Zentralisierte IT im Wandel

Variantenreiches VDI

28. Januar 2011, 6:00 Uhr | Dr. Wilhelm Greiner

Der Trend, IT-Ressourcen in Unternehmen möglichst zentralisiert bereitzustellen, hält ungebrochen an. Als Katalysator dieser Entwicklung dient die Virtualisierung, sowohl auf Server- und Storage-Seite im RZ als auch auf der Client-Seite. Die Nutzung mobiler Clients spielt auch innerhalb zentraler Umgebungen eine immer wichtigere Rolle. Bei den Anbietern verlagert sich der Fokus verstärkt darauf, eine möglichst komplette "Ende-zu-Ende"-Infrastruktur für Zentralisierungsszenarien liefern zu können.

Der Trend, IT-Ressourcen in Unternehmen möglichst zentralisiert bereitzustellen, hält ungebrochen an. Als Katalysator dieser Entwicklung dient die Virtualisierung, sowohl auf Server- und Storage-Seite im RZ als auch auf der Client-Seite. Die Nutzung mobiler Clients spielt auch innerhalb zentraler Umgebungen eine immer wichtigere Rolle. Bei den Anbietern verlagert sich der Fokus verstärkt darauf, eine möglichst komplette „Ende-zu-Ende“-Infrastruktur für Zentralisierungsszenarien liefern zu können.

Das Zusammenspiel von Zentralisierung und Virtualisierung findet man heute gerne unter der Überschrift „“Cloud Computing““: Die Kombination aus Virtualisierung, Automation, Self-Service-Provisionierung und verbrauchsabhängiger Abrechnung (in Summe „“Private Cloud““ genannt) haben Unternehmen sich von den großen Public-Cloud-Anbietern abgeschaut – und nun versuchen einige große IT-Organisationen, die Vorteile von Public Clouds im eigenen RZ zu wiederholen – schon, um nicht Services an externe Service-Provider abgeben zu müssen. Mit dieser Entwicklung wird sich der Schwerpunkt der kommenden LANline-Ausgabe befassen, während wir hier das Augenmerk auf die Anbindung stationärer wie auch reisender Mitarbeiter an die zentrale Unternehmens-IT richten. Das Mittel der Wahl sind dafür heute Virtual-Desktop-Infrastrukturen (VDI) – auch wenn Skeptiker wie H H nicht müde werden, zu mahnen, dass für viele Einsatzfälle das klassische SBC (Server-Based Computing) ausreicht (siehe Beitrag Seite 60).

Dass die Zentralisierung von Client-Ressourcen eine durchgängige Infrastruktur erfordert, hat Applikations- und Desktop-Virtualisierer Citrix längst erkannt: Sein Portfolio umfasst neben Server- und Client-Virtualisierungssoftware, Übertragungsprotokoll und Clients für diverse Plattformen auch Netzwerkgeräte wie das Access Gateway zur Absicherung des Zugriffs, ADCs (Application Delivery Controller, mehr dazu in LANline 03) sowie WAN-Beschleuniger (siehe Seite 66 und Marktübersicht Seite 68). Damit setzt Citrix auf Standardnetzwerken auf und erweitert sie zur End-to-End-Infrastruktur für Server-seitig gehostete Virtual Desktops. Einen ähnlichen Weg hat Cisco kürzlich eingeschlagen und VXI (Virtual Experience Infrastructure) vorgestellt, wofür der Anbieter im Backend ausschließlich VMware Vsphere, Client-seitig VMware View oder Citrix Xendesktop sowie für Server und Netzwerk natürlich eigene Geräte heranzieht (siehe Seite 62).

Citrix bietet mit Xendesktop die umfangreichste Lösung und mit HDX das beste Protokoll, während Konkurrent VMware durch hochgradig automatisiertes Management der Backend-Server punktet. Beide ermöglichen sogar eine Offline-VDI-Nutzung: Citrix mit dem Bare-Metal-Client-Hypervisor Xenclient, VMware per Type-2-Hypervisor in Views Offline-Modus. Bei der Evaluierung von Virtual-Desktop-Lösungen dürfen die beiden auf keiner Shortlist fehlen.

