Vcloud, OVF und Hybrid Clouds

Evolution der Virtualisierung

30. September 2010, 6:00 Uhr | Martin Niemer, Senior Product Marketing Manager Server bei VMware EMEA

Die ursprüngliche Idee, Rechenleistung, Speicher und Applikationen von externen Cloud-Anbietern zu beziehen, bezeichnet man als externe oder Public Cloud. Wer virtualisierte Anwendungen von einer firmeneigenen Infrastruktur bezieht, ist Nutzer einer internen oder Private Cloud. Wohl kaum ein Unternehmen wird in den nächsten Jahren auf ein reines Public-Cloud-Modell umsteigen. Deshalb wird die Hybrid Cloud - die Kombination einer internen mit verschiedenen Public Clouds - mittelfristig das vorherrschende Cloud-Computing-Modell sein.

Die beiden grundlegenden Voraussetzungen für das Cloud Computing sind Clustering und
Virtualisierung. So müssen erstens Ressourcen mehrerer physischer Rechner zusammengeschaltet als
ein System erscheinen und zweitens ein System als mehrere Systeme erscheinen, denen je nach Bedarf
Ressourcen zur Verfügung stehen. Rechenpower, Speicher und I/O-Breite gibt es dabei nicht nach
Belieben, sondern nach Service Level Agreements (SLAs). Gemäß diesen SLAs gibt es auch Leistungen
in Clouds. Der zweite Schritt wäre ohne den ersten nicht denkbar.

Regen- oder rosa Wolken

Bei der Hybrid Cloud mietet man zu eigenen Systemen IT-Ressourcen und Services nach Bedarf
hinzu. Die Benutzer entscheiden selbst, wie und wann sie auf die Ressourcen-Pools ihrer
Infrastruktur zugreifen. Doch um die eigene private Cloud für eine externe zu öffnen, bedarf es
Schnittstellen, die beide Seiten verstehen: Der Schlüssel muss in die Schlösser passen. Mangelnde
Kompatibilität und das Fehlen flächendeckender technischer Standards war und ist sicher immer noch
in einigen Bereichen ein Hauptproblem. Dadurch wird das an sich einfache Modell der Hybrid Cloud
komplex, denn die Technik des Service-Providers muss zur IT des Kunden passen. Will dieser einen
einmal gewählten Cloud-Anbieter wieder wechseln, kann es kompliziert und teuer werden, wenn das
Schleifen neuer Schlüssel erforderlich ist. Weitere Diskussionspunkte bei der Bereitstellung von
Geschäftsanwendungen sind Fragen der Sicherheit und der Compliance. Deshalb arbeitet VMware mit
einer Reihe von Technikpartnern, Normierungsinstituten und Cloud-Service-Providern zusammen, um auf
der Basis der Virtualisierungsplattform bestehende RZ-Architekturen in unternehmenseigene Clouds zu
überführen: Die Vcloud-Initiative zielt darauf ab, Unternehmen eine Garantie zu geben, dass ihre
RZ-Infrastruktur mit jener der Cloud-Anbieter kompatibel ist. Einschränkungen wie bei den derzeit
verfügbaren Cloud-Optionen gilt es zu vermeiden.

Der Vorteil der Vcloud-Initiative liegt in der Garantie der Anwendungskompatibilität: Alle
Applikationen, die in einer virtuellen Maschinen (VMs) auf Vsphere-4-Basis laufen, lassen sich auch
in der Cloud betreiben. Über eine Programmierschnittstelle, die Vcloud-API, ist der Zugriff auf
weitere Verwaltungs- und Infrastrukturdienste möglich, die sich zum Beispiel auf das Starten
weiterer Instanzen einer VM oder auf die regionale Verteilung der VMs mit ihren Daten beziehen. Die
API ermöglicht also die Bereitstellung und Verwaltung virtualisierter Workloads in internen oder
externen Clouds sowie die Interoperabilität zwischen den Clouds. Bereits im letzten Jahr hat VMware
die API bei der Desktop Management Task Force (DMTF) zur Standardisierung eingereicht. Dies soll
eine Verbreitung dieser Schnittstelle und die Absegnung als Standard voran-treiben.

