Die Wall Street hat am Dienstag großes Vertrauen in die Zukunft von Vmwares Virtualisierung gezeigt. Am ersten Tag des Börsenhandels (IPO) an der New York Stock Exchange stieg der Kurs stundenweise um bis zu 80 Prozent an. Am Abend schloss Vmware bei 51 Dollar, das waren immerhin noch 76 Prozent mehr als die 29 Dollar, mit der Vmware am Morgen sein Debüt gegeben hatte. Dabei hatte Vmware erst vor wenigen Tagen den IPO-Preis von 22 auf 29 Dollar angehoben, ansonsten hätte der Anstieg am ersten Tag womöglich sogar 132 Prozent ausgemacht - ein Sprung wie in besten Dotcom-Zeiten.
Mit dem Schlusskurs von 51 Dollar haben die Investoren Vmware mit rund 19 Milliarden Dollar bewertet, rund 30-mal so viel wie die 625 Millionen Dollar, die EMC im Januar 2004 für Vmware bezahlt hat. "Dieser Kurs ist ein klarer Beweis dafür, dass die Virtualisierung einen festen Platz im Infrastrukturmanagement errungen hat", sagt der Finanzanalyst Brenon Daly von der 451 Group. Auch andere Finanzanalysten sind voll des Lobes: "Vmwares Börsengang ist vergleichbar mit denen von Microsoft, Oracle und Veritas", schwärmt Katharine Egbert von Jefferies Securities, die vor dem IPO einen Zielwert von 42 Dollar vorhergesagt hatte.
Die Kursexplosion von Vmware ist umso höher einzustufen, als die US-Börsen weiterhin unter den massiven Problemen auf den Kreditmärkten leiden und alle großen Börsenindizes am Tag des IPOs tief abgerutscht sind. So fiel der Nasdaq-Index um 1,7 Prozent auf 2499, der Dow Jones um 1,57 Prozent auf 13.028 Punkte, fast 1000 Punkte weniger als vor drei Wochen, als der Index zum ersten Mal die 14.000-Marke übersprungen hatte.
Üblicherweise decken sich am IPO-Tag vor allem die Anlagefonds mit den Papieren ein. "Wenn diese Portfoliomanager so hoch eingestiegen sind, heißt es, dass auch sie inzwischen verstanden haben, worum es bei der Virtualisierung geht", freut sich Daly. Damit sieht er den IPO-Erfolg vorwiegend als Durchbruch für die Virtualisierung als Ganzes. Dazu passt auch, dass nicht nur Wall Street, sondern auch andere Softwareunternehmen ihr Augenmerk auf die Virtualisierungsanbieter richten – vor allem auf Vmwares Open-Source-Konkurrenten Virtual Iron und Xensource. "Wir sehen beide Unternehmen als Übernahmekandidaten", hatte noch am Dienstag in einem Investorbericht von Credit Suisse gestanden – am Mittwoch hat sich die Prognose schon zum Teil erfüllt, indem Citrix die Übernahme von Xensource für 500 Millionen Dollar bekanntgab.
Vor allem Xensource will es mit Vmware aufnehmen. Hierzu brachte es pünktlich an deren IPO-Tag die neue Version 4.0 von Xen Enterpise heraus, die jetzt auch eine 64-Bit-Architektur unterstützt. Eine für Vmware weitaus ernster zu nehmende Konkurrenz als Xensource ist Microsoft – auch wenn die Redmonder noch nichts Vergleichbares dazu im Angebot haben. Spätestens im Herbst 2008 will Microsoft mit einer eigenen leistungsstarken Virtualisierungsplattform als Teil des Windows Servers auf den Markt kommen.
Vmwares erfolgreicher IPO wird jedoch von den Analysten nicht als Zeichen eines neuen IPO-Booms angesehen. "Das ist ein absolutes Ausnahmeereignis, es wird zwar die IPO-Statistik beflügeln, nicht aber die Investoren," so Dalys Einschätzung. Dabei verweist er darauf, dass Vmware nur 10 Prozent seiner Aktien an die Börse gebracht hat, die restlichen 90 Prozent gehören weiterhin EMC, und ein kompliziertes Stimmrecht sorgt dafür, dass EMC rund 97 Prozent der Stimmenmehrheit hat.
Harald Weiss/wg