Die Bereitschaft geschäftlicher IT-Anwender, Aufgaben an externe Rechenzentren auszulagern, wächst stetig - aber zugleich stellen die Interessenten für dieses Betriebsmodell immer genauere Anforderungen an die Rechenzentren, die ihre Daten verarbeiten. Als Standortfaktoren schlagen nun neben Datenschutzerwägungen auch Fragen des Energieverbrauchs als Auswahlkriterium durch.
"Sparen" ist neben dem Wunsch, redundante Systeme aufzubauen oder Ausweichmöglichkeiten für den Katastrophenfall zu schaffen, eine der wichtigsten Motivationen dafür, IT-Aufgaben wie beispielsweise den Betrieb von Servern für Sicherheitsmaßnahmen oder die Archivierung von Daten an spezialisierte Rechenzentren auszulagern. Besonders verlockend ist es, neben stets aktueller Technik einen Anteil eines gut ausgebildeten technischen Stabs anzumieten, der im Rechenzentrum ohnehin rund um die Uhr die Systeme betreut.
Aus rein finanziellen Erwägungen müsste man vor diesem Hintergrund eigentlich erwarten, dass moderne Rechenzentren ähnlich wie die Callcenter vor allem in Billiglohnländern platziert würden, sofern dorthin eine schnelle Netzverbindung besteht.
Dies allerdings geschieht nicht. Der erste Grund dafür sind sicherheitsbezogene Risikoabwägungen. Kunden möchten ihre Server und erst recht fernverwaltete Daten in Regionen wissen, die politisch stabil sind und deren Datenschutzgesetze mit denen des eigenen Landes harmonieren. Hier hat beispielsweise die intensive Diskussion um Blackberry-Server spürbare Folgen gehabt: Obwohl westliches EU-Land, kommt Großbritannien aus Sicht vieler deutscher Unternehmen nicht als Standort für die Rechenzentren von IT-Services in Frage, weil man dort Industriespionage für die britische und amerikanische Industrie befürchtet. Der jenseits des Kanals grassierende Überwachungswahn weckt zusätzliche Zweifel an der Vertraulichkeit dort verwalteter Daten. Die Folge ist, dass rein deutsche Anbieter von Mail-Filterservices und anderen Security-Diensten, wie etwa Retarus in München und SSP-Europe in Regensburg, gezielt mit dem Standortfaktor Deutschland für ihre Rechenzentren werben. Internationale Anbieter wiederum loten vor dem beschriebenen Hintergrund sorgfältig aus, wo sie ihre Data Center für welche Kunden platzieren: "Wir haben dazu extra einen Datenschutzspezialisten an Bord geholt, der solche Fragen klärt", berichtet etwa Gerhard Eschelbeck, CTO bei Webroot. Der E-Mail- und Webfilterspezialist Messagelabs setzt ebenfalls auf lokale Rechenzentren und betreibt seine Dienste für Deutschland über ein Data Center in Frankfurt.
Als nächster Standortfaktor für Dienstleistungsrechenzentren kristallisiert sich nun der Energiemix heraus, mit dem Rechenzentren betrieben werden. Hitachi etwa verweist immer wieder auf seine Kooperation mit dem Archiv- und Ausweichrechenzentrum Data Islandia auf Island: "Dort ist der Anteil erneuerbarer Energie extrem hoch", bringt Alec Selvon-Bruce, Eco Solution Champion bei Hitachi Systems, die Motivation seines Unternehmens auf den Punkt. Bedenken, dass die Auslagerung von Daten nach Island aufgrund vulkanischer Aktivität ein Risiko darstellen könnte, weist er zurück: "Data Islandia liegt außerhalb der gefährdeten Bereiche in einem Gebiet, das man früher aus dem gleichen Grund für militärische Zwecke genutzt hat." Bei der Wahl von Servicerechenzentren sind aus seiner Sicht Italien und Frankreich derzeit besonders unbeliebt, weil der Energiemix Italiens zu sehr auf Öl und Kohle setzt und in Frankreich zu viel Atomenergie im Spiel ist: "Letzteres erscheint einigen Anwendern als ethisch bedenklich." Deutschland wiederum komme durchaus in Frage - wenn ein Rechenzentrum belegen könne, dass es seine Energie von einem Anbieter mit hohem Ökostromanteil beziehe. Kunden, die explizit CO2-neutral arbeiten wollten, seien zuweilen überaus anspruchsvoll und fragten sogar danach, ob Austauschgeräte für technisches Equipment standardmäßig per Bahn oder Lastwagen angeliefert würden.
Dieter Steiner, Geschäftsführer des Security-Outsourcing-Anbieters SSP-Europe, sieht dies allerdings noch als echten Ausnahmefall an: "Wir achten darauf, einen hohen Anteil an erneuerbaren Energien zum Betrieb unserer Rechenzentren einzusetzen, und sprechen dies auch Kunden gegenüber an - aber für die meisten zählt bisher vorrangig das Einsparpotenzial, das sie im Outsourcing sehen, wobei dann eben auch der niedrigere Strombedarf der eigenen IT einkalkuliert wird." Für die Zukunft erwartet man auch in Regensburg, dass die Kunden stärker auf die Ökobilanz ihrer Partner achten.