Open Source Society von Neuseeland warnt vor Patentverletzungen

Protest gegen Microsofts Dokumentenstandard

20. August 2007, 23:06 Uhr |

Am 2. September will die ISO (International Standards Organisation) über die Standardisierung von Microsofts Open Office XML (OOXML) entscheiden. Doch inzwischen regt sich auch über die USA hinaus Protest gegen diesen Dokumentenstandard.

So hat jetzt die Open-Source-Gruppe von Neuseeland einen offenen Brief an die ISO verfasst, in dem sie das Format wegen MS-Patenten für nicht standardisierbar hält. Die Gruppe will ihre Bedenken Ende August detailliert vortragen und hofft darauf, dass nicht nur Neuseeland, sondern auch andere Länder gegen den Standard stimmen.

"Wenn OOXML standardisiert wird, müssen Industrie und Behörden mit einer 6000-seitigen Beschreibung von Microsoft kämpfen, die mit möglichen Patenthaftbarkeiten übersät ist", warnt Don Christie, Präsident der New Zealand Open Source Society (NZOSS). Microsoft habe vor, in den Standard viele optionale Komponenten zu integrieren und macht laut Christie deutlich, dass andere Anbieter nur die unvollständige Version von OOXML implementieren können, ohne gegen Patente von Microsoft zu verstoßen. Jeder, der die volle Version von OOXML implementiere, laufe also Gefahr, eine Patentklage von Microsoft auf sich zu ziehen.

Neben den rechtlichen Barrieren werfe die Fokussierung auf proprietäre Komponenten aber auch technische Probleme auf. Da Teile des Standards unveröffentlicht blieben, werde generell die Implementierung erschwert und eine Entwicklung um diese unveröffentlichten Komponenten herum werde fast unmöglich. Dies führe zu Fehlern in der Interoperabilität zwischen verschiedenen Plattformen.

Zum Beispiel enthalte OOXML Hinweise für die Kompatibilität mit älteren Dokumentenformaten, doch dies sind nur oberflächliche Hinweise; die grundlegende Information ist proprietär. Somit können andere Anbieter gar nicht wissen, wie sie ältere Dokumente in OOXML verarbeiten können. Den jeweiligen Bearbeitungsregeln gibt OOXML Namen wie "Ideograph Digital?, "Korean Digital 2? und "Heebie Jeebies", anstatt die Spezifikation genau zu nennen. Die Implementierungsdetails dafür sind nur in Microsofts Source Code verankert und wurden bislang nicht in OOXML veröffentlicht. Laut Christie fehlt diese Interoperabilität absichtlich, um Redmonds proprietäre Systeme zu schützen.

Ein weiteres Manko sei, dass Microsoft den Standardisierungsprozess mit Hochdruck durch die Instanzen pusht und sich für wichtige Details keine Zeit genommen habe. Technische Fehler und Lücken in dem Format seien deshalb unvermeidbar, da es völlig isoliert und überstürzt entwickelt wurde. Normalerweise würden ISO-Standards von mehreren Organisationen in einem längeren Prozess gemeinsam entwickelt. An dem mit Microsofts Vorschlag konkurrierenden Open-Document-Format wurde zum Beispiel drei Jahre gearbeitet, bevor es bei der ISO eingereicht wurde.

Die NZOSS schlägt vor, dass Microsoft den OOXML-Standard überarbeitet und dabei der gesamten Dokumentengemeinde eine Mitarbeit erlaubt. Dies würde die proprietären Komponenten verringern, technische Probleme lösen und einen echten offenen Standard schaffen.

Katharina Guderian/wg


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