Systems
akzeptiert. CAFM-Systeme würden sich außerdem nur ab einer gewissen Unternehmensgröße rechnen, wenn
messbare Synergieeffekte damit erzielbar seien. Das für die CAFM-Lösung zusammengestellte
Projektteam sollte alle betroffenen Gewerke abdecken. Außerdem sollten im Team die Kompetenzen klar
definiert sein. Dieses Team beschränkt sich bei der Einführung einer CAFM-Lösung im Idealfall nur
auf wesentliche CAFM-Aufgaben. Denn zu viele integrierte Funktionen führen zu einer aufwändigen
Datenhaltung und dazu, dass die Effizienz nur noch schlecht nachvollziehbar sei. Schönfelder rät
außerdem dazu, sich schnell für ein System zu entscheiden und dabei ein großes Augenmerk auf die
Bedienerfreundlichkeit zu legen. So könne das Projektteam schon in einer frühen Planungsphase für
die konkrete Auslegung des Systems auf das Beratungs-Know-how des Anbieters zurückgreifen. Wichtig
sei ferner eine Priorisierung der Anwendungsbereiche und ein systemunabhängiges Pflichtenheft. Die
Lösung sollte in einem überschaubaren Pilotprojekt eingeführt werden und nur typische Interessen
einbinden (keine Sonderlösungen). Ist dieses Pilotprojekt installiert, das Personal entsprechend
geschult und die Lösung angepasst und dokumentiert, kann bei erfolgreicher Einführung über eine
Erweiterung nachgedacht werden. Mit dieser Vorgehensweise blieben die Kosten im kalkulierbaren
Rahmen. Derzeit gäbe es laut Dirk Schönfelder rund 50 Hersteller in Deutschland, wobei fünf davon
die Hälfte des Marktvolumens (2008: rund 60 Millionen Euro für Software und etwa 40 Millionen Euro
für Beratung) erwirtschaften sollen. Die meisten Lösungen arbeiteten webbasiert, böten eine
ERP-Anbindung sowie Simulationsmöglichkeiten für die Testphasen. Darüber hinaus seien die
angebotenen Systeme oft kaum vergleichbar, was sich schon aus der breiten Streuung der Lizenzkosten
zwischen 750 und 15.000 Euro ablesen ließe. Wer die Kosten einer Systemeinführung abschätzen
möchte, sollte laut Schönfelder 20 Prozent für die Datenübernahme und 38 Prozent für die
Datenerfassung ansetzen, zudem mit 25 Prozent Software- und neun Prozent Hardwarekosten rechnen.
Für Schulung seien etwa acht Prozent des Budgets zu veranschlagen.
Weitere Informationen zum Stand der Technik im Bereich Facility-Management bietet der
Branchenverband GEFMA, der auch Regelwerke dazu entwickelt hat, die in die internationale Normung
einflossen. Darüber hinaus will der erst kürzlich gegründete CAFM-Ring, ein Zusammenschluss von
CAFM-Systemherstellern, Qualitätskriterien für CAFM-Systeme und Dienstleistungen definieren.
Wie zum Beispiel das Energiemanagement in CAFM-Lösungen integrierbar ist, zeigte der Vortrag von
Johannes Pütter aus dem Management von Conject – ebenfalls ein CAFM-Lösungsanbieter. Dort sorgt die
Lösung dafür, dass die Messwerte aus den einzelnen Überwachungssystemen und Zählern übernommen und
übergreifend verwaltbar werden. So können die unterschiedlichen Abteilungen diese jeweils für ihre
Zwecke nutzen. Hier wird auch deutlich, dass die darunter liegende Infrastruktur dafür bereits
funktionieren muss. Das heißt, die Zähler müssen dort angebracht sein, wo die Verbrauchsdaten
tatsächlich relevant sind – entweder zur Nebenkostenabrechnung oder, um zum Beispiel
Verbrauchsspitzen rechtzeitig zu erkennen und Abhilfe schaffen zu können. Im Rechenzentrum werden
sogar oft einzelne Verbraucher in die Erfassung mit einbezogen. Für das Energiemanagement können
hier oder auch in der Fertigung die Verbrauchswerte einzelner Phasen entscheidend sein.
Wie effektiv und zielgruppenspezifisch eine CAFM-Lösung arbeiten kann, hängt also in weiten
Bereichen auch davon ab, inwieweit sich vorhandene Überwachungssysteme oder
Gebäudeautomationslösungen integrieren lassen.
Der zweite der Teil des Tech Forums und auch dieses Artikels konzentriert sich auf das
Facility-Management im RZ, konkret auf Überwachungslösungen für die physikalische LAN-Infrastruktur
und auf Schranküberwachungen sowie das Energiemangement im RZ. Der zugehörige Artikel erscheint
voraussichtlich in der LANline-Ausgabe 1/2009.
Weitere Informationen:
GEFMA www.gefma.de
CAFM-Ring www.cafmring.com
Conject www.conject.com
Keßler Real Estate Solutions www.kesslersolutions.de
Loy & Hutz www.loyhutz.de