Deutsche Institute entwickeln Tracking-Lösung

Luftüberwachungssystem kann Massenpanik verhindern

17. September 2010, 9:50 Uhr |

Die Abwicklung von Großereignissen stellt enorme Anforderungen an Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) dar. Damit Einsatzkräfte künftig zeitnahe Informationen über Gefährdungssituationen erhalten können, erforschen Wissenschaftler vom Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung (IPF) am KIT mithilfe luftgestützter Datenerfassung die Geschehnisse in Menschenmassen.

Das Teilprojekt wird vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) unterstützt. Für die
luftgestützte Personendetektion im Rahmen des Projekts "Tracking von Personen und Event Detection"
nutzt die Forschergruppe von Professor Hinz, Leiter des IPF, ein in ein Forschungsflugzeug
integriertes DLR-Kamerasystem, bestehend aus drei hochauflösenden digitalen Luftbildkameras (3K).
Damit ist es den Wissenschaftlern möglich, Bildsequenzen mit einer schnellen Wiederholrate von bis
zu drei Bildern pro Sekunde vom Veranstaltungsgelände aufzunehmen.

Die Kameras sind mit einem echtzeitfähigen GPS/IMU-Navigationssystem gekoppelt, damit eine
direkte Geo-Referenzierung, das heißt die Zuweisung raumbezogener Referenzinformationen zum
Bilddatensatz, bereits an Bord des Forschungsflugzeugs erfolgen kann. Das Verfahren bietet Vorteile
gegenüber fest installierten Überwachungsmedien auf Veranstaltungen. "Mithilfe der 3K-Kameras
können wir weitaus großflächigeres Personentracking betreiben", so Hinz. Außerdem können mit den
3K-Bildsequenzen bei einer Bodenauflösung von 15 bis 20cm die Bewegungsmuster einzelner Personen,
die im Bild nur wenige Pixel einnehmen, aufgezeichnet und automatisch nachverfolgt werden.

Die gewonnenen Daten werden dann durch ein am DLR entwickeltes, spezielles
Datenübertragungssystem an eine Bodenstation übertragen und sind dort direkt nutzbar. Die
aufgenommenen Bilder im Computersystem an Bord des Flugzeugs lassen sich durch automatisierte
Bildsequenz- Analyseverfahren aufbereiten. Dafür erfolgt im ersten Bild jeder Aufnahmesequenz eine
automatische Personendetektion mithilfe eines Klassifikationsalgorithmus. Der Algorithmus ist "
trainiert" auf die Erkennung von Personen, die im Bild nur wenige Pixel einnehmen. Die in der
ersten Sequenz erkannten Personen werden in den nächsten Bildsequenzen durch sogenannte
Matching-Verfahren automatisch gesucht und wiedergefunden.

Aus den durch das Tracking abgeleiteten Bewegungsmustern soll das Verhalten von Personengruppen
erforscht werden. So lassen sich Geschehnisse in der Menschenmasse in Nahe-Echtzeit analysieren und
vorhersagen. Die gewonnenen Daten werden dann durch einen Mikrowellen-Funk-Link an eine
Bodenstation übertragen und sind dort direkt nutzbar. "Ein weiterer Vorteil der Luftdatenbilder
ist, dass die Einsatzkräfte auf diese Weise aktuelle Informationen über Hindernisse wie Stände oder
Absperrungen bekommen, die sich auf dem Veranstaltungsgelände befinden, aber nicht in den
Basiskarten verzeichnet sind", so Hinz. Somit erhalten Einsatzkräfte zeitnah wichtige Hinweise auf
Hindernisse, die den Bewegungsfluss von Menschenmassen beeinflussen und somit zu Gefährdungen
führen können.

"In Zukunft soll die komplette Datenverarbeitung direkt im Flugzeug erfolgen, so dass die Daten
noch schneller zur Verfügung stehen", so Hinz. Zu diesem Zweck soll am DLR bis zum kommenden Jahr
die Bodenstation für den mobilen Einsatz weiterentwickelt werden. Das Projekt "Tracking von
Personen und Event Detection" ist ein in Kooperation mit der TU München durchgeführtes Teilprojekt
des vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) unterstützten Großprojekts VABENE, das die
Verkehrsentwicklung mithilfe luftgestützter Verkehrsüberwachung zeitnah analysiert. Das Ziel ist,
aus den Demoprojekten ein deutschlandweit einzigartiges System zur Entscheidungsunterstützung zu
entwickeln, durch das Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben sowie Verkehrsbehörden
vor, während und nach Ereignissen durch aktuelle Luftbildern, Verkehrsinformationen und -prognosen,
Lage- und Infrastrukturinformationen und Bewertungen von Handlungsempfehlungen in einer sicheren
Entscheidung unterstützt werden können.

Die Luftgestützte Datenerfassung soll künftig bei Großveranstaltungen eingesetzt werden, um
Katastrophen wie bei der Love Parade in Duisburg zu vermeiden. Das Karlsruher Institut für
Technologie (KIT) ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und staatliche Einrichtung des
Landes Baden-Württemberg. Es nimmt sowohl die Mission einer Universität als auch die Mission eines
nationalen Forschungszentrums in der Helmholtz-Gemeinschaft wahr. Das KIT verfolgt seine Aufgaben
im Wissensdreieck Forschung – Lehre – Innovation.

LANline/jos


Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Lampertz GmbH & Co. KG

Matchmaker+