Praxistest Kamp Vserver und Virtual-Core

Virtuelles RZ zu vermieten

30. September 2010, 6:00 Uhr | Thomas Bär

Der eigene Server-Raum oder das Rechenzentrum des Unternehmens ist der Dreh- und Angelpunkt für alle Geschäftsanwendungen und Daten. In Zeiten des Cloud Computings kann in verschiedenen Konstellationen ein gemietetes RZ die praktischere, flexiblere oder günstigere Variante sein. Der deutsche Business-Service-Provider Kamp hat da schon mal was vorbereitet.

Der eigene Server-Raum oder das Rechenzentrum des Unternehmens ist der Dreh- und Angelpunkt für alle Geschäftsanwendungen und Daten. In Zeiten des Cloud Computings kann in verschiedenen Konstellationen ein gemietetes RZ die praktischere, flexiblere oder günstigere Variante sein. Der deutsche Business-Service-Provider Kamp hat da schon mal was vorbereitet.

Cloud Computing und IaaS (Infrastructure as a Service) sind Themen, die typischerweise von US-amerikanischen Unternehmen wie Amazon, Google oder Microsoft dominiert werden. Zu den wenigen deutschen Anbietern stößt nun der in Oberhausen ansässige Anbieter Kamp: Mit Vserver hat er eine moderne und marktfähige Virtualisierungslösung geschaffen. Während viele Konkurrenten auf Lösungen von Xen, Citrix oder VMware aufbauen, gingen die Entwickler von Kamp einen eigenen Weg auf Basis der Open-Source-Virtualisierung KVM.

Zunächst hat Kamp die eigenen Server auf so genannte Vserver umgestellt. Die Erfahrungen aus diesem Projekt reicht der Provider nun an Endkunden weiter. Die Lösung Vserver hat er in eine mandantenfähige Virtualisierungstechnik integriert, die ein komplettes Rechenzentrum abbildet: Virtual-Core. Die Kombination aus virtuellem RZ, Virtualisierungslösung und einer sehr einfach und intuitiv zu bedienenden Oberfläche mit einer Benutzerverwaltung machen Virtual-Core zu einem äußerst spannenden Produkt für Internet-Projekte.

Ein erster Kontakt

Für den LANline-Test stellte uns der Hersteller zwei Blade-Server in der Virtual-Core-Umgebung zur Verfügung. Die Anmeldung erfolgt über ein modernes Web-Interface. Damit erzeugt der Administrator Virtual Machines (VMs), verschiebt diese im laufenden Betrieb zwischen den physischen Maschinen, legt Sicherungen an oder erledigt sonstige Verwaltungsaufgaben wie die Anlage separater Benutzerkonten oder die Einsicht in die grafisch aufgewerteten Protokolle.

Offiziell unterstützt Kamp auf den Vservern die Betriebssysteme Windows XP SP3 oder 7 in 32-Bit, Windows Server 2003/2008, Ubuntu Desktop/Server in den Versionen LTS 8.04 32-Bit, 9.04 64-Bit, 9.10 64-Bit und LTS 10.04 64-Bit. Zur Verfügung stehen weiter Opensuse 11.2 64-Bit und 11.3 als 64-Bit- und 11.3 als 32-Bit-Variante, Suse Linux Enterprise 9/10 und Opensolaris 2009/06 in den 64-Bit-Versionen sowie Free BSD 8.1, Open BSD 4.7 und Knoppix 6.2 jeweils in der 32-Bit-Ausprägung. Doch auch der Betrieb des noch recht jungen Fedora Core 13 verlief in der Teststellung ohne Probleme.

