High-Performance-Switch-Serie auf Junos-Basis mit Virtual Chassis

Juniper stürzt sich auf Layer 2

29. Januar 2008, 23:41 Uhr |

Lange brodelte die Gerüchteküche - jetzt ist die Katze aus dem Sack: Routing-Schwergewicht Juniper Networks steigt in den Markt für Ethernet-Switches ein und bietet damit Platzhirsch Cisco nicht nur im Carrier-Markt, sondern auch im Unternehmensnetzwerk Paroli. Das gab das Unternehmen gestern bei einer Pressekonferenz in New York bekannt. Die Nachricht kommt für viele Beobachter überraschend, hatte das Unternehmen doch noch bis Herbst letzten Jahres immer wieder beteuert, genau dies nicht vorzuhaben: Switching sei heute weitgehend eine Commodity-Sache - viel Platz für gehobene Ansprüche und entsprechenden Spielraum für Profilierung gäbe es nicht mehr, so das Argument. Gegen Ende letzten Jahres verdichteten sich jedoch Gerüchte, Juniper wolle einen der etablierten Switch-Hersteller übernehmen - ein deutlicher Hinweis auf den nahenden Strategiewechsel. Als Übernahmekandidaten waren unter anderem Foundry und Extreme im Gespräch. Die größte Überraschung an der gestrigen Ankündigung: Juniper hat es alleine durchgezogen - ohne Zukauf von Fremdtechnologie.

Der Grund dafür ist gleichzeitig auch der Anlass, nun doch wichtige Differenzierungsmerkmale im Switching-Markt entdecken zu können: "Junos". Junos ist das Juniper-eigene Betriebssystem, das auf Basis eines konsistenten Quell-Codes auf allen Routing-Plattformen des Unternehmens seinen Dienst tut. Exakt der gleiche Code-Kern steuert nun auch die Switches – eine einmalige Sache im Netzwerkmarkt. Der größte Konkurrent Cisco beispielsweise pflegt alleine für seine verschiedenen Switching-Plattformen eine inzwischen fast unüberschaubare Zahl an Varianten und Versionen von "IOS" – dem Cisco-Pendent zu Junos. Mit der neuen "Nexus 7000" Switching-Plattform für Rechenzentren, die Cisco just einen Tag vor der Juniper-Ankündigung vorgestellt hat, kommt sogar ein weitgehend neues Betriebssystem für die gemeinsame Nutzung von Ethernet/IP- und Storage-Netzwerken. Wie die Anwender darauf reagieren bleibt abzuwarten – eine der häufigsten Klagen von Cisco-Anwendern bisher betraf jedenfalls den IOS-Versionsdschungel.

Juniper pflegt – das betont der Anbieter sehr gern – seit zwölf Jahren eine einzige Version von Junos – und diese wird pünktlich alle drei Monate auf den neuesten Stand gebracht. "Junos ist im Einsatz in den größten Carrier-Netzwerken der Welt gereift – und diese Carrier-gerechte Zuverlässigkeit und Performance bringen wir nun auch in die Switching-Plattformen von Unternehmen", so Eddie Minshull, Executive Vice President, Worldwide Field Operations bei Juniper. Der Reifeprozess bezieht sich nach seinen Erläuterungen auch auf Sicherheitsfunktionen: Elementare Bestandteile des durch die Übernahme des Security-Spezialisten Netscreen geerbten "Screen-OS" seien inzwischen in Junos eingeflossen.

Als zweiten entscheidenden Differenzierungsfaktor sieht Juniper eine "Virtual Chassis" genannte Technik, die das Unternehmen in den höheren Switching-Plattformen einführt. Damit will Juniper nun Chassis-Switch-Features in die Welt der "Stackables" portieren. Die als Stack ausgeführten Switch-Plattformen verfügen damit über redundante Stromversorgungen und Lüfter (beides im laufenden Betrieb austauschbar), redundante Routing Engines und ein gemeinsames Management-Interface.

