Wimax World EMEA 2008 in München

Provinz-Feeling beim Welt-Event

3. Juni 2008, 22:54 Uhr | Stefan Mutschler/pf

Im dritten Jahr ihres Bestehens kam die Wimax World EMEA dieses Jahr nach Deutschland. Das Münchner ICM wirkte im Licht des schwächelnden Besucher- und Teilnehmerstroms jedoch reichlich überdimensioniert. Im Zug der strikten Konzentration auf Wimax-Technik und -Services blieben Magneten für potenzielle Anwender außen vor. Der in Deutschland eher dümpelnden als gedeihenden Wimax-Technik leistete die Veranstaltung mit ihrem Münchner Auftritt sicher keine Schützenhilfe.

Auch die Wimax World EMEA 2008, die vom 19. bis 21. Mai in München stattfand, ließ wenig vom "
Wimax-Jahr 2008" erahnen, das vor allem Intel letztes Jahr postulierte. Der weltweit wahrscheinlich
größte Förderer von Wimax glänzte in München ebenso durch Abwesenheit wie die fünf Provider, die
sich seit dem Gewinn ihrer nationalen oder regionalen Wimax-Lizenzen Ende 2006 um den Aufbau einer
Wimax-Infrastruktur in Deutschland kümmern sollen. An großen Namen fehlte es auf der Wimax World
dennoch nicht: Motorola, Alcatel-Lucent, Nortel, Cisco, Redline, Qualcomm und zahlreiche weitere
signalisierten allerdings kaum Intentionen, potenzielle Wimax-Anwender mit an Bord zu holen.
Vielmehr vermittelte der Event sehr stark den Eindruck einer geschlossenen Gesellschaft ohne
nennenswerte Außenwirkung. Auch wenn Eliot Weinman, Konferenzgründer, Co-Chair und President von
Veranstalter Trendsmedia, die Wimax World EMEA primär als "ein effektives Forum für die Kooperation
zwischen Betreibern, Anbietern und Inhaltslieferanten" sieht, stünde einem so dedizierten Ereignis
zumindest im Showteil etwas mehr Publikumsfreude sicher gut zu Gesicht.

In dieser Hinsicht hatte allenfalls Siemens etwas zu bieten: Die Abteilung Home and Office
Communication Devices des Herstellers präsentierte ein neues für Außenanwendungen konzipiertes
Modem: Das "Gigaset SE680 Wimax" basiert auf dem IEEE-802.16-2005-Standard, entspricht den
Wave-2-Vorgaben einschließlich MIMO A und B und unterstützt Strahlsteuerungstechnik. Dieses "
Beamforming" zur optimierten Wegewahl von Funkwellen hat sich Wimax bei einschlägigen
WLAN-Technologieschmieden abgeschaut. Siemens brachte auch eine neue "Express-Card" mit den
gleichen technischen Wimax-Eigenschaften mit. Die "SE 68 Wimax" verwandelt jeden Laptop in ein
Wimax-Endgerät. Damit ist eine wichtige Voraussetzung geschaffen, Wimax "massenfähig" zu machen. In
einigen Wochen soll die kleine Karte auf den Markt kommen.

Das Schwesterunternehmen Nokia-Siemens adressierte auf der Wimax World vor allem die
Wimax-Provider. Beeindruckend: Die aktuelle Generation der "Flexi-Wimax"-Basisstationen ist kaum
größer als ein handelsüblicher Desktop-PC – wenngleich nach wie vor ein paar "Hausnummern" teurer.
Genauere Preisangaben waren am Stand allerdings nicht zu erhalten: Die Schwankungsbreite hänge sehr
stark von Ausstattung und Funktionen ab – und entsprechend sei von 20.000 bis 80.000 Euro und mehr
jede Preiskonstellation denkbar. Mit der "Wimax-Pico"-Basisistation und Abonnentengeräten für das
3,5-GHz-Lizenzband kam Tranzeo Wireless nach München. Wie sich das "revolutionäre
Preis-Leistungs-Verhältnis" der neuen Produkte für künftige Wimax-Nutzer praktisch darstellt,
bleibt abzuwarten. Redline Communications hatte unter anderem ihr bereits auf der amerikanischen
Wimax World vorgestelltes Glanzstück im Gepäck: Das für den Außeneinsatz ausgelegte "Redmax 4C
Mobile Wimax" soll Betreiber in die Lage versetzen, die Umweltauswirkungen ihrer Netzinfrastruktur
zu verringern und ihre Netzeinrichtungen flexibler zu gestalten.

Darüber hinaus gab es vor allem auf Chipebene interessante Neuvorstellungen – etwa von Mitsumi
in Partnerschaft mit Sequans sowie von Wavesat. Der Münchner Elektronikkonzern Rohde & Schwarz
überraschte unter anderem mit einer Komplettlösung für die Produktion von mobilen Wimax-Endgeräten:
Der im vergangenen Jahr eingeführte Wimax-Kommunikationstester "R&S CMW270" bietet ab sofort
die Möglichkeit, eine Basisstation zu emulieren. In Sachen Flexibilität und Prüftiefe sei das Gerät
vergleichbaren Lösungen damit weit überlegen.

Der Kampf ums ubiquitäre Breitband gestaltet sich in Zentraleuropa recht unterschiedlich:
Während Länder wie Italien und Deutschland offenbar eher auf den Mobilfunk als Basis für den
schnellen Internetzugang auch an abgelegenen Orten setzen, gibt in Ländern wie Polen und Russland
Wimax den Ton an. In der Schweiz wiederum hat die Swisscom, Sieger einer nationalen Ausschreibung
zur umfassenden Breitbandversorgung aller Bürger, Anfang dieses Jahres beschlossen, ihren Service
auf der Basis bidirektionaler Satellitenverbindungen zu realisieren. Ein Wimax-Feldtest in einer
Gemeinde im Berner Oberland war im Sommer vergangenen Jahres aufgrund eines Bürgerprotests auf Eis
gelegt worden.

Aus globaler Sicht hat Wimax in diesem Jahr in der Tat bereits signifikante Fortschritte
gemacht. So will beispielsweise der indische Konzern Tata nicht nur billige Autos bauen, sondern
seit März auch das eigene Land mit einer Wimax-Infrastruktur überziehen – zunächst in den größeren
Städten. In den USA haben kürzlich Wimax-Spezialist Clearwire und Sprint Nextel ein Joint Venture
gegründet, um dort ein flächendeckendes Wimax-Netz für etwa 140 Millionen Nutzer aufzubauen. Die "
neue Clearwire" ist mit einem Gründungskapital von 14,5 Milliarden Dollar ausgestattet, an dem auch
Unternehmen wie Intel, Google, Time Warner und Comcast Anteile haben. Selbst wenn es mit dem "
Wimax-Jahr 2008" doch klappt – wofür noch ein halbes Jahr Zeit bleibt –, so wird die Wimax World in
München dazu mit Sicherheit keinen wesentlichen Beitrag geleistet haben.


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