Wie bei fast allen Virtualisierungslösungen beginnt der Administrator mit der Definition der virtuellen Hardware: der Anzahl der Prozessorkerne, virtueller Festplatten und der Vergabe des virtuellen Arbeitsspeichers. In der Drop-down-Liste reicht der RAM-Ausbau bis 4 GByte; wird die Box direkt per Tastatur ein Wert eingetragen, so sind aktuell maximal 12 GByte Speicherausbau möglich. Auf Rückfrage versicherte uns der Hersteller, dass dieser Wert je nach Kundenanforderung und Performance-Messung laufend erhöht wird. Wie groß der Maximalwert pro physischer Maschine überhaupt ausfällt, ist abhängig vom Vertrag mit dem Anbieter.

Die Installation der virtuellen Maschinen erfolgt per ISO-CD/DVD-Images. Seitens Kamp sind die gängigen Images bereits eingepflegt – eigene Images kann der Kundfe über einen FTP-Zugang hochladen. Bedingt durch die hardwarenahe Virtualisierung besteht keine Notwendigkeit zur Installation von Integrations- oder zusätzlicher Treibersoftware. Es wird eine gängige Umgebung virtualisiert: Realtek- oder Intel-NIC und selbst eine IDE-Festplatte als Startlaufwerk sind möglich. Durch die Zuweisung unterschiedlicher virtueller Netzwerke ist die Definition eines internen oder externen Netzwerks mit direktem Zugriff auf das Internet konfigurierbar.

Aufschalten

Für das Aufschalten auf eine VM verwendet Kamp einen integrierten VNC-Server. Client-seitig setzt die VNC-Variante auf Java auf, sodass selbst eine Verbindung auf die Server mit einem aktuellen Mobiltelefon möglich ist. Durch alle Anpassungen der Grafikeinstellungen und Installationsvorgänge hindurch erwies sich VNC in diesem Test als äußerst stabil. Lediglich der berühmte Klassiker der nicht synchronen Feststelltaste im Zusammenspiel mit Fedora Core fiel negativ auf.

Ist die VM für den Internet-Zugriff konfiguriert, so ist eine direkte Administration über RDP oder SSH ebenfalls denkbar. Optional bietet Kamp eine Token-Authentifizierung für Virtual-Core. Ein RSA Securid Key Token gibt alle 60 Sekunden eine vier- bis achtstellige Zahlenfolge aus, welche nur vom Server vorhergesagt werden kann. Die Kombination aus Besitz des Tokens, Zahlenfolge und der Kenntnis des Passworts erhöht die Sicherheit.

Das Verschieben der VMs von einem Server auf den nächsten verlief unter Lastmessung und Dauerverbindung ohne Schwierigkeiten. Sollten im virtuellen Rechenzentrum vermehrt Ressourcen erforderlich sein, so ist das durch ein gezieltes Verschieben mit Virtual-Core ohne Probleme möglich. In der Web-Oberfläche ist dazu lediglich die symbolisierte Maschine auf einen anderen Server-Knoten zu ziehen. Der Vorgang dauerte je nach Gesamtauslastung des Systems in unserem Test bis zu 180 Sekunden. Ein Failover beim Ausfall der physischen Maschine ist zwar generell möglich, doch würde es in diesem Fall zu einem kurzen Abbruch der Verbindung kommen.

Eine weitere Technik, die insbesondere beim Einspielen größerer Updates oder weitreichender Konfigurationsänderungen vorteilhaft ist, ist die der Virtual-Core Recovery Points. Dabei handelt es sich um manuell angestoßene Zustandssicherungen auf Blockebene der virtualisierten Festplatten. Leider ist diese Form der Sicherung in der Teststellung mit Windows Servern und Fedora 13 nur im ausgeschalteten Modus möglich. Für einige Konfigurationsänderungen, beispielsweise das Hinzufügen einer weiteren Netzwerkkarte, ist das virtuelle Betriebssystem ebenfalls herunterzufahren.