Angebotsvielfalt

Obwohl sich die Diskussion stark auf Citrix und VMware konzentriert, findet man interessante Alternativen und Ergänzungen. So deckt Microsoft – ohne VDI aktiv zu vermarkten – mit der VDI Premium Suite laut dem Gartner-Analysten Chris Wolf alle Basisanforderungen ab: Connection Broker, Web-Zugriff, Gateway für sichere Verbindungen, Audio- und Multimonitor-Unterstützung, Publishing-Infrastruktur für SBC und VDI sowie (per Microsoft Desktop Optimization Pack, MDOP) Application Streaming. Gegenüber Citrix' HDX oder VMwares PCoIP gilt allerdings Microsofts Protokoll RDP als Schwachpunkt. Hier bietet Redmond inzwischen die Verbesserung Remote FX. Hohe Skalierbarkeit oder Enterprise-Features wie einen rollenbasierten Administratorenzugang sucht man aber vergebens. Vielmehr verweist Microsoft für gehobene Ansprüche dann konsequent auf seinen Partner Citrix.

Als „“VM Virtualbox 4.0″“ firmiert nun unter Oracles Ägide die mit Sun übernommene Open-Source-VDI-Lösung für Windows, Mac OS X, Linux und Solaris. Version 4.0 bietet laut Oracle mehr Kapazität und Durchsatz, zudem habe man eine Plug-in-Architektur geschaffen. Ebenfalls OS-übergreifend unterwegs ist 2X mit Virtualdesktopserver. Die Lösung dient dem Zugang zu virtuellen Desktops und Anwendungen auf Microsoft Hyper-V, VMware Vsphere, ESX und ESXi, Parallels Virtuozzo Containers, Citrix Xenserver, Oracle Virtualbox sowie per Remote Desktop Services. 2X bietet Clients auch für Iphone und Ipad an, ein Designer-Tool erleichtert das Aufsetzen der Infrastruktur. Als Alternative kommt eine Reihe weiterer Lösungen namhafter Anbieter in Frage, darunter Kaviza VDI in a Box, Quest Vworkspace, Red Hat Enterprise Virtualization for Desktops und Symantec Endpoint Virtualization. Technisch reizvoll sind auch die Virtual-Desktop-Varianten Mokafive Suite 3.0 und Virtual Bridges Verde. Allerdings sind diese beiden Startups bislang auf den US-Markt fokussiert.

Unidesks flexible VDI Management Software ergänzt VDI-Lösungen um virtualisierte Applikationen. Dazu unterteilt Unidesk einen Virtual Desktop in entkoppelte Schichten: Neben dem Betriebssystem-Layer gibt es je ein Layer pro zentral bereitgestellter Applikation, zudem eines für benutzerspezifische Einstellungen, Erweiterungen und individuell installierte Software. OS und Applikationen verweisen auf Golden Images, was laut Distributionspartner Zenk bis zu 80 Prozent Speicherplatz spart. Für Updates ersetzt der Administrator das Golden Image durch ein neueres, ohne dass dies die übrigen Layer beeinflusst. Laut Zenk unterstützt die Lösung VMware View, Citrix Xendesktop, Microsoft VDI und die wichtigsten Connection-Broker.

VDI-Clients machen mobil

Ein Indiz für die von Gartner beschworene „“Consumerization““ („“Konsumentisierung““) der Unternehmens-IT: Ausgerechnet auf der Gadget-Messe CES Anfang Januar in Las Vegas präsentierte Motorola mit dem Atrix 4G den Virtualisierungs-Client der Zukunft. Das Android-Smartphone kombiniert einen leistungsstarken Dual-Core-1GHz-ARM-Prozessor mit Citrix' VDI-Client, dem Receiver. Zwar bietet auch Wyse mit Pocketcloud schon längst einen VDI-Client für mobile Geräte, die Pointe des Atrix aber ist das Zusammenspiel des Receivers mit Atrix-Peripherie: Es gibt eine Docking Station (1?×?HDMI und 3?×?USB) sowie eine Notebook-„“Attrappe““, der erst die CPU des angedockten Smartphones Leben einhaucht – im Docking-Modus wandelt Atrix sich zum vollwertigen Desktop. Dieses Konzept hatte Citrix-Vice-President Chris Fleck Anfang 2008 „“Nirvana Phone““ getauft (siehe dazu bit.ly/gwEFcU und bit.ly/e0qInK). Seitdem hat Citrix laut dem Analysten Simon Bramfitt einfach abgewartet, bis Smartphone-CPUs genug Power für das Konzept mitbringen. Flecks Vision umfasst auch eine Client-Virtualisierung, die Motorola allerdings nicht bietet. VMware hat mit dieser Stoßrichtung im Dezember 2010 eine Allianz mit LG geschlossen. Für reisende oder an wechselnden Orten arbeitende Menschen – und das werden täglich mehr – dürfte sich ein derart flexibel einsetzbares Smartphone (oder Tablet oder ein ähnliches Gadget) mit VDI-Software von Citrix, Wyse, VMware und Co. schon in naher Zukunft zum VDI-Client der Wahl mausern. Es erspart nicht nur dem Anwender den Client-Wechsel, sondern fügt sich auch nahtlos in „“Bring Your Own Device““-Ansätze ein, bei denen der Benutzer seine Client-Hardware selbst wählt.

