In Anbetracht seines – für die IT-Branche – stolzen Alters und der dargelegten Schwachpunkte ist es überraschend, dass es noch keinen ernsthaften Thronfolger für SNMP gibt, der auch den Anforderungen in modernen Infrastrukturen entspricht, die immer öfter mit Software-Defined Networking und ML (Machine Learning) arbeiten. Dass es anders geht, zeigt sich im Server-Bereich durch das 2015 eingeführte Redfish. Das Protokoll verfolgt einen einheitlichen Ansatz, um den Fernzugriff auf Server-Plattformen über eine REST-API zu ermöglichen. Ziel von Redfish ist es, über kurz oder lang die anfällige IPMI-Schnittstelle (Intelligent Platform Management Interface) abzulösen.
Im Netzwerk-Monitoring-Bereich arbeiten manche Hersteller zwar mit proprietären Schnittstellen, deren Integration in das Monitoring erfordert jedoch stets eine gewisse Entwicklungsarbeit. Der Aufwand verstärkt sich zudem durch die Heterogenität in der Netzwerkinfrastruktur – sofern die verwendete Monitoring-Software, diese nicht bereits unterstützen sollte.
Ein vielversprechender Kandidat für die Zukunft könnte Streaming Telemetry sein. Dabei streamen die Netzwerkkomponenten wie Router, Switch etc. die Daten kontinuierlich an die Monitoring-Instanz. Der Administrator soll außerdem festlegen können, welche Informationen er in welcher Frequenz an welcher Stelle oder für welche Applikation im Netzwerk benötigt. Vorteil des Ansatzes ist es, dass auf diese Weise ein Echtzeit-Monitoring möglich ist und die Daten zudem bereits für KI- und ML-basierende Analyseprozesse aufbereitet sind. Streaming Telemetry könnte also dabei helfen, die Automatisierung, das Troubleshooting und die Traffic-Optimierung in großen Netzwerkumgebungen voranzutreiben.
Derzeit arbeiten einige Hersteller wie beispielsweise Arista, Cisco oder Juniper an eigenen Streaming-Telemery-Projekten. Von einer Standardisierung ist man jedoch noch weit entfernt. Es wird sich also noch zeigen müssen, ob Streaming Telemetry an Relevanz gewinnt und ob es dann zu einer Standardisierung kommt.
Ein Ende von SNMP zeichnet sich also trotz des hohen Alters des Protokolls und seiner Unzulänglichkeiten noch lange nicht ab. Selbst wenn sich demnächst eine Alternative etablieren sollte, wird diese SNMP nicht von heute auf morgen ablösen. Es sollte nun jedoch klar sein, dass das Monitoring mit SNMP mit einem „One Size Fits All“-Ansatz aus den dargestellten Gründen nicht sinnvoll ist. Eine Monitoring-Lösung, die nur Standardabfragen durchführt, um die SNMP-Datenstruktur auszulesen, kann sich aufgrund möglicherweise falsch übermittelter Werte schnell als Glücksspiel erweisen. Stattdessen ist es sinnvoll, einen gerätespezifischen Ansatz zu verfolgen, um sichergehen zu können, dass die Daten im Monitoring fehlerfrei und im richtigen Kontext vorliegen.
Martin Hirschvogel ist Product Manager bei Tribe29, der Firma hinter Checkmk, www.checkmk.de.