Leistungsmessungen

Bei der Inbetriebnahme der Virtual-Core-Umgebung fand sich auf einem Server ein aktiver Memtest x86 4.10. Wie bei einer Virtualisierung zu erwarten, ist beim L1/L2-Cache eine Reduktion der Performance zu verzeichnen. Virtualisiert entschwindet der L3-Cache bei Vserver komplett. Bedingt durch eine gute Caching-Struktur erreicht das System dennoch bei einem Speicherausbau mit 1 GByte RAM eine Durchsatzrate von 6.915 MByte/s, während der physische Server selbst bei einem Ausbau mit 32 GByte einen Durchsatz von lediglich 6.144 MByte/s erreicht.

Der subjektiv hohen Performance einer virtualisierten Windows-Server-2008-x64-Installation stehen insgesamt durchschnittliche Leistungsmessungen mit freien Benchmark-Tools wie Sisoft Sandra Lite gegenüber. Der Laufwerksindex der virtuellen IDE-Festplatte ist mit rund 43 MByte/s und einer durchschnittlichen Zugriffszeit von 6,52 ms nicht unbedingt schlecht, aber auch nicht überragend. Bei Verwendung eines optimierten, paravirtualisierten SCSI-Treibers steigt der Laufwerksindex auf bis 75 MByte/s bei einer mittleren Zugriffszeit von 8,55 ms. Aktuell liegt dieser Treiber nur in einer 32-Bit-Version für Windows vor – für x64-Windows mangelt es derzeit noch an der passenden Zertifizierung durch Microsoft.

Ähnlich verhält es sich mit der CPU-Arithmetikmessung, der die Gesamtleistung eines virtualisierten Acht-Wege-Systems mit 75,54 GOPS (Giga Operations per Second) und 94,2 GIPS (Giga Instructions per Second) eher in der Region eines doppelten X5482-3,2-GHz-Intel-Xeon-Systems mit doppelten 6-MByte-Level-2-Cache sieht. Unabhängig davon skaliert Vserver bei Erhöhung der Prozessoren ganz adäquat die Leistung. Die Anbindung an das Internet, somit auch die mögliche Verbindung über VPN in das eigene Rechenzentrum, ist bei der Kamp-Lösung insgesamt von hoher Performance.

Technischer Aufbau

Hinter Kamps Virtual-Core-Umgebung stecken viele aufeinander abgestimmte Systeme und Konzepte. Zwar bietet Kamp Virtual-Core auch für die Installation in der eigenen Umgebung an, doch ist hierzu ein Projekt mit Betreuung durch den Hersteller erforderlich. Die hohe Verknüpfung zwischen der Lösung und der leistungsfähigen Hardware sind zudem ein entscheidender Faktor für die gute Leistung.

Kamps Rechenzentrum, im Herzen Nordrhein-Westfalens gelegen, ist zertifiziert gemäß der ECB-S-TIER4-Klasse in Bezug auf die Einbruch- und Feuersicherheit. Als Hardwaregrundlage dienen mehrere Dell Poweredge M1000e Blade Enclosures. Die Chassis sind bestückt mit Poweredge M610 Blade-Servern mit aktuellen Intel-Xeon-Hexacore-Prozessoren. Der RAM-Ausbau der Systeme erreicht bis zu 96 GByte. Für den Speicher kommen Equallogic-Geräte der PS-6000-Serie, bestückt mit SAS- und SATA-Festplatten, zum Einsatz. Für das Netzwerk setzt Kamp auf redundante 10 GBit/s Cisco Catalyst Switches sowie für die zweite Netzwerkplattform auf Force10.

Fazit

Die insgesamt guten Leistungen der Virtualisierungslösung und die sehr gute Internet-Anbindung machen Virtual-Core von Kamp zu einer ausgereiften Lösung zur Abbildung von Internet-Projekten. Sollten sich nicht alle für den Betrieb benötigten Server auf Virtual-Core betreiben lassen, so bietet sich entweder eine Verbindung in das eigene RZ über VPN oder das Housing der Maschinen in Oberhausen an. Der Preis beginnt in der Minimalausprägung bei einem System mit einem Core und 1 GByte RAM für monatlich 89,25 Euro.

Info: Kamp
Tel.: 0208/894020
Web: www.kamp.de

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