Insgesamt startet Juniper mit drei neuen Plattformen in den Switching-Markt, deren Serien über das gemeinsame Kürzel "EX" identifizierbar sind. Die Essenz aus den beiden "Juniper-Faktoren" ihrer Switch-Serien fasst Hitesh Sheth, Executive Vice President and General Manager bei Juniper, so zusammen: "Unsere neuen Switch-Serien bieten neben einfacher Bedienung ein Carrier-gerechtes Zuverlässigkeitsniveau, Infrastrukturkonsolidierung und Integration". Die primäre Zielgruppe für die Juniper LAN-Switches sind große bis mittlere Unternehmen, bei denen "die Geschäfts-Performance stark von der Leistung des Netzwerks abhängig ist", so Sheth.

Im Einzelnen hat Juniper folgende Switch-Familien vorgestellt:

1. EX 3200: Fest konfigurierte Geräte

Die Switches der Serie EX 3200 sind fest konfigurierte Ethernet-Plattformen, die sich als Stand-alone-Lösungen für Zweigstellen und Zentralbüros mit geringen Anforderungen an die Port-Dichte anbieten. Die mit 24 oder 48 Ports bestücken Switches bieten Plug-and-Play-Verbindungen zu 10/100/1000Base-T und lassen nach Bedarf mit PoE (Power over Ethernet) bestücken. Optionale 4-Port-GbE und 2-Port-10GbE-Uplink-Module mit steckbaren Optiken dienen der Highspeed-Anbindung an andere Switches oder Router.

2. EX 4200: Virtuelles Chassis

Über ihre Virtual-Chassis-Technik eignet sich die EX 4200 Serie als skalierbare Lösung für Data Center sowie für Büros in der Zentrale wie in Filialen an. Die Serie bietet, wie die EX 3200 Switches, die Auswahl aus 24- und 48-Port 10/100/1000Base-T-Konfigurationen mit vollständiger oder partieller PoE-Implementierung sowie optionalen GbE und 10GbE-Uplink-Modulen. Außerdem gibt es einen Fiber-Switch mit 24 Ports und 100/1000Base-X. Per Virtual Chassis lassen sich bis zu zehn Switches der Serie EX 4200 über eine 128-GBit/s-Backplane verbinden. Sie bilden dann einen virtuellen Switch mit bis zu 480 10/100/1000Base-T-Ports sowie bis zu 40 GbE oder 20 10GbE-Uplink-Ports.

3. EX 8200-Serie: Terabit-Chassis

Die modularen Terabit-Ethernet-Switches der EX 8200 Serie zielen auf dicht bestückte 10GbE-Core und Aggregation-Deployments. Juniper will in der EX 8200 Serie zwei Switches anbieten: ein 1,6-TBit/s-Chassis mit acht Slots und ein 3,2-TBit/s-Chassis mit 16 Slots. Die Serie bietet 10GbE-Port-Dichten von 64 Ports im Acht-Slot- und 128 Ports im 16-Slot-Chassis. Zwei komplett bestückte 16-Slot EX 8200 passen laut Juniper in einen 19-Zoll-Schrank mit 42 Höheneinheiten – auch wenn es dort dann wohl etwas warm wird. Rein rechnerisch lassen sich jedenfalls pro Schrank 256 10GbE-Ports unterbringen.

Die Switches der Serien EX 3200 und EX 4200 sollen ab März verfügbar sein, die Listenpreise beginnen bei 4000 Dollar für die Serie EX 3200 und 6000 Dollar für die Serie EX 4200. Die EX-8200-Chassis werden laut Hersteller im zweiten Halbjahr 2008 auf den Markt kommen.

Jüngst hatte Juniper bekanntgegeben, Junos über Schnittstellen für Partner zu öffnen. Dieser Schritt zielte auch Carrier-Deployments, öffnet aber wohl mittelfristig auch im LAN ganz neue Möglichkeiten einer flexiblen Nutzung der Netzwerkinfrastruktur.

LANline/Stefan Mutschler/wg

Mehr zum Thema:


Juniper öffnet Router-OS für Geschäftspartner


Juniper will Carrier Ethernet aus der Nische holen


Analysten erwarten enormes Wachstum bei 10 Gigabit Ethernet


Cisco virtualisiert Switching-Redundanz


Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Lampertz GmbH & Co. KG

Matchmaker+