Doch auch Anwender, die stets am gleichen Arbeitsplatz sitzen, sterben so schnell nicht aus, und so bleibt den klassischen Thin Clients (TCs) wohl bis auf Weiteres ihre Nische erhalten. Auch in diesem Marktsegment gibt es viel Neues. Vor allem Zero Clients, wie sie Pano Logic oder Wyse bieten, sorgen für eine Rückbesinnung auf das ursprüngliche TC-Ideal verwaltungsloser Clients. Wyse führt mit dem dem R00L und dem R00LE aber auch eine neue Familie von Highend-TCs („“Cloud-PCs““ genannt) mit 1,5-GHz-AMD-Prozessor. Damit zielt Wyse auf SBC- und VDI-Umgebungen, in denen manche Anwendungen aus Gründen der Kompatibilität oder Performance lokal laufen. Nützlich für mobile User: Pocketcloud for Android 1.1 versteht sich nun mit Tablets und bietet Auto-Discovery, Pocketcloud for Apple IOS 2.0 unterstützt Iphones wie auch Ipads und ist auf Deutsch erhältlich.

Am konsequentesten hat Pano Logic den Zero-Client-Ansatz umgesetzt: Das CPU-lose Pano Device arbeitet über ein PCI-Bus-artiges Protokoll. Im Januar hat der Zero-Client-Spezialist ein Upgrade des Geräts angekündigt: Version 4.0 bietet Dual Monitor und Echokorrektur für VoIP sowie eine optimierte Videokompression. Damit will Pano Logic Video mit 1920?×?1080 Pixeln und 30 Frames pro Sekunde liefern. Der deutsche Lokalmatador Igel setzt zwar auf „“universell““ nutzbare Geräte, bietet aber nun dennoch einen Appliance-Modus für Xendesktop oder View. Die Neuauflage des UD3 glänzt mit einem stärkeren VIA-Prozessor und Support des neuen Microsoft-Protokolls Remote FX – auch auf Linux. Zudem haben die Bremer ihre Management-Lösung um Load-Balancing, Hochverfügbarkeit und Benutzerverwaltung ergänzt.

Eine originelle Thin-Computing-Variante liefert Fujitsu mit dem Portable Zero Client im USB-Format: Ein Anwender kann damit laut Fujitsu von jedem beliebigen Computer aus auf seinen virtuellen Desktop zugreifen. HPs aktuelle TCs der Serie t5500 sind als einfache Lösung für Office-Anwendungen und Web-Browsing konzipiert. Sie laufen auf Windows Embedded Standard 2009, Windows CE Embedded 6.0 oder dem hauseigenen Thin Pro. Chip PC hat mit dem Plug PC einen Kompakt-TC von der Größe eines USB-Hubs im Portfolio. Die Geräte der E-Serie von Thinner Technology gibt es jetzt auch mit stromsparender Intel-Atom-CPU, Rangee hat den TC E3505 vorgestellt, der bis zu vier Displays unterstützt.

Wyse ist dank Zero Clients und Pocketcloud für Trends wie Consumerization und mobile Anwender gerüstet. Es wird sich zeigen, wie gut sich die übrigen TC-Spezialisten gegen die Marktmacht der Tablet- und Smartphone-Massenproduzenten behaupten können.

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