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Power-Management bei Client-PCs

Kosten und Nutzen des Stromsparens

Die Unterstützung grüner IT-Initiativen stellt IT-Administratoren vor völlig neue Herausforderungen. Erschwerend kommt hinzu, dass bei Weitem nicht jede Stromsparmaßnahme sinnvoll ist. Vielmehr ist sorgsames Abwägen gefragt.

Autor:Wolfgang Goretzki/wg Wolfgang Goretzki ist Product Marketing Manager EMEA bei Avocent. • 26.2.2009 • ca. 5:30 Min

Heute sollen IT-Teams nicht nur eine optimale Systemverfügbarkeit sicherstellen, sondern den
Stromverbrauch und die Stromkosten senken helfen. Diese Ziele widersprechen sich in gewisser Weise:
Power-Management-Maßnahmen führen unweigerlich zu Ausfallzeiten, weil es eine gewisse Zeit dauert,
bis ein Client-PC aus dem Energiesparmodus hochfährt und wieder voll zur Verfügung steht. Ein
wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem effektiven Power-Management ist die Abwägung der damit
verbundenen Vor- und Nachteile, um Empfehlungen für die Festlegung von Richtlinien abzuleiten, die
allen Facetten der Problematik gerecht werden.

Obwohl sich die Computer und Bildschirme verschiedener Hersteller äußerlich kaum voneinander
unterscheiden, sind erhebliche Unterschiede festzustellen: Messgeräte erlauben eine genaue
Ermittlung des Stromverbrauchs in Echtzeit; der typische Verbrauch eines PCs liegt demnach bei 60
bis 80 W, der eines Laptops bei 30 bis 40 W. Hinzu kommt der Verbrauch der Displays: Er rangiert
zwischen 20 bis 30 W bei Flachbild-Displays und 80 bis über 120 W bei Röhrenbildschirmen.

Der durchschnittliche Strompreis pro kWh für die Industrie in Deutschland lag 2008 inklusive
Stromsteuern bei 12,55 Cent (Quelle: VEA, BDEW, Stand 4/2008). Ein typischer PC, der vor einigen
Jahren gekauft wurde, verbraucht inklusive Bildschirm gewöhnlich 80 bis 120 W. Bei zehnstündigem
Dauerbetrieb eines PCs, der 100 W verbraucht, entspricht dies 1 kWh und somit Kosten von 12,55
Cent. Ist der PC 24 Stunden lang ununterbrochen im Betrieb, liegen die Kosten bei zirka 30 Cent.
Ein Laptop mit vergleichbarer Leistungsfähigkeit verbraucht etwa ein Drittel davon, sodass die
Stromkosten im Dauerbetrieb bei rund 10 Cent pro Tag liegen.

Wie viel Geld kann ein Unternehmen durch Power-Management-Maßnahmen einsparen? Da Unternehmen
verstärkt Laptops anstelle von PCs einsetzen, konzentriert sich dieser Beitrag auf Werte, die bei
einem Lenovo T60 gemessen wurden. Je nach Art und Anzahl der Applikationen und der Helligkeitsstufe
variiert der Stromverbrauch dieses Modells zwischen 29 und 36 W. Für die Berechnung nehmen wir an,
dass der Laptop 33 W verbraucht und bei normaler Nutzung (neun Stunden pro Tag) somit Stromkosten
von 3,72 Cent pro Tag verursacht. Der getestete T60 verbrauchte im Standby-Modus rund 6 W und im
Ruhezustand zirka 3 W. Ist der Laptop an fünf Wochentagen von 8 bis 17 Uhr im Betrieb und während
der restlichen Zeit in den Standby-Modus geschaltet, liegen die jährlichen Stromkosten bei 9,86
Euro. Wird das Gerät außerhalb des Betriebs in den Ruhezustand geschaltet, sinken die Stromkosten
auf 9,65 Euro, und wird das Gerät nach Feierabend ausgeschaltet, auf 9,19 Euro.

Sollten Unternehmen angesichts dieser Zahlen also einfach vorschreiben, dass die Computer nach
Feierabend abzuschalten sind? An dieser Stelle ist es wichtig, bei diesen drei Szenarien auch die
jeweiligen Kosten zu berücksichtigen, die durch die reduzierte Systemverfügbarkeit entstehen.

Wird ein PC im Standby durch die Betätigung einer Taste oder der Maus reaktiviert, dauert es
fünf Sekunden, bis er wieder zur Verfügung steht. Vom Ruhezustand aus vergehen etwa 30 Sekunden,
das Hochfahren eines ausgeschalteten Systems dauert drei Minuten (wobei ein Neustart bei einigen
Komponenten mitunter drei bis fünf Minuten benötigen kann). Ein Mitarbeiter mit einem Jahresgehalt
von 40.000 Euro kostet das Unternehmen pro Minute 0,32 Euro (bei Acht-Stunden-Arbeitstag und fünf
Arbeitstagen pro Woche, Urlaub und Feiertage nicht eingerechnet). Im Vergleich dazu sind die
Laptop-Stromkosten praktisch bedeutungslos (0,000069 Euro pro Minute).

