Die Wunschliste der Administratoren für Switch-Funktionen ist nicht lang: Betriebssicherheit, Schnelligkeit und einfache Einrichtung. Aus den kontinuierlich wachsenden Netzwerken entsteht jedoch ein weiterer Wunsch: einfache Skalierbarkeit ohne administrativen Mehraufwand. Gut, wenn ein Switch Erweiterbarkeit mitbringt, ohne gleich ein teures Chassis mit Einschüben zu benötigen. Der 3500yl-24G-PWR von Hewlett-Packards Procurve-Division erfüllt als stapelbarer Switch diese Anforderung.
Der 3500yl von "Procurve by HP" ist ein klassischer Stackable Switch für den Einsatz in
10/100/1000-MBit/s-Ethernet-Netzen. Bei einer Bauhöhe von einer Höheneinheit bietet das System je
nach Ausprägung 24 oder 48 Ethernet-Ports. Jeweils vier Ports lassen sich entweder zur Aufnahme von
Mini-GBICs oder als Standard-RJ45-Anschluss nutzen. Alle Geräte der 3500yl-Serie unterstützen Power
over Ethernet (PoE) gemäß dem Standard 802.3af und einigen seiner Vorläufer. Laut Datenblatt
leistet das Netzteil 398 Watt, damit also 15,4 Watt pro PoE-Anschluss bei 24 Ports, sieben Watt bei
48 Ports. Der Switch verfügt über ein eingebautes Netzteil. Um das System gegen Prob-leme bei der
Stromzufuhr zu schützen, ist eine zusätzliche externe Stromversorgung anzubringen. Auf der
Geräterückseite findet sich ein 10-Gigabit-Ethernet- (10GbE-) Erweiterungs-Port zum Anschluss eines
Transceiver-Moduls für viermal 10 GBit/s. Unter der Bezeichnung 6200yl-24G vertreibt HP Procurve
den 3500er in einer Glasfaserausführung mit 24 Mini-GBICs anstelle der Kupferanschlüsse.
Im Gehäuseinneren arbeitet ein Freescale-Power-PC-Prozessor vom Typ 8540 mit 666 MHz
Taktfrequenz. Speicherseitig stehen 4 MByte Flash, 128 MByte Compact Flash und 256 MByte DDR RAM
zur Verfügung. Gemäß den technischen Daten liegt die Latenz bei 1 GBit/s unter 3,7 µs
beziehungsweise unter 2,1 µs bei 10 GBit/s- Netzwerkgeschwindigkeit, gemessen mit 64-Byte-Paketen.
Die maximale Durchsatzgeschwindigkeit beträgt 74 Mpps, die Switching-Kapazität liegt bei 101 GBit/s
und die Geschwindigkeit der Switch-Fabric bei 115 GBit/s. Die Routing-Tabelle des 3500yl fasst
maximal 10.000 Einträge.
HP lieferte für den Stack-Test drei Geräte. Der Aufbau und die Konfiguration der Switches fielen
in der Teststellung leicht. Befindet sich im Netzwerk ein DHCP-Server, so erhält ein
angeschlossener Switch automatisch eine IP-Lease. Ohne DHCP-Server eröffnet der Administrator per
seriellem Kabel eine Telnet-Verbindung zum Switch und vergibt über die Konsole eine IP-Adresse.
Auch ohne die Vergabe der Managementadresse ist ein aufgebauter Switch sofort arbeitsfähig. Ist die
IP-Adresse erst einmal vergeben, so lassen sich die meisten administrativen Aufgaben bequem über
das Web-Interface des Switches bewerkstelligen.
Die beiliegende Kurzanleitung in englischer Sprache deckt alle grundlegenden Einstellungen auf
rund 100 Seiten im DIN-A5-Format ab. Die weiterführende Dokumentation findet sich, ebenfalls
komplett in Englisch, auf der beigefügten CD-ROM. Die PDF-Dokumente sind thematisch sortiert
abgelegt und von guter Qualität.
Bereits bei der ersten Anmeldung mahnt das Betriebssystem des Switches den Anwender, ein
Passwort in der Event-Übersicht zu hinterlegen. Die Weboberfläche des Switches ist klar
strukturiert und ermöglicht einen problemlosen Einstieg. Zu den Hauptmenüpunkten Identity, Status,
Configuration, Security, Diagnostic und Support öffnen sich die jeweiligen Unterpunkte. Die 24
Ports sind im Browser-Fenster grafisch dargestellt, und weiterführende Informationen erscheinen im
Tool-Tipp-Text, sobald der Mauszeiger auf einem Port verweilt.
Unter "Configuration" lassen sich VLANs mit wenigen Mausklicks einrichten, Spanning-Tree
aktivieren oder Flusskontrollen für einzelne Ports festlegen. Für Netzwerkprüfungen ist das
Port-Monitoring nützlich: HP bietet das Spiegeln der Netzwerkdaten für einzelne Ports oder für
ganze VLANs auf einen einzigen Monitor-Port. Hängt der Admin an diesen Port ein PC-System mit
Sniffer-Software an, so ermöglicht dies eine genaue Analyse des Netzwerktransfers mit wenigen
Mausklicks. Als Managementsoftware liegt dem Switch der "Procurve Manager 2.1" für Microsoft
Windows 2000 und höher bei.
