Futurologe Hammond auf der Cisco Networkers 2007 in Cannes

"Intellektuelles Kapital wird Handelsware"

18. Februar 2007, 23:55 Uhr |

Die jährliche Cisco-Hausmesse an der Cote d’Azur gilt als richtungsweisendes Ereignis - zumindest bei allen, die bei ihren eigenen Lösungen Cisco-Technik nutzen. Eine ebenso unkonventionelle wie spannende Form des "Richtung Weisens" bot auf der Cisco Networkers 2007 die Keynote von Ray Hammond, einem der bekanntesten europäischen Zukunftsforscher.

Bei den gravierendsten technischen, ökonomischen und sozialen Entwicklungen der Zukunft spielen Computer – und Netzwerke eine Hauptrolle, ist Ray Hammond überzeugt. Durch schlichte Extrapolation von "Moore’s Law" (Verdopplung der Chip-Taktrate alle zwei Jahre) geht der Zukunftsforscher davon aus, dass der Computer den Menschen zwischen 2027 und 2035 ein- und dann sehr rasch überholen wird. Nachdem sich die Taktrate der seit 42 Jahren funktionierenden, vielleicht populärsten IT-Hypothese in den letzten zehn Jahren sogar noch gesteigert hat- inzwischen liegt der Verdopplungszeitraum bei 18 Monaten – könnte der "Singularity Point", wie Hammond den "Gleichstand" zwischen Mensch und Maschine bezeichnet, durchaus schon früher eintreten. Fürchten müssten wir uns davor aber nicht, die "super-intelligenten Begleiter" seien ein wichtiges Puzzlestück auf dem Weg zu globalem Wohlstand.

Zweite Kernkomponente dafür sei "Mobilität" in all seinen Aspekten. Als Virtualisierung der Arbeitsumgebung – teilweise sogar des Lebensraums – sei die "mobile Revolution", wie wir sie gerade erleben, ähnlich gravierend für die Entwicklung der Menschheit wie vor 5000 Jahren in Mesopotamien die Erfindung der Schrift (Virtualisierung von Wissen), der Mathematik (Virtualisierung von Naturgesetzen) und des Geldes (Virtualisierung von materiellen Werten). Was das Geld für die materiellen Werte, das ist der mobile Breitbandanschluss für den physischen Ort.

Dritte Komponente – und dürfte Cisco besonders freuen – ist das elektronische Netzwerk, das nahezu alles umspannen werde, was mit Strom läuft. Jede Form von Netzen – von PAN (Personal Area Network) über LAN, WAN, Internet, Telefonnetz bis hin zu allen Formen von Mobilfunknetzen etc. – würden vollständig konvergieren. In seiner Gesamtheit bilde dieses Netz die Basis für eine Art von Wertschöpfung, die weit über unsere gegenwärtigen Annahmen hinausgehe. So werde das Wissen über jede Problemlösung, die Unternehmen, Organisation und auch zum Teil Individuen je erarbeiten, als intellektuelles Gut im Netz gespeichert.

Ausgeklügelte Suchmaschinen, ausgestattet mit der Prozessor-Power eben des "super-intelligenten Begleiters", erlaubten es, im Netz differenziert und detailgenau Lösungen zu recherchieren und auf ähnliche Fälle anzuwenden. Etwa die Eröffnung einer Niederlassung in einem dem Unternehmen fremden Land: "Bis dort ein Firmengebäude steht, sind heute oft Tausende von Arbeitsstunden nötig, um alle relevanten Informationen bezüglich Standortwahl, Geländeeigenschaften, behördlicher Bestimmungen, Mentalität der Menschen vor Ort, bauliche Besonderheiten und vieles mehr zu eruieren", so Hammond. In unzähligen großen und kleineren Problemfällen werde das Rad heute jedes mal neu erfunden. Hammond sieht darin eine riesige Verschwendung von Ressourcen. Im neuen IT-Zeitalter bekämen solche Werte eine reelle Chance auf Vermarktung. Auf diese Weise werde derzeit brach liegendes intellektuelles Kapital schließlich auch als stattlicher Posten in die Bilanzen von Unternehmen einfließen. Begünstigt werde der Handel mit intellektuellem Kapital durch einen sich vielerorts bereits andeutenden Wandel der Ökonomie: von der Produkt- zur Servicewirtschaft". Nachgefragt werde künftig beispielsweise nicht mehr eine Klimaanlage, sondern "kalte Luft" – natürlich mit individuellem Servicevertrag.

LANline/Stefan Mutschler


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