Auf einem Pressetag des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e.V. (VATM) Mitte Januar in München beklagten die Konkurrenten der Deutschen Telekom (DT) die durch das neue Telekommunikationsgesetz (TKG) verursachte Rechtsunsicherheit. Sie forderten von der Bundesnetzagentur Zugriff auf die DT-Infrastruktur sowie nachfragegerechte Vorprodukte des deutschen TK-Schwergewichts. Der bedrohliche Hintergrund: Incumbents (Ex-Monopolisten) versuchen in letzter Zeit verstärkt, ihre heimische Vorherrschaft auszubauen, so der VATM.
"Incumbents ziehen sich auf ihre nationalen Märkte zurück", fasste VATM-Geschäftsführer Jürgen
Grützner den Trend der europäischen TK-Szene zusammen. Statt sich, wie von den EU-Wettbewerbshütern
in Brüssel gewünscht, eifrig gegenseitig Konkurrenz zu machen, hätten sich die meisten der
europäischen Incumbents längst wieder "komplett auf den Heimatmarkt zurückgezogen". Die einzelnen
Staaten stellten gerne die Weichen auf Freistellung des Incumbents von der Regulierung, um den "
National Champion" zu stärken und beizubehalten.
Vor diesem Hintergrund betrachtet Grützner auch den heftig umstrittenen Triple-Play-Rollout der
Deutschen Telekom, für den DT Schützenhilfe seitens der Bundesregierung erhielt: DT fordert für
sein VDSL-basiertes "T-Home"-Angebot eine Ausnahme von der Regulierung, da es sich bei dem laut DT
drei Milliarden teuren Rollout um einen "neuen Markt" handle – während die Konkurrenz darauf
hinweist, dass DT – vergleichbar den VATM-Mitgliedern – künftig Triple Play laut Presseberichten
auch über ADSL2+ anbieten wolle und so seine eigene Argumentation unterlaufe. Paragraf 9a der
TKG-Novelle, so der VATM-Vorwurf, definiere den Begriff "neue Märkte" jedenfalls nur unklar. Die
politisch verursachte Rechtsunsicherheit sei, so Grützner, schädlich für den gesamten deutschen
Breitbandmarkt. Da EU-Telekommunikationskommissarin Viviane Reding eine Klage gegen das deutsche
Gesetz bereits vorbereitet, erwartet der VATM von Brüssel ein "hartes Eingreifen".
Grützner sieht die Bundesnetzagentur gefordert, den Investitionsrahmen für alle Anbieter zu
sichern. Er wiederholte bekannte Forderungen: Zugriff auf die Hauptverteiler, Kabelverzweiger,
Leerrohre und Fasern der DT, Bitstream-Zugang ohne Beschränkung der Bandbreiten sowie
Resale-Angebote zu "kostenorientierten Entgelten". Denn nach Umsatz gerechnet halte die DT immer
noch 64,4 Prozent Marktanteil im Festnetz – selbst bei Kundenverlust verblieben 51,5 Prozent des
Umsatzes über Leitungsgebühren etc. beim Incumbent.
Angesichts großen Interesses an IP-Telefonie stellte Dr. Alwin Mahler von Telefónica fest, die
Konvergenz auf DSL-Basis sei "heute da". IP mache den Service netz- unabhängig, der Zugang zur
Infrastruktur müsse aber "diskriminierungsfrei" sein. Dr. Christian Vogl von BT verwies auf den
häufigen Einsatz von Mobiltelefonen in geschlossen Räumen: Hier biete die Konvergenz von Fest- und
Mobilfunk ein erhebliches Sparpotenzial, besonders beim internationalen Roaming. Patrick Lewis von
Hughes stellte VSAT als Access-Alternative für die "weißen Flecken" auf der deutschen DSL-Landkarte
vor (siehe Kasten).
Hughes Network Systems will künftig Internetanbindungen per Satellit in Deutschland über den
Reseller Probs-tei Telekom flächendeckend verfügbar machen. Der amerikanische VSAT-Netzbetreiber
zielt damit auf die vor allem ländlichen Regionen in Deutschland, in denen eine DSL-Anbindung kaum
oder nur als "DSL Light" verfügbar ist. Hughes nutzt ein Zweiwege-Satellitensystem : Senden und
Empfang laufen über das gleiche VSAT-System, eine ISDN-Leitung für den Rückkanal entfällt. Für das
KMU- und endkundenorientierte Vertriebs- und Servicegeschäft setzt Hughes auf den Partner Probstei
Telekom im holsteinischen Fahren. Denn Hughes selbst kann nur Erfahrung mit Großkunden aufweisen
und will dies auch so beibehalten. Den Sprung in eine Preisklasse, die auch für die breite Masse
kleiner und mittlerer Unternehmen sowie – über Shared-Bandbreiten – für Privathaushalte
erschwinglich ist, ermöglicht laut Hughes die aktuelle Chip- und Transpondergeneration. Für
Unternehmen bietet Probstei Telekom Download-Raten von 512 kBit/s bis 4 MBit/s und Uploads von 128
kBit/s bis mit 2 MBit/s ab zirka 80 Euro im Monat – gerade in unterversorgten Gebieten ein
attraktives Angebot. Ein Anwenderunternehmen muss aber vorab zirka 1000 Euro in eine
Zweiwege-Satellitenschüssel investieren.