Experton Group über den Wettbewerb der IT-Schwergewichte

Oracle erklärt HP den Krieg

22. September 2010, 8:07 Uhr |

"Eigentlich sind die Vorstandsetagen der Computerunternehmen nicht unbedingt als Schauplatz für eine Seifenoper prädestiniert" so Luis Praxmarer, Analyst bei der Experton Group. "Doch genau deshalb ist Mark Hurds Abgang bei Hewlett-Packard so ungemein zwingend." Die Experton Group wolle sich allerdings jeglicher persönlicher Kommentare und Urteile enthalten und sich stattdessen mit den Auswirkungen beschäftigen, die diese Situation für die Branche und die Anwenderunternehmen nach sich ziehen wird.

Praxmarer fasst die Ereignisse rund um HP und Oracle wie folgt zusammen: Am Montag, dem 6.
September, gab Oracle bekannt, dass Mark Hurd als Co-Präsident im Unternehmen einsteigen wird.
Daraufhin legte die Aktie am Dienstag um 5.76% zu, wodurch der Börsenwert von Oracle um fast 7 Mrd.
USD in die Höhe ging. In den folgenden Tagen versuchten die HP-Anwälte, diesen Schritt zu
unterbinden, mit der Begründung, dass "Herr Hurd unweigerlich HP-Geschäftsgeheimnisse verraten
würde?. Dieser Rechtsstreit zeige, so Praxmarer, wie hilflos Hurds früherer Arbeitgeber HP der
Situation gegenübersteht. Oracles Marktkapitalisierung legte noch in derselben Woche weiter zu und
HP verlor, sodass die Differenz in einer Woche 15 Mrd. Dollar erreicht habe.

Oracle-Chef Larry Ellison goss weiteres Öl ins Feuer: "HP war für Oracle lange Zeit ein
wichtiger Partner. Durch diesen rachsüchtigen Rechtsstreit gegen Oracle und Mark Hurd zeigt der
HP-Vorstand seine große Missachtung dieser Partnerschaft sowie die fehlende Wertschätzung der
gemeinsamen Kunden, der eigenen Aktionäre und Mitarbeiter. Die HP-Führung macht eine weitere
Zusammenarbeit zwischen Oracle und HP im IT-Markt praktisch unmöglich."

Dies sei allerdings erst der Anfang des großen Krieges zwischen den wichtigen
Technologieanbietern, kommentiert die Experton Group, denn es gebe nicht genug gewinnträchtige
Marktbereiche, die allen das Überleben sichern könnten. Dabei gehe es nicht nur darum, dass die
Großen im Markt die Kleinen schlucken; vielmehr werde der Kampf um Spitzentalente, wichtige
Marktsegmente und die Zukunftsfähigkeit auch dazu führen, dass es zu einer weiteren Konsolidierung
unter den "Big Playern" kommt. „Letztendlich will Oracle HP die besten Mitarbeiter und Kunden und –
wie die Vergangenheit des Anbieters vermuten lässt – auch die Aktionäre wegschnappen“, so
Praxmarer. Oracle und Larry Ellison seien hier also keineswegs die "Guten", und diese
offenkundigen, eindeutigen Handlungen seien eine offizielle Kriegserklärung an HP.

Für Mark Hurd dagegen sei nach wie vor IBM der stärkste Rivale. "Ich bin davon überzeugt, dass
Oracles Strategie, Software mit Hardware zusammenzubringen, Oracle in die Lage versetzen wird, IBM
sowohl im Segment der Enterprise-Server als auch des Enterprise-Storage zu schlagen", ließ er
verlauten. "Exadata ist nur der Anfang. Wir haben ein paar tolle neue Systeme, die noch im
September auf der Oracle Openworld vorgestellt werden.?

Hurd ist laut Praxmarer für seine operative Stärke bekannt, aber auch für sein
Akquisitionstalent (unter anderem Mercury, EDS und 3Com). Die Experton Group geht davon aus, dass
Oracle unter seiner Führung auch in Zukunft eine aggressive Akquisitionsstrategie verfolgen wird.
Wahrscheinlich entstehe dadurch ein weiterer ernsthafter Rivale für die Anbieter von Storage-,
Server- und Netzwerkausrüstung. Oracle verfügt laut Praxmarer über etwa 20 Milliarden Dollar an
flüssigen Mitteln und Wertpapieren; dadurch gingen die Kursaufschläge für kleinere
Technologieanbieter in die Höhe, wie HP bereits mit dem Aufschlag für 3PAR gezeigt habe.

Weitere Analysen der Experton Group gibt es unter
www.experton-group.com.

LANline/wg


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