Rein als Kosten/Nutzen-Rechnung betrachtet bedeutet dies: Die Arbeitszeit dieses Mitarbeiters
ist 4.638-mal teurer als die Stromkosten seines Laptops. Jedes Umschalten in den Standby-Betrieb
verursacht durch verringerte Mitarbeiterproduktivität rechnerisch Kosten von 0,3 Cent. Ein PC
müsste sich zehn Stunden im Standby-Modus befinden, um dies auszugleichen, und mehr als zwei Tage
lang im Ruhezustand sein, um die 16 Cent hereinzuholen, die durch die 30 Sekunden Aufwachzeit
entstehen. Zum Ausgleich für den dreiminütigen Neustart müsste ein Laptop zwölf Tage lang komplett
ausgeschaltet bleiben. In diesem Szenario wäre es sinnvoll, den Rechner nach Feierabend in den
Standby-Modus zu schalten, da hier der Breakeven-Punkt überschritten ist. Ebenso ist es sinnvoll,
Rechner am Wochenende in den Ruhezustand zu versetzen.

Kann man die Clients über Wake on LAN oder Intel Vpro so reaktivieren, dass dies den
Benutzerzugriff auf Systemressourcen nicht beeinträchtigt, erübrigen sich Gedanken über
Produktivitätseinbußen. Aber auch in diesem Fall kann das Ausschalten von Systemen zur Erzielung
von Stromersparnissen problematisch sein. Solange ein PC an die Steckdose angeschlossen ist,
verbraucht er immer etwas Strom: laut Microsoft 2,3 W, um beispielsweise die LAN-Verbindung
aufrechtzuerhalten. Dies entspricht in etwa dem Stromverbrauch im Ruhezustand. Somit ist es wenig
sinnvoll, einen PC auszuschalten, um Strom zu sparen.

Ganz anders sieht es beim Bildschirm aus: Displays lassen sich in der Regel in weniger als einer
Sekunde reaktivieren. Bei dem von uns getesteten Laptop T60 sinkt der Stromverbrauch um zirka 25
Prozent, wenn das Display ausgeschaltet wird. Daher ist das Ausschalten des Displays daher eine
vernünftige Maßnahme, um den Stromverbrauch zu reduzieren, ohne die Produktivität zu
beeinträchtigen.

Störung der Konzentration

An dieser Stelle sei auf eine wichtige Erkenntnis aus dem Bereich der Arbeitspsychologie
verwiesen : Russische Untersuchungen haben schon in den 1920er-Jahren gezeigt, dass Unterbrechungen
besonders störend sind, wenn sie zu Beginn einer Aufgabe auftreten (siehe "Meet the Life Hackers?,
New York Times, 16. Oktober 2005). Dies lässt darauf schließen, dass die durch
Power-Management-Maßnahmen bedingten fünf, 30 oder 180 Sekunden langen Verzögerungen relevant und
Bedenken berechtigt sind: Die 30 Sekunden, die bei der Systemreaktivierung aus dem Ruhezustand
anfallen, können durchaus zu einer Minderung der Konzentration des Benutzers und somit zu einer
Beeinträchtigung der Produktivität führen.

Fazit

Bei hochbezahlten Laptop-Nutzern sollten die Power-Management-Richtlinien sehr konservativ
ausgerichtet sein. Bei einem durchschnittlichen Arbeitnehmer wirken sich
Power-Management-Maßnahmen, die während der normalen Arbeitszeit greifen und über das Ausschalten
von Bildschirmen hinausgehen, kontraproduktiv aus. Im Allgemeinen besteht die einfachste
Power-Management-Maßnahme darin, Rechner nach Geschäftsschluss in den Standby-Modus zu schalten,
nachdem eine bestimmte Zeit, beispielsweise zehn Minuten, keine Aktivitäten stattgefunden haben.
Eine Umschaltung nach einer noch kürzeren Inaktivitätsphase ist weniger empfehlenswert.

Will man dennoch auch in kürzeren Inaktivitätsphasen Strom sparen, empfiehlt es sich, den
Bildschirm auszuschalten. In der Praxis kann durch das Umschalten in den Ruhezustand genauso viel
Strom gespart werden wie durch das Herunterfahren und Ausschalten des Rechners, allerdings mit
weitaus weniger Auswirkungen auf die Produktivität. Wenn die Möglichkeit einer zentralen
Reaktivierung der Systeme über Wake on LAN oder Intel Vpro besteht, ist es am besten, die Systeme
nach Feierabend und über das Wochenende in den Ruhezustand zu versetzen.

Power-Management-fähige CLM-Lösungen (Client-Lifecycle-Management) ermöglichen dem Administrator
eine zentrale Steuerung des Stromverbrauchs von Endgeräten und erleichtern ihm die Definition,
finanzielle Analyse und Implementierung von Power-Management-Richtlinien. Dabei kann er festlegen,
unter welchen Bedingungen Computer und Bildschirme herunterzufahren, auszuschalten oder in den
Standby-Modus oder Ruhezustand zu schalten sind. Die Endanwender können über eine auf dem Client
installierte Benutzerschnittstelle bei Bedarf verhindern, dass bestimmte Power-Management-Maßnahmen
erfolgen. Eine "Soft-Shutdown?-Option gewährleistet den Schutz noch nicht gesicherter
Benutzerdaten. Auf Datenbankbasis lassen sich das Stromeinsparpotenzial und finanzielle Vorteile
präzise prognostizieren.

Department of Energy Website, Bericht vom 13. März 2008:
www.eia.doe.gov/cneaf/electricity/epm/table5_6_a.html

"2008 could be the year laptop sales eclipse desktops in the US?: Arstechnica.
com, 3. Januar 2008:
arstechnica.com/news.ars/post/20080103-2008-could-be-the-year-laptop-sales-eclipse-desktops-in-us.html