CRN-Kopfnuss

Knechtschaft 2.0

19. Dezember 2014, 16:03 Uhr | Timo Scheibe
Wer viel Sport macht und das per App dokumentiert, wird von der Krankenkasse belohnt
© Maksim Toome - Fotolia.com

Das Thema Big Data ist bei den Versicherungen angekommen. Kunden sollen für persönlichen Informationen mit Rabatten und günstigen Tarifen belohnt werden. Mit allen möglichen Folgen.

Krankenversicherungen schauen sich nach neuen Kooperationspartnern um. Als erste Versicherung machte die Versicherungsgruppe Generali ihre Pläne publik, Daten über Fitness, Ernährung und Lebensstil ihrer Kunden zu sammeln. Ein Belohnungssystem und Rabatte bei der Krankenversicherung sollen einen gesunden Lebensstil fördern. In Frankreich arbeitet die Axa nun mit Samsung zusammen. Die Armbanduhr Gear 3 des Herstellers soll Fitnessdaten der Versicherten sammeln, um zu einem gesünderen Leben beizutragen. Bis das System nach Deutschland kommt, scheint es nur noch eine Frage der Zeit zu sein.

Was als milde Gabe für die Versicherten anfängt könnte sich schon bald als Knechtschaft 2.0 erweisen. Mit der Datenanalyse lassen sich schwarze Schafe von der Herde separieren und finanziell bestrafen. Wer nicht mitmacht steht unter Generalverdacht. Angestellte, die schon jetzt in ihrer Freizeit dank Smartphone, Tablet und Co. für ihre Arbeit immer erreichbar sind, dürfen sich über den neuen Trend besonders freuen. Verschnaufpausen auf dem gemütlichen Sofa könnten dann schnell per Push-Nachricht ihr jähes Ende finden: »Heute schon Sport gemacht?« Also geht es rein in die Laufschuhe, das Schnitzel von heute Mittag muss noch schnell abtrainiert werden. Das Feierabendbier nach der Trainingseinheit? Maximal isotonisch – sonst droht die höhere Beitragsklasse. Und das kann wehtun.

Sollte das nicht mehr helfen, geht es auch eine Stufe härter: Per Fußfessel lassen sich nun nicht nur die Fitness-Daten besser überwachen. Wer partout nicht lossporteln will oder seinem Tarifvereinbarungen hinterherhinkt kann durch dosierbare Stromschläge schnell vom Sofa gebuzzert werden. Weniger Schmerz durch mehr Sport oder wer nicht hören will muss leiden. Mit einem elektrischen Armband kann auch leicht eine Entscheidungshilfe im Supermarkt geschaffen werden. Der Griff zur Schokoladentafel löst dann einen elektrischen Impuls aus. Das ungesunde Objekt der Begierde landet nicht im Einkaufswagen. Streicheleinheiten gibt es nur in der Gemüse- und Obstabteilung. Konditionierung der Versicherten durch totale Überwachung. Aber alles zum Wohl der Kunden und für eine gesunde Lebensweise.


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