ITSMF-Vorstand: Informatikstudium zu praxisfern

Der Weg vom ITSM zur IT-Industrialisierung

19. Februar 2008, 23:00 Uhr | Dr. Wilhelm Greiner

Auf dem ITSMF-Jahreskongress (IT Service Management Forum), der Anfang Dezember in Berlin stattfand, standen die Themen "IT- Industrialisierung" und "IT-Business Aligment" (also die möglichst enge Ausrichtung der IT an Geschäftsanforderungen) im Vordergrund. Weitere Tracks widmeten sich der Reifegradermittlung und Zertifizierung - hier insbesondere ISO 20.000 sowie Fragen rund um ITIL, CMMI und Cobit - sowie dem ITSM-Praxiseinsatz. ITSMF-Vorstand Martini beklagte Mängel in der deutschen IT-Ausbildung.

Der ITSMF-Jahreskongress versammelte laut Veranstalter rund 450 Teilnehmer, darunter über 260
Besucher von Endanwenderseite. Waren noch während der letzten Monate Fragen rund um die im Sommer
neu vorgestellte Version 3 der marktbeherrschenden Best-Practice-Sammlung ITIL (IT Infrastructure
Library) allseits heiß diskutiert, so bündelte der Kongress diese Punkte vorrangig in Pre-Workshops
am Vortag. Denn zur Vorstellung von ITILv3 hatte das ITSMF bereits im Juni eine dedizierte
Veranstaltung durchgeführt, und präsentierbare Erfahrungsberichte mit ITILv3 liegen noch nicht vor.
Zudem wolle der Jahreskongress keine "ITIL-Schmalspurveranstaltung" sein, erklärte
ITSMF-Schatzmeister Paul Martini gegenüber LANline: "Der Auftrag des ITSMF war schon immer weiter
gefasst als ITIL." Der Kongress habe sich über die Jahre weiterentwickelt und müsse nun auch
Strategieaspekte stärker beleuchten. "Sonst holen wir die Kern-ITIL-Leute nicht mehr richtig ab",
so Martini.

"Die drängenden Problemfelder, die heute die ITSM-Spezialisten beschäftigen, sind das
IT-Business Alignment und die Industrialisierung von IT-Serviceprozessen", betonte Martini. Der
Begriff "Industrialisierung" beschreibt in diesem Kontext das Ziel, IT-Services standardisiert und
jederzeit reproduzierbar zu erbringen – als Basis für die Evaluierung der IT zum Beispiel für "
Make-or-Buy"-Entscheidungen sowie für die hausinterne oder externe Vermarktung von IT-Services.
Dieser wichtige Trend hin zur IT-Industrialisierung, der die Grundlage für Prozessexzellenz und
Kostentransparenz liefere, habe sich aber an deutschen Universitäten und Fachhochschulen noch nicht
ausreichend niedergeschlagen, so Martini: "Die Schere zwischen der Ausbildung an deutschen
Bildungseinrichtungen und dem IT-Alltag wächst. Die Unternehmen brauchen heute IT-Berater und nicht
Compiler-Entwickler." Diese Kritik gelte den Informatikstudiengängen, aber auch anderen
Fachrichtungen an Universitäten und Fachhochschulen. Zudem gelte: "An Unis ist ITIL noch zu wenig
Thema." Dem Nachwuchsmangel in der IT hält Martini entgegen: "Heute ist ein absolut spannender
Zeitpunkt, um [an der IT-Industrialisierung] mitzuarbeiten. Denn die IT diffundiert extrem in alle
anderen Bereiche."

Die Ausrichtung der IT an Geschäftsanforderungen ist eine Aufgabenstellung, die auch bei ITILv3
in den Mittelpunkt gerückt ist. Probleme bereitet laut Martini aber die Bewertung der
IT-Servicequalität: Denn der im Kern ITIL-basierte Standard ISO 20.000 sei lediglich ein "
Befähigungsnachweis", der nichts über das Qualitätsniveau des gebotenen Services aussage. Deshalb
hat das ITSMF zusammen mit DQS ein Gütesiegel erarbeitet, das eine Aussage darüber erlauben soll,
wie hochwertig ein IT-Service ist – nützlich zum Beispiel als Qualitätsnachweis für Ausschreibungen
der öffentlichen Hand. Neben dem Gütesiegel hat das ITSMF 2007 noch weitere Produkte auf den Markt
gebracht: erstens Bücher, darunter eines über ITIL in der öffentlichen Verwaltung, zweitens die
Methode "Total Value of IT", einen gemeinsam mit Gartner erarbeiteten Beratungsansatz.

Für 2008 hat sich der Verein einiges vorgenommen: Bis Mai sollen die fünf englischen
ITILv3-Kernbücher auf Deutsch veröffentlicht sein. Die IT-Industrialisierung erfordert laut Martini
zudem ein stärkeres Engagement für Verfahrensanleitungen sowie für Mediationen. "Denn beim
Management of Change geht es immer um Menschen", so der ITSMF-Vorstand. Zudem gelte es, das
Security-Management stärker in das ITSM-Framework einzubinden. In der Tat ist das
Security-Management zwar schon seit ITILv2 ein ITSM-Bestandteil, in der Praxis ist es aber nach wie
vor eine separate Spielwiese für Spezialisten. Zudem erwägt das ITSMF laut Martini die Durchführung
einer Studie zu ITSM in Deutschland.


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