Die Migration hin zu beweglichen, verteilten und Service-orientierten IT-Infrastrukturen ist in vollem Gange. Innovative Entwicklungen der letzten Jahre wie Smartphones, Virtualisierung, soziale Netzwerke und Cloud Computing haben einen enormen Einfluss auf unsere Erwartungen, wie wir IT-Dienste konsumieren. Noch wichtiger in diesem Zusammenhang ist unsere Erwartungshaltung, wie diese Dienste jetzt und zukünftig von der IT bereitgestellt werden sollen.
Seit einigen Jahren ist die Ausgliederung unterschiedlicher Aufgaben in die Cloud und zu Managed-Service-Providern (MSPs) beziehungsweise Cloud-Service-Providern (CSPs) ein zunehmender Trend. Die Geschäfte der Dienstanbieter laufen hervorragend, und Anwender verlassen sich zunehmend auf externe Provider. Dies ist aber kein singuläres Ereignis oder eine einmalige Angelegenheit für die IT-Abteilung eines Unternehmens. Dafür gibt es einige Gründe: Technik ändert sich von Tag zu Tag sehr schnell – es wird für Unternehmen immer schwieriger und kostenintensiver, die notwendigen Kenntnisse darüber intern zu erlangen und sich auf dem Laufenden zu halten. Die gleichzeitige Verbreitung von Cloud, Virtualisierung und mobilen Geräten legen die Messlatte immer höher. Gleichzeitig sorgen diese Techniken für eine noch nie dagewesene Flexibilität und Komplexität.
In heutigen dynamischen IT-Umgebungen ist es sinnvoll, sich zunehmend auf externe Ressourcen und Kenntnisse zu verlassen – unabhängig davon, ob das Augenmerk auf Kosten, Flexibilität oder Abgrenzung vom Wettbewerb liegt. Doch was bedeutet dies für die IT-Abteilung? Jeder in der IT-Organisation – vom CIO bis hin zum Administrator – muss sich mit einer neuen Rolle auseinandersetzen. Noch vor einiger Zeit lag der Fokus des IT-Teams auf der Bereitstellung interner Infrastrukturen. Heute können die Mitarbeiter aus einem florierenden Angebot an internen und externen Dienstleistungsanbietern auswählen. Und alle Anbieter buhlen um die rückläufigen IT-Budgets.
Die neue Aufgabe der IT besteht heute darin sicherzustellen, dass die ausgewählten Dienste auf jeder Stufe der IT-Service-Lieferkette flexibel, kosteneffektiv und auf die Bedürfnisse des Auftraggebers zugeschnitten sind. Sobald dies nicht mehr der Fall ist, muss die IT umdenken. Sie muss ein neues Modell verfolgen, das diese Anforderungen erfüllt. Im Folgenden werden einige der wichtigsten Implikationen dargestellt, die mit diesem Wandel verbunden sind.
Keine Angst vor dem Outsourcing
Es kann eine schmerzliche Erfahrung sein, aber es ist nicht zu leugnen, dass der zunehmende Einsatz externer Ressourcen zu Entlassungen führen kann und wird. Das ist leider die Realität. Doch wenn für die internen Mitarbeiter weiterhin das Argument „Wenn wir ausgliedern, verliere ich meinen Job“ im Vordergrund steht, gefährdet dies das Unternehmen wie auch die Beschäftigungsaussichten der Mitarbeiter.
Man sollte dies aus einem anderen Blickwinkel betrachten: Wenn die Konkurrenz die Vorteile der Cloud-Services nutzt und das eigene Unternehmen diesen Schritt nicht wagt, wird es nicht mehr lange wirtschaftlich arbeiten und langfristig vom Markt verschwinden.
Die Rolle der IT überdenken
Sobald Unternehmen beginnen, externe Provider einzusetzen, ist es nicht außergewöhnlich, dass einige Mitarbeiter die Rolle oder gar Existenz der internen IT in Frage stellen. Doch wenn Abteilungsleiter plötzlich Anrufe wegen auftretender Störrungen bekommen, sehen sie schnell die Vorteile und die Notwendigkeit, die die Rolle des Service-Brokers bietet. Der Initiator einer Outsourcing-Maßnahme erkennt dann nämlich sehr schnell, dass er nicht die Rolle übernehmen möchte, die Verantwortung für die Service-Levels und Dienstanbieter zu übernehmen oder die Zusammenarbeit zu managen. Denn fest steht, dass ein großes Unternehmen nicht nur einen Service-Provider beauftragen wird, sondern möglicherweise Dutzende. Die Verhandlungen und das Management enden aber nicht, wenn der Vertrag unterzeichnet ist. Der Prozess beginnt nun erst, und das Management der Zusammenarbeit ist eine schwierige und anspruchvolle Aufgabe.
Den Kulturwandel steuern
IT-Organisation stehen vor der schwierigen Aufgabe, einen Kulturwandel zu vollziehen. In vielen traditionellen IT-Organisationen waren Ingenieure und Techniker gewünscht, die stolz auf die eigenständige Umsetzung sind. Heute ist es aber wichtig, dass die Mitarbeiter die Rolle eines Beraters und Managers einnehmen. Wenn man es gewohnt war, an einer Tastatur zu sitzen und Probleme zu beheben oder das System am Laufen zu halten, fällt es schwer, die Rolle des Managers externer Dienste einzunehmen. Es ist ein ungewohntes Arbeiten einzuschätzen, wo Probleme auftreten können und wie die Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten sich steuern lässt. In ihrer Rolle als Service-Broker müssen IT-Teams die verfügbaren Angebote der Anbieter studieren und abwägen, wie andere oder neue Dienste die bestehenden Prozesse beeinflussen können.
Service-Levels priorisieren
Die Hauptaufgabe des Service-Brokers besteht darin sicherzustellen, dass interne und externe Kunden die Service-Levels erhalten, die sie erwarten. In der Vergangenheit betrachteten die IT-Fachleute hauptsächlich Metriken der SLAs (Service Level Agreements), beispielsweise die Betriebszeit der Datenbank oder den Durchsatz eines Netzwerkgeräts und so weiter. Der Service-Broker muss sein Augenmerk aber auf die Kundenerfahrung richten.
Wenn beispielsweise eine Anwendung nicht einwandfrei mit der Datenbank kommuniziert, obwohl Netzwerk, Anwendung und Datenbank für sich betrachtet ohne Probleme laufen, so nimmt der Kunde eine Störung wahr. Ein Service-Broker muss deshalb SLAs mit Metriken einrichten, die direkt mit dieser Kundenerfahrung in Verbindung stehen. Diese Information ist entscheidend, da die IT kontinuierlich den effektivsten und kostengünstigsten Service-Provider sucht und einsetzt.
Fazit
Die Rolle der IT mag sich ändern. Fest steht aber, dass sie immer problematischer und anspruchsvoller wird. Interne IT-Abteilungen werden nach wie vor einige Services intern abwickeln, da ein spezieller Dienst im Vergleich zum Outsourcing intern kosteneffektiver ist oder da spezielle Investitionen oder Wettbewerbsfaktoren in Verbindung mit diesem Dienst vorliegen. Die anderen Dienste werden zukünftig nicht mehr nur administriert. IT-Abteilungen werden zunehmend ein dynamisches und bewegliches System aus CSPs und MSPs, Hosting-Anbietern und anderen Providern steuern. Sobald die IT sich in diese Rolle einfindet und damit wächst, wird sie in der Lage sein, den Geschäftwert des Unternehmens und gleichzeitig die Jobsicherheit für die Mitarbeiter zu erhöhen.
Philipp Descovich/wg