Die Möglichkeit, aus den HP-Switches einen Stack zu bilden, stand bei dieser Begutachtung im
Vordergrund. Die Vorteile, mehrere Switches zu einer administrativen Einheit zu verschmelzen,
liegen auf der Hand: Einerseits minimiert dies die Anzahl notwendiger IP-Adressen im
Unternehmensnetz – ein Zugriff auf den einzelnen Switch ist über den "Haupt-Switch" möglich.
Andererseits vereinfacht die logische Zentralisierung die Verwaltung und Überwachung.
HP verzichtet glücklicherweise auf eine gesonderte Verkabelung zwischen den Stack-Mitgliedern:
Die Standardverkabelung über die RJ45-Ports auf der Frontseite reicht für den Kontakt zwischen den
Geräten aus ("Virtual Stacking"). Ein Stack muss laut Hersteller nicht notwendigerweise aus Geräten
einer Baureihe bestehen: Eine Vielzahl von HP-Geräten aus der Procurve-Switch-Serie kann im Stack
arbeiten. Ältere Systeme sind jedoch mit aktueller Firmware zu versehen, um die entsprechende
Funktionalität anzuzeigen.
Die Einrichtung eines Stacks erfolgt entweder über eine Telnet-Sitzung auf der Konsole eines
Switches oder über das Web-Interface. HP unterscheidet drei Status der Switches: Der "
Stack-Commander" dient als "Haupt-Switch", von dem aus der Admin auf den Stack zugreift. Ein "
Candi- date" ist ein ungebundener Switch, der sich in keinem Stack-Verbund befindet, ein "
Stack-Member" hingegen ein Gerät, das von einem Commander aus angesteuert wird. Ist ein Switch als
Commander deklariert, so besteht die Möglichkeit, alle Candidates mithilfe der Funktion "Auto-Grab"
automatisch in den Stack-Verbund aufzunehmen oder die betreffenden Switches von Hand
hinzuzufügen.
Verfügt ein Candidate-Switch bereits über ein Passwort, so ist eine automatische Übernahme in
einen Stack-Verbund allerdings nicht möglich. In diesem Fall bleibt nur die händische Aufnahme.
Diese Eigenheit stellt auch sicher, dass ein Fremdgerät nicht die Kontrolle über bereits etablierte
Switches im Netzwerk ohne Kenntnis der Passwörter übernehmen kann. Entfernt der Netzwerkverwalter
einen Switch aus dem Stack, so lässt sich dieser Switch anschließend wieder über das zuvor
vergebene Passwort ansprechen. Nach einer Übernahme in einen Stack werden alle Switches des Stapels
über den Commander angesprochen. Im oberen Bereich des Web-Interfaces erscheint dann ein
Pull-Down-Menü mit den Namen aller Stack-Members (Stapelmitglieder).
Neben dem Commander lassen sich hier maximal 15 weitere Switches in einen Stack-Verbund
aufnehmen. Zur Identifikation sind die Switches mit den Zahlen 0 bis 15 durchnummeriert, wobei die
Null stets dem Stack-Commander vorbehalten ist. Alle Stack-Members müssen sich im gleichen
IP-Subnetz befinden, da sich die Steuerungsinformationen nicht über Router leiten lassen. Zudem ist
es erforderlich, dass sich alle Stack-Mitglieder über das primäre VLAN ansprechen lassen. Neben dem
Passwort werden auch die SNMP-Einstellungen des Commanders auf die Stack-Mitglieder übertragen. Der
Commander fungiert für den Stack-Verbund als ein SNMP-Proxy, über den alle Abfragen und Traps
laufen.
Bei allen zentralisierten Steuerungsmechanismen entsteht die Sorge, was passiert, wenn die
zentrale Einheit aufgrund eines technischen Defekts ausfällt. Beim Ausfall des Stack-Commanders
arbeiten die verbleibenden Stack-Member in erster Linie einfach weiter: Es ist nicht mit Ausfällen
bei den angeschlossenen Workstations und Servern zu rechnen. Da die Ansteuerung jedoch über den
Stack-Commander erfolgt, ist zunächst ein Zugriff über das Netzwerk nur dann möglich, sofern für
die Stack-Member eigene IP-Adressen zugewiesen wurden. Ist dies nicht der Fall – was beim
Designziel, IP-Adressen einzusparen, durchaus realistisch ist -, so bleibt der Zugriff über den
seriellen Port auf die Konsolen der einzelnen Switches als Notnagel.
In der Gesamtbetrachtung handelt es sich beim HP Procurve 3500yl um einen soliden und gut
verarbeiteten Switch mit vielen Funktionen, darunter das nützliche Virtual Stacking. Diese
Leistungsfähigkeit schlägt sich im durchschnittlichen Straßenpreis von 2800 Euro nieder.