Noch nie war die Fülle an Informationen so groß wie heute, doch aus diesem Wissensschatz erwächst keine Transparenz. Im Gegenteil: Die Neoliberalisten halten am Dogma des sich selbst regulierenden Marktes fest.
In der zuletzt größten Krise 2009 forderten sogar renommierte Ökonomen in Großbritannien die Verstaatlichung der Banken. Der Finanzsektor hatte jegliches Vertrauen verloren und für kurze Zeit schien es so als seien die Vertreter jener Zunft verstummt, die dem freien Markt das Wort redeten. Damals im November mochte sich Roland Berger als Sprecher auf dem ITK-Spitzentreffen der CRN nicht zur aktuellen Diskussion äußern. Der Unternehmensberater hatte, wie es sich für den Vordenker eines neoliberalen Think Tanks gehört, in seiner vor Zahlen und Fakten sprühenden Keynote auf den Markt und seine Selbstheilungskräfte berufen. Heute wissen wir: Dieser entfesselte, deregulierte Markt mag aus der Intensivstation entlassen worden sein, aber gesundet ist er bis heute nicht.
Colin Crouch neues Buch »Die bezifferte Welt« (Suhrkamp) ist eine Abrechnung mit dem Neolibera-lismus. Der Politikwissenschaftler räumt mit der Vorstellung auf, wir würden uns in einer »Informationsgesellschaft« auf umfassendes Wissen stützen können. An Wissen mangelt es freilich nicht. Doch der Autor zeigt auf erschreckende Weise, wie Informationen in den Händen weniger produziert und distribuiert und so die Selbstheilungskraft des Marktes außer Kraft gesetzt werden. Nicht nur die Finanzindustrie zerstört das »Immunsystem« unserer Gesellschaft, wie
Crouch zeigt.