Wirbel um die Windows-Fähigkeit des XO-Systems

OLPC: Negroponte unter Beschuss von Microsoft

13. Januar 2008, 23:46 Uhr |

Nicholas Negropontes One-Laptop-Per-Child-Projekt (OLPC) gerät immer mehr zwischen die Mühlsteine der Megaplayer Intel und Microsoft. Dabei ist allerdings noch unklar, ob Negroponte den verbalen Schlagabtausch womöglich absichtlich initiiert hat, um bestimmte Eindrücke zu erwecken - beispielsweise den der Windows-Fähigkeit seines XO-Laptops.

Kurz nach dem Nick Negroponte seine scharfe Kritik-Salve an Intel wegen des Ausstiegs aus dem
OLPC-Projekt abgefeuert hatte, geriet er selbst in Schusslinie. Diesmal vom Intel-Verbündeten
Microsoft, der Negroponte sogar ein Redeverbot für den Bereich Windows auf dem XO-System erteilte. "
Es ist besser, direkt Microsoft zu kontaktieren, wenn es um die weitere Entwicklung auf diesem
Gebiet geht", heißt es in einem Statement aus Redmond.

Vorausgegangen war die Meldung, dass Negroponte in einem Gespräch mit IDC-Analysten angekündigt
habe, man sei mit Microsoft im Gespräch, um auf dem XO nicht nur Linux, sondern auch Windows XP zu
betreiben. US-Medien meldeten daraufhin, dass der XO ein Dual-Boot-System werden soll, dessen
Vorbild Apples Boot-Camp sei. Analysten rechneten bereits aus, wie viel mehr Hardware das erfordern
wird – und was das alles kosten wird, denn der gegenwärtige Preis von 188 Dollar ist immer noch
weit über dem von Negroponte einst versprochenen Wert von nur 100 Dollar.

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Doch schon einen Tag später kam das Dementi aus Redmond. "Microsoft entwickelt kein
Dual-Boot-Windows-XP für das XO-System", hieß es kurz und knapp. Die Lösung des Verwirrspieles
liegt in den Begriffsunterschieden von "zwei Betriebssystemen" und "Dual-Boot". "Microsoft und die
OLPC-Gruppe arbeiten an einem System, das mit Linux vorinstalliert ist; das aber auch von einer
SD-Karte aus mit XP gestartet werden kann", erläuterte OLPC-Sprecher Walter Bender inzwischen den
Sachverhalt.

Das aber bedeutet, dass eine abgestrippte XP-Version auf dem XO nur von einer Flash-Memory-Karte
aus gestartet werden kann, deren Mindestkapazität zwei Gigabyte betragen muss. Dies wiederum ist
mit Blick auf den engen Kostenrahmen ein erheblicher Mehrbetrag.

Außerdem kritisierte Bender seinen Chef: "Entweder wurde Herr Negroponte falsch zitiert oder er
hat sich versehentlich nicht korrekt ausgedrückt", fügte er seiner Erklärung hinzu. Ob Negroponte
sich wirklich "versehentlich" falsch ausgedrückt hat oder viel mehr den anschließenden PR-Wirbel
erhofft hat, ist unklar. Sicher ist, dass das OLPC-Projekt erheblich unter der mangelnden
Windows-Fähigkeit leidet.

Viele Länder, für die der XO konzipiert wurde, haben sich stattdessen für Intels Classmate
entschieden. Dieses Gerät ist zwar teurer als der XO, bietet aber Windows. Die Länder begründen
ihre Entscheidung gegen den Linux-XO und pro Classmate mit Windows damit, dass es ihrer Ansicht
nach keinen Sinn hat, den Schülern ein Betriebssystem beizubringen, dass ansonsten bislang kaum
Verbreitung in der Welt hat.

Harald Weiss/pk


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