Im Rahmen der Initiative können auch Cloud-Service-Anbieter untereinander zusammenwirken, um die
Kompatibilität für sämtliche Anwendungen in der Hybrid Cloud zu etablieren. Dies ermöglicht die
Bereitstellung auf einer gemeinsamen Plattform. Kunden sind dann bei der Anwendungsbereitstellung
flexibel, können einfache Übergänge zwischen verschiedenen Anbietern nutzen und sich für hybride
Clouds jeglicher Art entscheiden: Ein Unternehmen kann nach Bedarf verschiedene Dienstleistungen
mehrerer Service-Provider einbinden – zum Beispiel die Disaster-Recovery-Lösung eines
Cloud-Providers neben einer Branchenlösung oder Schulungsumgebung eines anderen. All diese hoch
speziellen Services kann eine IT-Abteilung mit der richtigen virtuellen Grundlage kombinieren.
Dabei können sich die Benutzer sicher sein, dass sich Anwendungen in der Cloud genauso wie intern
verwalten, überführen und betreiben lassen.

Clouds rund um den Globus

Der Wert einheitlicher Schnittstellen zeigt sich auch an weiteren Aspekten: Nur sie ermöglichen
es Entwicklern, Cloud-Applikationen zu programmieren, die für ein breiteres Publikum zugänglich
sind, also ein Geschäftsmodell bieten. Solche einheitliche Schnittstellen erlauben es, zwischen
Service-Providern zu wechseln, an einen Dienstleister ausgelagerte VMs ins eigene Rechenzentrum
zurückzuholen sowie unternehmensinterne Clouds auch über Kontinente hinweg zu verbinden. Noch
wichtiger ist, dass die heute in einem Unternehmen ausgeführten Anwendungen unverändert auch
ausgelagert funktionieren – ohne Neucodierung oder Erstellung auf einer reinen Cloud-Plattform.

Ein weiterer Garant für Interoperabilität im Cloud Computing ist das Format, in dem die VMs
verteilt werden. Als Standard gibt es hier das Open Virtualization Format (OVF). Damit ist eine
Definition entstanden, um VMs oder virtuelle Appliances paketieren, verteilen, verschieben und zum
Einsatz bringen zu können.

Für die weitere Evolution der Hybrid Clouds dürfte besonders der Management-Aspekt interessant
sein. Neben der Schnittstelle sind Automation und Verwaltung die entscheidenden Kriterien, die den
Weg in die Wolke ebnen. Cloud-Anbieter müssen den Zugang zu den virtuellen Infrastrukturressourcen
ohne große technische Umstellungen oder sonstigen Schnickschnack ermöglichen. Dies ist Web-basiert
möglich – aber schneller, effektiver und damit anwenderfreundlicher ist die Integration der lokalen
Management-Plattform in die interne Cloud. Nur dies stellt sicher, dass Anwender entsprechend der
unternehmenseigenen Richtlinien virtuelle Maschinen und Applikationen selbst bilden, verwalten und
steuern können, während die IT die volle Kosten- und Administrationskontrolle behält. Wenn diese
technischen Grundlagen erfüllt sind und Virtualisierungsanbieter und Service-Provider eng
zusammenarbeiten, kann sich der volle Nutzen des Cloud Computings – in seiner mittelfristigen
Ausformung der Hybrid Cloud – voll entfalten. Der IT selbst bringt dies Vorteile: Neben Kosten- und
Zeitersparnissen kann sie sich dank Automation und Service-Level-Management auf neue, innovative
Projekte konzentrieren.

Service-Provider als Mittler

Die Service-Provider könnten diejenigen Kräfte sein, die Cloud Computing den kleinen und
mittelständischen Unternehmen (KMU) nahebringen. Denn die Service-Provider bieten mit Application
Hosting oder Application-Management gerade im KMU-Segment schon längst Ähnliches an. Dadurch sind
gerade sie von außerordentlicher Bedeutung, um Anwender vom Cloud Computing zu überzeugen. Dafür
wird man die Provider aber nur gewinnen, wenn Cloud Computing ihr Business nicht gefährdet. Also
sollten sie in der Lage sein, auf Dauer aus dem heraus zu wachsen, was sie als technische Grundlage
zur Versorgung ihrer Kunden längst schon in ihren eigenen Rechenzentren betreiben:
Virtualisierung.

Die künftige Rolle der Service-Provider am IT-Markt könnte darin bestehen, eine vermittelnde
Rolle zwischen den großen Cloud-Anbietern und den Anwenderunternehmen einzunehmen: Sie greifen als
Zwischenhändler auf Cloud-Angebote der Großanbieter zurück, um es ihren Kunden zu offerieren. Dabei
können Service-Provider auch selbst Cloud-Services anbieten, da diese kompatibel zu den Clouds
ihrer Kunden sind. Als Unternehmen, das dafür lediglich die technische Grundlage bietet, aber keine
eigenes Cloud-Angebot hat, tritt VMware im Gegensatz zu Microsoft hier nicht mit eigenen Partnern
in Konkurrenz.

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